Fachtagung Die Veredlungswirtschaft gerät trotz positiver Prognosen zunehmend von zwei Seiten unter Druck: Wachstum über den Export führt zu mehr Abhängigkeit von Auslandsmärken, Vorbehalte in der Bevölkerung und Auflagen erschweren die Ausweitung der Produktion. Die Edmund-Rehwinkel-Stiftung stellte während ihres Symposiums in Berlin Wege vor, damit besser umzugehen.
Neben entsprechenden Produktionstechniken werden Kommunikation und Transparenz zu immer wichtigeren Faktoren für den unternehmerischen Erfolg, meinte Dr. Horst Reinhardt, Vorstand der Landwirtschaftlichen Rentenbank, beim diesjährigen Symposium der Edmund-Rehwinkel-Stiftung. „Die Bevölkerung muss mehr darüber erfahren, wie produziert wird und mit welchem Aufwand Tierschutz betrieben wird“, betonte Reinhardt. Die Zukunftsfähigkeit der Veredlungswirtschaft in Deutschland hänge von ihrer Akzeptanz durch den Verbraucher und die Anwohner ab.
Die Edmund-Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank hatte deshalb ihre Ausschreibung im Jahr 2011 dem Thema „Veredlungsstandort Deutschland – Herausforderungen von Gesellschaft, Politik und Märkten“ gewidmet. Gefördert wurden fünf wissenschaftliche Projekte, deren Ergebnisse auf dem Symposium vorgestellt wurden.
Prof. Birgit Schulze und ihre Kollegen von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersuchten die Wahrnehmung von Landwirten und Verbrauchern im Licht der Konflikt- und Glaubwürdigkeitsforschung. Dabei sei deutlich geworden, dass Landwirte und Verbände beispielsweise beim Thema Tierwohl oft nicht auf der gleichen Ebene wie der „einfache“ Bürger argumentierten. Interessenverbände arbeiteten meist auf der „Sachebene“ und sorgten damit ungewollt für Konflikte mit den Verbrauchern, die landwirtschaftliche Themen eher emotionell und „von der moralischen Seite“ betrachteten. Dies sei mit ein Grund für die geringe Glaubwürdigkeit der Verbände. Um in strittigen Fragen zu einer Annäherung zu kommen, sei zwar in erster Linie Sachlichkeit gefragt, so Schulze. Interessenvertreter und Landwirte müssten aber auch Kritikfähigkeit und die Bereitschaft zur ergebnisoffenen Diskussion signalisieren.
Mit einem ähnlichen Thema beschäftigten sich auch Carl Vierboom und Ingo Härlen, die in ihrem Projekt die Öffentlichkeitswirkung und die Konsequenzen für das Selbstverständnis von Veredlungsbetrieben analysiert hatten. Vierboom erklärte, für viele Verbraucher stehe der Tierproduzent heute oft stellvertretend für die vielkritisierte Globalisierung statt für traditionelle Bauernhöfe. Um den negativen Aspekten zu begegnen, komme die Veredlungswirtschaft nicht umhin, den eigenen Anteil an den aktuellen Problemen zu thematisieren. Erfolgversprechend beim Kontakt mit der Bevölkerung sei die Wahl offener Gesprächsformen wie Runder Tische oder Verbraucherkonferenzen.
Weitere Projekte beschäftigten sich mit Jalousienställen für die Schweinehaltung und Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration. Die Rentenbank hat die Ergebnisse im Band 28 ihrer Schriftenreihe veröffentlicht. Interessenten erhalten die Publikation kostenlos. (www.rentenbank.de)
AgE/red