Antworten auf Zukunftsfragen fehlen

Antworten auf Zukunftsfragen fehlen - Foto: Landvolk Niedersachsen
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Landvolk Präsident Schulte to Brinke machte auf der Mitgliederversammlung deutlich: Bauern bestehen schwere Zeiten, probieren Neues aus und blicken nach vorn. Doch dafür brauchen sie auch klare Antworten auf entscheidende Fragen.

Ein klares Bekenntnis zur europäischen Idee gab Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke auf der Mitgliederversammlung des Landvolkes Niedersachsen ab. „Wir Deutschen verdanken Europa 70 Jahre Frieden und wirtschaftlichen Aufschwung“, sagte er am Mittwoch voriger Woche in Hannover und fügte an: „Die Gemeinsame Agrarpolitik ist ein Eckpfeiler der europäischen Integration.“ Der Landvolkpräsident erinnerte vor knapp 300 Delegierten und Gästen aus Politik, Behörden und Institutionen auf der Mitgliederversammlung des Verbandes zugleich daran, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als wichtigstes Ziel die Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen nenne. Und hier sieht er noch deutlichen Nachholbedarf. „Wenn es den bäuerlichen Familien gut geht, profitieren auch Handwerk, kleine Unternehmen und Dienstleistungsbetriebe auf dem Land“, schilderte Schulte to Brinke.

Deutlich warnte der Präsident daher vor zu hohen Auflagen im Natur- und Umweltschutz und einer Verschiebung von EU-Geldern von den Direktzahlungen in die Zweite Säule. Dort müssten die Landwirte in „Vorleistung“ treten, erheblichen Aufwand zur Erfüllung höherer Standards betreiben und hätten am Ende „keinen Cent mehr auf dem Konto“, gab Schulte to Brinke zu bedenken.
„Die größte durch Dürre und Hitze verursachte Not haben die Landwirte in Eigenregie abgemildert“, zog er zu dem „Jahrhundertsommer“ Bilanz. „Früher hätte so eine Dürre Hungertote gekostet, heute sind nur die Pommes ein bisschen kürzer“, brachte er die Auswirkungen für die Verbraucher auf den Punkt.

Selbsthilfe hatte Vorrang
Das Landvolk habe von Anfang an unbürokratische Hilfen gefordert, dazu zählte er Erleichterungen bei der Nutzung zusätzlicher Futterflächen, die Einrichtung einer Futterbörse und als langfristiges Angebot steuerliche Erleichterungen bei der Glättung schwankender Gewinne. „Diese Selbsthilfe entspricht bäuerlichem Selbstverständnis“, verdeutlichte Schulte to Brinke. Die staatlichen Dürrehilfen von Bund und Land müssten jetzt rasch zur Auszahlung kommen, damit die Betriebsleiter, die über Gebühr betroffen wurden, nicht ihrer Perspektiven beraubt würden.

Entschieden wandte sich Schulte to Brinke gegen Bilder, die nicht zu entschuldigende Zustände in Ställen, oder wie jüngst geschehen, auf Schlachthöfen zeigen. „Missstände müssen zweifelsfrei abgestellt werden, aber die Nutztierhaltung muss ebenso zweifelsfrei ein Teil der Landwirtschaft bleiben“, sagte er an die Adresse radikaler Tierschutzorganisationen, die jegliche Nutzung von Tieren in Abrede stellen.

Bauern gehen voran
Als einen unübersehbaren Faktor für Veränderungen bezeichnet der vor einem Jahr gewählte Landvolkpräsident den Klimawandel. So müssten die Landwirte ihre Fruchtfolgen und Ackerbaumethoden neu justieren. Hier setze auch die Ackerbaustrategie des Bauernverbandes an. Zugleich würden stärker als in früheren Jahren Ansprüche zu mehr Biodiversität berücksichtigt. Dies drücke sich nicht nur in den umfangreichen Greeningflächen, sondern auch in vielen freiwilligen Initiativen aus. „Unsere Bäuerinnen und Bauern sind auf vielen Feldern deutlich weiter und beweglicher, als in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird“, fasste der Präsident zusammen.

Der Parlamentarische Staatssekretär vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Hans-Joachim Fuchtel, sprach zu Überlegungen, wie die vielfältigen Aufgaben in der Tierhaltung und im Ackerbau in Zukunft angegangen werden sollen. Albert Schulte to Brinke brachte Kritik an: Die Politik habe auf immer wieder zu Recht gestellte Fragen der Bauern keine befriedigenden Antworten. Damit bezog er sich vor allem auf die Sauenhaltung, bei der nicht klar sei, ob die Gesellschaft für sie überhaupt noch eine Zukunft sehe.

Einig waren sich Fuchtel und Schulte to Brinke darin, dass die Landwirtschaft wissensbasierte Lösungen brauche. Der Staatssekretär bekräftigte das Ziel der Bundesregierung, mit den Landwirten und der Gesellschaft gemeinsam Wege zu erarbeiten, um „eine nachhaltige Landwirtschaft zukunftsfähig, tierwohlorientiert und umweltbewusst“ darstellen zu können. Der Landvolkpräsident forderte eine stärker auf wissenschaftlichen Fakten basierende Diskussion über den chemischen Pflanzenschutz und die Düngung. Bauern hinterfragten ihre Entscheidungen, holten sich Expertise von Fachleuten ein und probierten Neues aus. Aber ganz ohne diese Produktionsmittel „geht es im Ackerbau leider auch nicht“, so Schulte to Brinke.

Zuversicht fällt schwer
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast stellte die Bauernfamilien an den Anfang ihrer Rede. Sie verstehe gut, wenn es manchen angesichts der besonders schwierig erscheinenden Situation derzeit schwer falle, mit Zuversicht voranzugehen. Sie betonte: „Diese Landesregierung steht an Ihrer Seite!“ Sie sei angetreten, um die großen Herausforderungen für die Landwirtschaft konstruktiv zu lösen.

Nach den zahlreichen Gesprächen, die sie in ihrem ersten Amtsjahr mit Albert Schulte to Brinke, den Vorständen des Landvolks, Vertretern der Kreisverbände und mit Bäuerinnen und Bauern im ganzen Land geführt habe, sei ihr Eindruck, dass sich ein vertrauensvoller Umgang entwickelt habe und man gern und gut zusammenarbeite.
red/LPD