Das Eine tun, das Andere nicht lassen

Das Eine tun

EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
An guten Ratschlägen mangelt es Landwirten derzeit nicht. Viele wohlmeinende Bürger sehen sich gemüßigt, der Agrar- und Ernährungswirtschaft Tipps zu geben. Da werden Empfehlungen gehandelt, wie sie nachhaltiger auszurichten sei, wie das Wohlergehen der Nutztiere stärker berücksichtigt werden könnte, oder wie die Erzeugung ökologischer zu gestalten sei. Daneben gibt es die Verfechter einer stärkeren Globalisierung, während wieder Andere raten, sich auf regionale und saisonale Angebote zu konzentrieren. Wohin also des Wegs?

Eine gute Gelegenheit, dem Volk im wahrsten Sinne des Wortes aufs Maul zu schauen, bietet vom 18. Januar an die Grüne Woche in Berlin. Aussteller aus nahezu 70 Ländern werben um die Gunst des Publikums. Der kleine regionale Anbieter aus dem Wendland oder der Messeneuling aus dem Sudan bekommt hier ebenso eine Chance wie der Exportprofi aus den Niederlanden. Die Stärken der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft werden nicht von ungefähr bei regionalen Produkten ebenso ausgeprägt gesehen wie auf internationalen Märkten. Das Eine schließt das Andere nicht aus, im Gegenteil: Lebensmittelkonzerne, die sich auf Weltmärkten behaupten, überlassen regionalen Anbietern attraktive Nischen. Davon profitieren alle Beteiligten: Produzenten, Verarbeitungsunternehmen und Verbraucher.

Vermutlich wird die zunehmende Globalisierung die Sehnsucht der Verbraucher nach regionaler Verankerung und saisonalen Spezialitäten sogar beflügeln. Wer auf Reisen immer wieder mit Pizza, Pasta oder Reis abgefüttert wird, freut sich schon bei der Rückfahrt auf Oldenburger Pinkel mit Grünkohl nach Mutters Rezept. Kleine Restaurants oder Cateringunternehmen haben den Trend ebenso erkannt wie Direktvermarkter mit gut sortierten Hofläden. Hier fühlen sich die Kunden aus der Nachbarschaft tatsächlich zuhause, aber auch weitgereiste Gäste können überraschende Geschmacks­erlebnisse entdecken.

Niedersachsen ist nach wie vor Agrarland; eine innovative Landwirtschaft hat einer noch innovativeren Ernährungswirtschaft den Boden bereitet. Gemeinsam kann – und will – sich die Branche nicht auf den hiesigen Markt beschränken, sondern Chancen weit jenseits der Landesgrenzen nutzen. Damit eröffnet sie zugleich den regionalen Anbietern einen Markt. Er wird gezielt, ideenreich und mit einem klugen Dienstleistungspaket genutzt. Die Konsumenten, an der Weser ebenso wie jenseits des Urals, goutieren beides.
Gabi von der Brelie