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EIN KOMMENTAR von Gabi von der Brelie Verlässlichkeit und
Planungssicherheit dürften die deutschen Landwirte von der EU-Agrarpolitik
erwarten. Wie ein roter Faden zogen sich die zwei Begriffe durch die Reden
der Politiker auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin.

Was sich jetzt mit
den ersten Details des gerade beschlossenen Reformpakets abzeichnet,
klingt völlig anders. Um die Direktbeihilfen der EU zu erhalten, müssen
Europas Landwirte künftig einen höheren Aufwand einplanen. Im Gegenzug
sollten sie sich auf einen geringeren Ertrag einstellen. Dieser
betriebswirtschaftliche Spagat dürfte für viele Betriebsleiter zur
Zerreißprobe werden. Bei dieser Planungssicherheit nach europäischer
Lesart fühlen sich die Menschen auf den Höfen verlassen!

Völlig
auf der Strecke geblieben ist offenbar erneut der Abbau überbordender
Bürokratie. Das letzte Fünkchen Hoffnung auf eingängige Regeln zerstreute
jetzt Georg Haeusler, Kabinettschef bei Agrarkommissar Dacian Ciolos. Zu
viele Sonderwünsche hätten die Mitgliedstaaten angemeldet, schob er die
Verantwortung dafür geschickt auf die Länder ab. Das erstmals angewandten
Trilog-Verfahren ließ wohl nur komplizierte Kompromisse zu,
Interpretationshilfen stehen noch aus. Die Mitgliedstaaten werden mit
ihren Durchführungsverordnungen den Regulierungsrahmen kaum beschneiden.
Da sind die Stolpersteine für Praktiker programmiert, wenn sie das
Reformwerk für ihre Höfe anwenden wollen. Ihnen drohen Kürzungen bei den
Direktzahlungen, wenn sie die Spielregeln falsch interpretieren.

Freuen
dürfen sich dagegen Berater und Dienstleistungsunternehmen, die Landwirte
durch die Klippen der Antragstellung leiten. Und zweifelsfrei werden auch
das Heer der Verwaltungsbeamten zur Auslegung aller Vorschriften und die
Zahl der Kontrolleure noch einmal anwachsen. Das ist nicht die Effizienz,
die der Agrarkommissar mit seinem Reformwerk eingangs versprochen hat.
Leider fällt auch ein Ziel vergangener Reformen dem übermächtigen Drang zu
Greening und zur Vereinheitlichung zum Opfer: Die Wettbewerbsfähigkeit
gerät ins Hintertreffen. Nur mit Mühe konnte der Wunsch des EU-Parlaments
nach einer erneuten Reglementierung der Agrarmärkte unterdrückt werden. Zu
viele Vorschriften engen die unternehmerische Freiheit der Landwirte ein,
es dürfte ihnen bald schwerfallen, sich noch als Herr auf dem eigenen Hof
zu fühlen. Der Berufsnachwuchs, der mit neuen Ideen und Tatendrang in die
Verantwortung strebt, wird sich kaum mit einer einmaligen Prämie locken
lassen. Die EU sollte das Geflecht der Paragrafen eher lockern als enger
knüpfen, wenn sie die Jugend für ihre grünere Agrarpolitik begeistern
will. Gabi von der Brelie