Arbeitnehmer oder doch ein MiFa?

Arbeitnehmer oder doch ein MiFa? - Foto: landpixel
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Mindestlohn Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – SVLFG – verschickt in den nächsten Tagen einen Fragebogen an Landwirte, die mitarbeitende Familienangehörige (MiFa) ohne Arbeitsvertrag beschäftigen. Die SVLFG ist für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Familienangehörigen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung zuständig.

Das Thema Mindestlohn hat seit dem 1. Januar 2015 an Bedeutung gewonnen, weil zu diesem Zeitpunkt das auch in der Landwirtschaft bedeutsame Mindestlohngesetz in Kraft getreten ist. Um eine stufenweise Heranführung der Lohnzahlungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie des Gartenbaus zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber in einer Übergangszeit bis Ende 2017 noch abweichende Mindestlöhne zugelassen, wenn ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, wie in der Landwirtschaft, anzuwenden ist. Nach dem sogenannten Mindestentgelt-Tarifvertrag vom 29. August 2014 gelten für die Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau Mindestlöhne in Höhe von 7,40 Euro je Arbeitsstunde (West) bzw. 7,20 Euro (Ost). Ab 1. Januar 2016 erhöht sich dieser Mindestlohn auf 8 bzw. 7,90 Euro pro Stunde.

Begriff Arbeitnehmer
Das Mindestlohngesetz bzw. der Mindestentgelt-Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer, also grundsätzlich auch für alle mitarbeitenden Familienangehörigen. Die SVLFG muss prüfen, wer Arbeitnehmer ist. Der Begriff allerdings ist weder im Mindestlohngesetz noch in anderen Gesetzen definiert, er muss also ausgelegt werden. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines Arbeitsvertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Familienangehörige, die außerhalb eines Vertragsverhältnisses allein aufgrund familiärer Bindung mitarbeiten (familienhafte Mithilfe), sind keine Arbeitnehmer. Für diesen Personenkreis finden die Regelungen des Mindestlohngesetzes keine Anwendung.

Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, das in jedem Fall zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet, oder ein MiFa allein wegen familiärer Bindung mitarbeitet (kein Mindestlohn), muss die
SVLFG in jedem Einzelfall aufgrund einer Gesamtbetrachtung beurteilen. Daher hat die SVLFG einen Fragebogen entwickelt, der die Entscheidung erleichtern soll, ob ein Arbeitsverhältnis oder eine familienhafte Mitarbeit vorliegt. Diese Entscheidung ist wichtig für die Einstufung in der Sozialversicherung, wobei mehrere Fälle zu unterscheiden sind:

Versicherungspflicht
Mitarbeitende Familienangehörige, das sind Verwandte bis zum dritten Grad oder Verschwägerte bis zum zweiten Grad des landwirtschaftlichen Unternehmers, außerdem der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner. MiFa unterliegen unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bei der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse.

Voraussetzung ist, dass sie regelmäßig mehr als 20 Stunden pro Woche im landwirtschaftlichen Unternehmen beschäftigt sind. Bei einer niedrigeren Stundenzahl tritt Versicherungspflicht nur dann ein, wenn das Arbeitsentgelt unter Beachtung des Mindeststundenlohns die Geringfügigkeitsgrenze von monatlich 450 Euro überschreitet. Versicherungspflicht als MiFa besteht auch für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner des Landwirts, wenn diese mehr als geringfügig im Unternehmen beschäftigt sind und der Lohn ebenfalls 450 Euro überschreitet. Die Zahl der Arbeitsstunden ist hier nicht entscheidend.
Die Versicherungspflicht von MiFas in der Renten- und Arbeitslosenversicherung setzt ein Arbeitsverhältnis voraus. Während vor dem 1. Januar 2015 die Höhe des vereinbarten Arbeitslohnes entscheidend war, haben Landwirte nach dem Inkrafttreten des Mindeslohngesetzes nur noch einen geringen Handlungsspielraum. Ausschlaggebend ist nun die tatsächliche arbeitsrechtliche Stellung der MiFas im landwirtschaftlichen Betrieb. Geht die Mitarbeit über die reine familienhafte Mithilfe hinaus, ist ein Arbeitsverhältnis gegeben und es finden die Regelungen des Mindestlohngesetzes Anwendung. Pro Arbeitsstunde sind 7,40 Euro (West) bzw. 7,20 Euro (Ost) zu zahlen. Auf den Mindestlohnanspruch zu verzichten ist rechtlich nicht möglich!

Wird die Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro monatlich überschritten, besteht Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Rein rechnerisch ergibt sich in einem Monat mit 23 Arbeitstagen bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden ein Monatsbruttolohn von 1.361,60 Euro (West) und 1.324,80 Euro (Ost).

Achtung: Der noch bis Ende 2014 für mitarbeitende Familienangehörige geltende besondere Grenzwert für die Beurteilung der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, der zuletzt monatlich 690 Euro (West) bzw. 580 Euro (Ost) betrug, wird durch die Regelungen des Mindestlohngesetzes abgelöst und gilt seit 1.Januar 2015 nicht mehr.

Beitragsnachforderungen Bestand bereits vor dem
1. Januar 2015 Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, hat der Arbeitgeber unbedingt zu prüfen, ob die Lohnvereinbarungen den Regelungen des Mindestlohnes entsprechen. Ist der bisher gezahlte Lohn zu niedrig, muss eine Anpassung unbedingt erfolgen. Wer die Lohnanpassung versäumt, muss spätestens bei der nächsten Betriebsprüfung rückwirkend ab 1. Januar 2015 mit einer Beitragsnacherhebung auf der Grundlage des Mindestentgelts rechnen. Die Beitragsforderung richtet sich nach dem Lohn, der sich durch den Mindestlohn ergibt und nicht danach, was stattdessen in zu geringer Höhe gezahlt wurde.

Fragen zum Thema beantworten die Landvolk-Kreisverbände, die landwirtschaftlichen Buchstellen und der Arbeitgeberverband.
Heinz Möller
Landvolk Niedersachsen

Informationen zum Fragebogen

  • Die SVLFG schreibt alle Unternehmer an, bei denen mitarbeitende Familienangehörige ohne Arbeitsvertrag tätig sind.
  • Landwirte, die mitarbeitende Familienangehörige mit Arbeitsvertrag beschäftigen, werde nicht angeschrieben.
  • Entscheidend ist die Frage, ob mitarbeitende Familienangehörige ohne Arbeitsvertrag im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt sind oder familienhafte Mithilfe leisten.
  • Indiz für eine familienhafte Mithilfe ist die monatliche Zahlung eines Taschengeldes nicht höher als derzeit 363 Euro (West) bzw. 312 Euro (Ost).
  • Ausschlaggebendes Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist die steuerliche Geltendmachung des Lohnes oder Taschengeldes als Betriebsausgabe.
  • Die Grenze von 363 Euro/312 Euro je Monat wird ausschließlich als Indiz dafür herangezogen, ob ein Arbeitsverhältnis oder familienhafte Mithilfe vorliegt.
  • Die „Gemeinsamen Grundsätze zur Beurteilung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung für mitarbeitende Familienangehörige in der Landwirtschaft“ sind ersatzlos zum 1.1.2015 weggefallen.