Bundestag schränkt Privilegierung ein

Bundestag schränkt Privilegierung ein - Stallgebäude im Aussenbereich
Stallgebäude im Aussenbereich

Baugesetzbuch Die seit langem sehr heftig umstrittene Neufassung des Baugesetzbuches (BauGB)  hat nun den Bundestag passiert. Die Landwirtschaft ist von den Veränderungen besonders betroffen. Wir erläutern, was künftig gilt.

Der Bundestag hat mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD die Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) beschlossen. An die Bedürfnisse der flexiblen Stromerzeugung ist die Privilegierung von Biomasseanlagen angepasst worden. Zudem wurde der Schutz landwirtschaftlicher Flächen bei der Bauleitplanung deutlich gesteigert. Tierhaltungsanlagen, die überwiegend auf eigener Futtergrundlage betrieben werden, bei denen also das Futter auf den Betriebsflächen erzeugt werden kann, sind im Außenbereich weiterhin privilegiert zulässig. Ställe, die ohne ausreichende Futtergrundlage betrieben werden, waren bisher ohne Größenbeschränkung privilegiert. Hier hat sich der Gesetzgeber darauf verständigt, die Privilegierung dann entfallen zu lassen, wenn die Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterliegt.

Schwellenwerte
Maßgeblich sind hierbei insbesondere die unter der Nr. 7 in der Spalte 2 aufgeführten Schwellenwerte für die standortbezogene Vorprüfung. Danach sind Ställe mit bis zu 1.499 Mastschweinplätzen oder 29.999 Mastgeflügelplätzen weiterhin privilegiert.
Allerdings gilt nicht nur dieser Schwellenwert, sondern das Vorhaben ist unter bestimmten Voraussetzungen gemeinsam mit bereits bestehenden Ställen zu betrachten, so dass bei der Ermittlung der Schwellenwerte bereits vorhandene Kapazitäten mit zu berücksichtigen sind (Kumulierung).
Die neue Vorschrift des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB führt dazu aus, dass bei kumulierenden Vorhaben von einem „engen Zusammenhang“ dann auszugehen ist, wenn die Tierhaltungsanlagen auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind. Hierzu werden wir in einer der nächsten Ausgaben ausführlich informieren.

Bewertung
Bedenklich ist, dass auch bauliche Veränderungen bereits bestehender Ställe von der Gesetzesnovelle erfasst werden. Sollten wesentliche Veränderungen aus rechtlichen Gründen erforderlich sein, könnte dieses die Entprivilegierung zur Folge haben. Ein Vorstoß des Landes Brandenburg im Bundesrat versucht dieses noch zu verhindern. Dies wird vom Berufsstand unterstützt, dürfte aber an den erforderlichen Mehrheiten scheitern.

Wie ist die Änderung zu bewerten? Gerade – häufig kleinere – flächenarme Betriebe, die ihren Betrieb über eine Ausweitung der Veredlung entwickeln wollen, sind von dieser Regelung betroffen.

Wollen sie die oben genannten Größenordnungen überschreiten, ist dies nur über einen Bebauungsplan möglich. Ob die Gemeinden allerdings vor dem Hintergrund der zum Teil kritischen Haltung gegenüber Tierhaltungsanlagen zu solchen Planungen bereit sind, ist fraglich. Die Kommunen haben hinreichende, durch die Rechtsprechung des Oberverwal-tungsgerichtes Lüneburg bestätigte Möglichkeiten zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen. Einer Gesetzesänderung hätte es daher nicht bedurft.
Privilegierte Biogasanlagen können jetzt die Möglichkeiten einer flexiblen Stromerzeugung voll ausnutzen. Bisher waren sie privilegiert, wenn sie nicht mehr als 2,3 Mio. Normkubikmeter Biogas erzeugt und nicht mehr als 2,0 MW Feuerungswärmeleistung installiert haben. Bei einem elektrischen Wirkungsgrad von 40 % war es folglich nicht möglich, mehr als 800 kW BHKW–Kapazitäten an der Anlage zu schaffen. Damit waren die Anlagen in der flexiblen Stromerzeugung eingeschränkt. Nun werden die Bio­gasanlagen nicht mehr durch die 2,0 MW-Grenze beschränkt, können also höhere Generatorleistungen aufweisen.

Zum Flächenschutz hat das BauGB folgende Formulierung übernommen: „Die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen soll begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.“

Harald Wedemeyer,
Landvolk Niedersachsen