Gastvortrag „Wir wollen die Landwirtschaft nicht von oben herab regulieren“, versicherte Ministerpräsident Stephan Weil vor mehr als 200 Landwirten in Osterwald und gab Einblicke in die Pläne zur „sanften Agrarwende“.
Mit den „begrenzt verfügbaren Mitteln und Einflussmöglichkeiten der Landespolitik“ wolle die Landesregierung vor allem kleine und mittlere Betriebe stärken. Als Gast der Mitgliederversammlung des Landvolkkreisverbandes Hannover (wir informierten bereits kurz in Ausgabe 46 auf Seite 5) machte Ministerpräsident Stephan Weil deutlich, welche Ziele die rot-grüne Landesregierung darüber hinaus mit der im Regierungsprogramm verankerten „sanften Agrarwende“ verfolgt.
Agrardiesel-Regelung
Zustimmung erhielt Weil im Saal für seine Einschätzung zur Agrardieselrückvergütung. Er habe erkannt, dass durch die teilweise Rückvergütung der Mineralölsteuer Nachteile gegenüber anderen EU-Staaten ausgeglichen werden. Entgegen der Auffassung vieler seiner Parteikollegen, plädiert Weil deshalb dafür, die Regelung so lange beizubehalten, bis alternative Maßnahmen gefunden sind. Dafür wolle er sich in Berlin einsetzen.
Ein deutliches Lob sprach Weil seinem Landwirtschaftsminister Christian Meyer für seine Verhandlungsführung zur nationalen Umsetzung der EU-Agrarpolitik aus. Meyer habe dazu beigetragen, dass sich die Auswirkungen der EU-Agrarpolitik in Niedersachsen „erfreulich in Grenzen gehalten haben“. Skepsis aus dem Publikum erntete Weil jedoch für die Aussage, dass mehr als 80 Prozent der niedersächsischen Betriebe als „Gewinner“ aus der Reform gehen und besser gestellt seien als vorher.
Planungssicherheit
Um Sicherheit für Investitionen und Hofnachfolger zu geben, will Weil sich für Kontinuität in der Agrarpolitik einsetzen. Statt eines „Stop and Go“ wünsche er sich eine Agrarpolitik, die über Wahlperioden und Parteigrenzen hinaus Planungssicherheit gibt.
Ein positives Beispiel dafür sei der von CDU-Minister Gert Lindemann auf den Weg gebrachte Tierschutzplan, den seine Regierung genauso fortführe. In diesem Punkt wurde jedoch aus dem Saal die versprochene Dialogbereitschaft in Frage gestellt und gefragt, ob immer noch ergebnisoffen diskutiert, oder „von oben herab geregelt“ werde. Weil zufolge will die Regierung den eingeschlagenen Weg bei Inhalten und Verfahren beibehalten.
Verbandsklagerecht
Beim Thema Gülleausbringung soll laut Weil im kommenden Jahr über die sinnvolle Gestaltung einer Dokumentation diskutiert werden. Dabei sei noch offen, ob ein Güllekataster oder eine andere, genauso wirksame Methode angewendet wird. Gute Vorschläge von Seiten der Landwirtschaft sollten berücksichtigt werden.
Eine klare Aussage traf der Ministerpräsident zum Abschluss: „Ein Verbandsklagerecht in Niedersachsen wird kommen!“ Noch sei nicht entschieden, ob es sich dabei nur um ein Feststellungs-, oder, wie in Nordrhein-Westfalen, um ein Anfechtungsklagerecht handeln wird. Vor diesem Hintergrund gab der Ministerpräsident den Landwirten die Empfehlung, sich Diskussionen frühzeitig und gut begründet zu stellen.
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Kreisverbandes Heinrich Blume: „Wir stehen im Blickpunkt der Bevölkerung, werden aber durch die falsche Brille angeschaut“. Er appellierte an die Mitglieder: „Seien Sie bereit, Ihre Hoftore zu öffnen“.
vgk