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Blühstreifen Die Biene ist ein wichtiges Nutztier. Trotzdem ist sie bedroht. Die Tagung „Greening oder Blühstreifen? Was bringt es Bienen, Imkern, Bauern?“ in Walsrode zeigte Schutzmöglichkeiten, aber auch Grenzen auf.

Winter. Zwar blühen die ersten Sträucher wie die Zaubernuss, aber vom Brummen der Bienen keine Spur. Und doch sollten wir diese Winterruhe nutzen, um uns grundsätzlich mit diesen Nützlingen zu beschäftigen. Neben Rind und Schwein zählt die Biene nämlich zum drittwichtigsten Nutztier in der Landwirtschaft. Die Bestäubungsleistung und damit die wirtschaftliche Bedeutung der Bienen und Insekten liegt europaweit bei mehr als 14 Mrd. €. Doch die Honig- und auch die Wildbienen sind gefährdet, wie die Bienentagung kürzlich in Walsrode deutlich machte. Eingeladen hatten das Landvolk Niedersachsen, verschiedene Landvolk-Verbände, der Landesverband Hannoverscher Imker e.V. sowie das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittesicherheit  (LAVES).

Blühstreifen können Abhilfe schaffen. Dr. Tatjana Hoppe vom Ammerländer Landvolkverband e.V. stellte die dortigen Blühstreifen-Projekte vor. „Wir wollten mehr Lebensräume für Insekten schaffen und gründeten deshalb schon 2008 einen Arbeitskreis. Die daran beteiligten Landwirte entschieden sich dafür, Blühstreifen an ihren Feldern anzulegen.“ Die Landwirte bevorzugten dabei einjährige Saatgutmischungen, um jedes Jahr neu die Möglichkeit zu haben, sich für oder gegen Blühstreifen entscheiden zu können.

Weniger Bürokratie
Mehrjährige Blühstreifen seien ökologisch wertvoller, aber die Pflege ist nicht zu unterschätzen, so Hoppe. Zudem dominieren nach einigen Jahren je nach Standort oft nur bestimmte Pflanzen, was nicht Sinn der Sache ist. Über das Projekt erhielten die Landwirte anfangs eine finanzielle Entschädigung, mittlerweile aber hat man sich dazu entschlossen, diese auslaufen zu lassen. Im Gegenzug besorgen die  Projektbetreiber das Saatgut und den Lohnunternehmer, der auf Anweisung der teilnehmenden Landwirte die Blühstreifen bestellt. „So haben die Landwirte keine zusätzliche Bürokratie damit, das ist sehr hilfreich“, so Hoppe.

Öffentlichkeitswirksam stellen die Landwirte Schilder in den Blühstreifen auf, was auch das Image der Landwirtschaft allgemein positiv aufwertet. Die eingesetzte Saatgutmischung  – 15 kg/ha Aussaatstärke – wurde extra für die Region Ammerland entwickelt und liegt bei rund 425 € je Hektar Kosten. „Das Saatgut besteht aus 23 verschiedenen Arten, hohe Anteile von Sonnenblume und Kornblume sind enthalten, aber auch Buchweizen und Ringelblume, Wilde Malve und vieles mehr“, so Hoppe. Aktuell sind 13,9 ha Blühstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen angelegt. Im Arbeitskreis „Insekten“ sind es fast 250 ha Blühflächen, denn hier zählen auch kommunale Flächen sowie Flächen der Jägerschaft hinzu. Die Landwirte testeten auch schon den Blühstreifen als Biomasse für die Biogasanlagen, aber das hat sich nicht bewährt. Interessanter ist da schon eher die Durchwachsene Silphie, die ebenfalls für die Bienen wichtig sei.  

Mais im bunten Rahmen
Dr. Diane Wischner-Pingel vom Kreisverband Bremervörde berichtete über das Projekt Bunte Felder e.V., das eigens 2011 zur Verschönerung der Randstreifen von Maisfeldern gegründet wurde. So sind denn auch ein Viertel der Biogasanlagenbetreiber Mitglied im Verein. Insgesamt werden jährlich 35 ha Blühstreifen angelegt. „Auch bei uns koordiniert der Maschinenring die Aussaat, die Kosten übernimmt der Verein.“ Die Referentin wies darauf hin, dass man bei der Aussaat durch mehrmaliges Umrühren des Saatgutes die Entmischung verhindern könne. Zudem sei es wichtig, bei der Ausrichtung der Blühstreifen auf die Himmelsrichtung zu achten, damit z.B. die Köpfe der Sonnenblumen auch wirklich zum Weg hin zeigen. Das erhöhe die positive Wirkung auf die Bevölkerung enorm.

Heinrich Kersten, Imker und Landwirt aus Verden (Aller), stellte seine „Imkermischung Landkreis Verden“ vor, die er zusammen mit dem Landvolk-Kreisverband Verden-Rotenburg sowie dem Saatgutunternehmen Meiners Saaten aus Dünsen entwickelt hat. „Mit dieser Mischung möchte ich ein durchgängiges Trachtenfließband erreichen, also eine Blüte von Februar bis Oktober“.  Die Mischung enthält nur elf Arten, das macht sie mit 64 €/ha preiswerter. Demgegenüber steht eine Imkerprämie von 100 €/ha, so dass die Maßnahme nahezu kostenneutral ist. „Auch bei uns steht ein Maschinenring für die fristgerechte Aussaat zur Verfügung.“ Kersten betonte, dass das beste Aufwuchsergebnis nach einer Kombination aus Kreiselegge und Drillmaschine erzielt wurde.

Dr. Werner von der Ohe, Institut für Bienenkunde Celle, machte deutlich, dass Bienen nicht am Nahrungsmangel allein eingehen, sondern vor allem durch die Varroamilbe. „Aber es ist so, dass Nahrungs- und vor allem Pollenmangel die Bienen schwächt und unter Stress setzt. Geschwächte Bienen sind anfälliger für Parasiten, dann hat die Varroamilbe leichteres Spiel“, so von der Ohe. Pollenmangel könne nicht durch Maßnahmen des Imkers ausgeglichen werden, Nektarmangel schon. Daher ist es wichtig, dass über die gesamte Vegetationszeit genügend Pollen vorhanden ist.

Von der Ohes Untersuchungen haben ergeben, dass die Pollenversorgung in der Stadt mittlerweile deutlich besser ist als auf dem Land, gleiches gilt für den Honigertrag. Hinzu kommt eine stärkere Belastung des Land-Pollens sowie des Land-Honigs mit Pflanzenschutzmitteln. „Deswegen appellieren wir an die Landwirte, auch die bienenfreundlichen Pflanzenschutzmittel erst ab 16 Uhr nach der Hauptflugzeit der Bienen auszubringen“. Auffällig war in den Untersuchungen auch, dass immer dort, wo Blühstreifen und -flächen die landwirtschaftlichen Flächen ergänzten, die Pollenversorgung deutlich besser war. „Deswegen bin ich ein glühender Verfechter der Blühstreifen. Wie viele wir davon brauchen, weiß ich nicht, aber Fakt ist, wir müssen alle etwas für die Bienen tun“, so von der Ohe.

Wir halten fest

  • Imker und Landwirte sollten mehr miteinander reden, da waren sich die Tagungsteilnehmer einig.
  • Am Völkersterben ist nicht per se die Landwirtschaft Schuld, sondern ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren.
  • Die Landwirte möchten zwar gerne etwas für Bienen und Insekten tun, sie benötigen aber gleichzeitig jede Fläche zur Produktion von Futter und Nahrungsmitteln. Zudem scheuen sie die Bürokratie, die Einstiegsschwelle muss niedriger sein. Angst vor Fehlern bei der Angabe der Flächengröße sowie mangelnde Information über die bestehenden Möglichkeiten sind weitere Hinderungsgründe.
  • Andererseit können Blühstreifen allein das Artensterben nicht verhindern. Die Erwartungen an Blühstreifen dürfen deshalb nicht zu hoch sein.
  • Es sind zusätzliche Maßnahmen nötig, denn z.B. viele Wildbienen nisten im Boden, hier müssten Nisthabitate geschaffen werden.
  • Auch Feldraine oder Wegränder lassen sich besser nutzen.
  • Es ist sinnvoll, zukünftig die Blühstreifen nicht nur floristisch, sondern auch faunistisch zu begleiten. Nicht nur Landwirte, auch Gartenbesitzer sind gefordert, insektenfreundliche Bepflanzungen vorzunehmen.
  • Wer von den Bienen durch Mehrertrag profitiert, muss ihnen auch etwas zurückgeben.    

Dr. Heike Engels

„Die Bienen danken es uns“
Einer, der schon seit einigen Jahren Blühstreifen anbaut, ist Landwirt Stephan Bruns aus Syke-Barrien. Er hat auf 1,5 Hektar Blühstreifen angelegt und baut auf weiteren 12 Hektar Zwischenfruchtmischungen an. „Ich erfülle mit den Blühstreifen meine Greening-auflagen, die Förderung der Agrarumweltmaßnahmen des Landes Niedersachsen für die Blühstreifen nehme ich gar nicht in Anspruch. Ich mache das nicht des Geldes wegen, sondern ich möchte etwas für die Insekten tun. Das Anlegen der Blühstreifen klappt problemlos.  Ärgerlich ist nur, wenn die Kamille zu sehr durchkommt und dass der Aussaattermin (bis zum 1. April) eigentlich zu früh ist. Im letzten Jahr hat mir der Spätfrost die aufgehende Saat zerstört, das war sehr schade, denn nochmal einsäen darf ich dann nicht.“ Seit einem Jahr ist Stephan Bruns sogar selber Imker und kümmert sich neben 2.000 Mastschweinen auch noch um derzeit drei Bienenvölker. „Wenn ich sehe, wie sich die Bienen und andere Insekten auf den Blühstreifen tummeln, dann weiß ich, dass sich der Aufwand lohnt.“
Engels

Blühstreifen sind Multitalente in der Natur
Durch die Anlage von Blühstreifen oder -flächen kann der Landwirt aktiv zum Überleben vieler Insekten einen wichtigen Beitrag leisten. Mit den niedersächsischen Agrarumweltmaßnahmen „Einjähriger Blühstreifen“ (BS I) und „Mehrjähriger Blühstreifen“ (BS II), aber auch zur Erfüllung der Greening-Auflagen, können Blühstreifen eine sinnvolle Alternative sein. Zusätzlich bieten mehrjährige Blühflächen auch Äsung und Deckung für Wildtiere wie Rehe, Hasen, Fasane, Rebhühner usw. Auf landwirtschaftlichen Flächen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Blühstreifen oder Blühflächen anzulegen. Entlang von Ackerflächen (z.B. Mais) beeinflussen Blühstreifen das Landschaftsbild positiv. Rand- oder Pufferstreifen entlang von Wegen und Gewässern oder auch entlang der Waldränder sind für die Ansaat heimischer Wildpflanzen gut geeignet, ebenso schlecht zu bewirtschaftende Teilflächen wie Buchten, Spitzen und Eckstücke. Je länger Blühstreifen oder -flächen stehenbleiben können, desto größer ist der ökologische Wert für blütensuchende Insekten und andere Wildtiere.
Engels