Die neuen Beitragsbescheide sind da

Die neuen Beitragsbescheide sind da - Foto: Landpixel
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Sozialversicherung Unter dem Motto „Gleiche Beiträge für gleiche Betriebe“ wurde 2013 die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, kurz SVLFG, errichtet. Sie hat die eigenständigen regionalen landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger abgelöst und ist bundesweit tätig. Nach einem Jahr  Übergangszeit gibt es jetzt erstmals bundesweit einheitliche Beiträge.
Eine gute Nachricht gibt es für die große Mehrzahl niedersächsischer Landwirte: An den Grundlagen der Beitragserhebung zur Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) ändert sich im Wesentlichen nichts. Nach wie vor werden die Beiträge für landwirtschaftliche Unternehmer und mitarbeitende Familienangehörige nach dem sogenannten korrigierten Flächenwert berechnet. Das Versichertenparlament der SVLFG, die Vertreterversammlung, hat dazu bereits im November 2013 entsprechende Beschlüsse gefasst.

Dieser Beitragsmaßstab hat sich in der Vergangenheit bei der Mehrheit der regionalen landwirtschaftlichen Krankenkassen bewährt und hielt auch den Anforderungen der Gerichtsbarkeit stand. Durch den „Flächenwert“ berücksichtigt der Maßstab die unterschiedlichen Einkommenssituationen. Die Umrechnung in ein Einkommen, das für die Beiträge zur Krankenversicherung grundsätzlich maßgeblich ist, erfolgt durch die Verwendung eines Ersatzmaßstabes, nämlich durch Vervielfältigung mit einem Beziehungswert nach der „Arbeitseinkommensverordnung Landwirtschaft“. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse legt bei dem Flächenwert grundsätzlich den durchschnittlichen Wert der Betriebssitzgemeinde zugrunde. Hektar- und Flächenwerte werden unverändert in DM ausgedrückt und erst mit den Beziehungswerten der Einkommensverordnung in Euro umgerechnet.

Für bestimmte Kulturarten werden die folgenden festen Werte angesetzt:

  • Grünland mit niedrigstem Ertrag (Almen, Alpen, Hutungen, nicht umzäunte oder mobil umzäunte Schaf- und Ziegenweiden, Deich- und Hallignutzungen)  150 DM/ha,
  • Forsten 150 DM/ha (ohne Korrekturfaktor),
  • Weinbau, Hektarwert der Betriebssitzgemeinde,
  • Fluss- und Seenfischer (ein Arbeitstag 40 DM),
  • Imker (ein Bienenvolk 50 DM)
  • Wanderschäfer (ein Großtier 20 DM)
  • Unterglas 1.863 DM/ha.

Diese Ansätze werden nach einem Vorschlag des Gutachters Prof. Dr. Enno Bahrs, der die Beschlüsse der Vertreterversammlung vorbereitet hat, für bestimmte Sonderkulturen als nicht ausreichend erachtet, so dass zusätzliche Multiplikatoren zur Anwendung kommen (Tabelle 1). Deren Verwendung bewirkt, dass die betrieblichen Flächenwerte zum Beispiel für Spargel- und Obstbetriebe mit dem Faktor 4 multipliziert werden, bevor der Korrekturfaktor nach der Einkommensverordnung zum Tragen kommt.

Die Beziehungswerte der „Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft“ (AELV) basieren auf dem Testbetriebsnetz der Bundesregierung. Sie werden auf der Grundlage der Buchführungsergebnisse von mehr als 10.000 Testbetrieben berechnet und jährlich auf Basis der Durchschnittswerte der letzten fünf Jahre aktualisiert. Benutzt wird für die Beitragsberechnung die jeweils aktuellste Verordnung. Die Werte der AELV berücksichtigen die Größe eines landwirtschaftlichen Unternehmens und sind degressiv ausgerichtet, je mehr ha ein landwirtschaftliches Unternehmen bewirtschaftet, desto geringer ist der Beziehungswert nach der AELV.

Wille des Gesetzgebers
Nach Vorgaben des Gesetzgebers muss die LKK 20 Beitragsklassen bilden (Tabelle 2). Die Sprünge in den einzelnen Beitragsklassen verlaufen grundsätzlich linear und liegen bei 5.400 Euro. Der Beitrag für mitarbeitende Familienangehörige beträgt 50 Prozent des Unternehmerbeitrages. Der neue Beitragsmaßstab gilt seit dem 1. Januar 2014, jedoch ist der volle Beitrag nach der Neuregelung erst 2018  zu zahlen. Die LKK hat einen sogenannten Angleichungssatz zu berechnen, der sich aus einer Gegenüberstellung des Altbeitrages 2013 und des Zielbeitrages der SVLFG ergibt. Der Angleichungssatz ist aus dem Mitte Januar zugehenden Beitragsbescheid ersichtlich. Er führt in den nächsten Jahren zu einer gleichmäßigen Anpassung an den neuen Beitrag, gleichgültig ob höhere oder geringere Zielbeiträge zu entrichten sind.
Die nicht mehr bestehende regionale Landwirtschaftliche Krankenkasse Niedersachsen-Bremen hat in der Vergangenheit Rücklagen aufgebaut, die hier als „Sondervermögen“  verbleiben. Für Niedersachsen-Bremen handelt es sich um  18,02 Mio. Euro. In der Übergangszeit bis 2017 wird dieser  Betrag zur Beitragsreduzierung eingesetzt. Die Vertreterversammlung der SVLFG ist der Empfehlung des Regionalbeirates Niedersachsen-Bremen gefolgt und hat beschlossen, die Beiträge für Unternehmer und mitarbeitende Familienangehörige 2014 gleichmäßig um 7,5 Prozent zu senken. Dem Sondervermögen wird damit ein Betrag in Höhe von rund 6,55 Mio. Euro entnommen.

Die Beiträge für freiwillig Versicherte (Tabelle 3) errechnen sich ab 2014 wie bisher nach den Einnahmen zum Lebensunterhalt. Sie sehen keine Angleichungsphase vor, sondern sind wie von der Vertreterversammlung festgesetzt zu erheben. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse braucht einen Vergleich mit den außerlandwirtschaftlichen gesetzlichen Krankenkassen nicht zu scheuen und bleibt eine günstige Wahl.

Alle Daten per Post
Mitte Januar 2014 erhalten alle Unternehmer ihre Beitragsrechnung als Bescheid per Post. Der Bescheid weist die Zuordnung zur neuen Beitragsklasse, den Angleichungssatz und den Betrag der Senkung aus Sondermitteln aus. Bei Neugründungen von landwirtschaftlichen Betrieben wird kein Angleichungssatz festgesetzt, es kommt sofort der Zielbeitrag zur Anwendung. Die SVLFG und die Landvolk-Kreisverbände stehen bei Fragen zur Beratung zur Verfügung.
Die Finanzierung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erfolgt nach einem Umlageverfahren und damit nach dem Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung. Danach werden die Aufwendungen des abgelaufenen Geschäftsjahres im Folgejahr über die Beitragsrechnungen finanziert. Folglich wird für das Jahr 2013 der Beitrag 2014 zu entrichten sein. Die Versendung der Beitragsbescheide ist für April 2014 vorgesehen. Die Beitragserhebung sieht weiter einen risikoorientierten Beitrag nach dem Arbeitsbedarf sowie einen zusätzlichen Grundbeitrag vor.
Der Grundbeitrag wird zur Deckung der Aufwendungen für Verwaltungs- und Präventionskosten erhoben. Er berechnet sich in Abhängigkeit von den für das Unternehmen ermittelten Berechnungseinheiten (BER) mit einem Mindestsatz von zehn und einem Höchstsatz von 350 Berechnungseinheiten, jedoch mindestens 60 Euro. Damit handelt es sich um einen fließenden Grundbeitrag.
Er wird nach dem Arbeitsbedarf in Form eines vom Gutachter empfohlenen Abschätztarifs berechnet. Der Abschätztarif ordnet den Kultur- und Tierhaltungsarten einen geschätzten Arbeitsbedarf in Berechnungseinheiten (BER) zu. In der Regel sind die BER-Ansätze je ha oder durchschnittlich gehaltenes Tier degressiv ausgestaltet. Eine BER steht für einen Arbeitstag mit zehn Stunden.

Beitrag nach Risiko
Eine Ausnahme gilt für Gartenbau sowie u.a. land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen, hier werden der Arbeitswert und die Lohnsumme als Grundlage der Beitragsberechnung genommen. Die Unfallrisiken in den Unternehmen werden durch 16 Risikogruppen (Tabelle 4) berücksichtigt, denen die einzelnen Produktionsverfahren zugeordnet sind.
Die Festlegung der Risikogruppen berücksichtigt, dass sich diese selbst ausreichend decken können, ohne große jährliche Beitragsschwankungen hervorzurufen. Gutachter Bahrs hat als Grundlage zehn Mio. Euro Beitragsaufkommen empfohlen. Die so gefundenen Risikogruppen enthalten demzufolge unterschiedliche Produktionsverfahren, die unterschiedliche BER je Einheit aufweisen. So wird zum Beispiel einem Betrieb mit Mähdruschfrüchten zwischen einem und 1.000 ha Berechnungseinheiten zwischen 1,75 (bei 1 ha) bis 0,6416 (ab 1.000 ha) zugeordnet. Bei Spargelbetrieben in einem Degressionsbereich zwischen einem und 50 ha ergeben sich Berechnungseinheiten je ha zwischen 107 und 89,3781. Ein oberflächlicher Betrachter könnte auf die Idee kommen, dass derart hohe Werte, wie zum Beispiel bei Spargel, gegenüber der bisherigen Situation (in Niedersachsen 22 BER/ha) gravierend höhere Beiträge verursachen müssten.
Dass dem nicht so ist, liegt an einer weiteren durchzuführenden Berechnung. Innerhalb einer Risikogruppe kommt es zu einer internen Risikobetrachtung. Danach wird Betrieben mit einem geringeren Unfallrisiko, also weniger Leistungsaufwand, ein Korrekturfaktor zugeordnet, der den Beitrag reduzieren (wie beim Spargel) oder erhöhen kann. Eine weitere Begrenzung ergibt sich aus der Berücksichtigung eines Schwellenwertes von 20 Prozent in den Risikogruppen untereinander und der Produktionsverfahren innerhalb der Gruppe.

Interne Risikorechnung
Dazu ein Beispiel: In einer Risikogruppe 1 ist ein Leistungsaufwand von 150 Mio. Euro abzudecken. Zur Verfügung stehen hier 20 Mio. BER, der angenommene Hebesatz der SVLFG (nicht realistisch) liegt bei 8,1420 Euro. Multipliziert man die BER mit dem Hebesatz, ergibt sich ein Beitragsvolumen von 162,84 Mio. Euro. Da nur 150 Mio. Euro benötigt werden, wird ein Korrekturfaktor errechnet, der in unserem Beispiel bei 0,9211 liegt. Durch die Verwendung dieses Risikogruppenfaktors werden die Beitragseinnahmen auf den zur Deckung des Leistungsaufwandes notwendigen Betrag von 150 Mio. Euro begrenzt.

Neben dem Korrekturfaktor Risikogruppe kann und wird es in vielen Fällen zu weiteren Korrekturen kommen, weil auch innerhalb der Produktionsverfahren derartige Berechnungen durchzuführen sind. Laien wird es daher nicht leichtfallen, einen individuellen Beitrag zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu berechnen. Als Grundlage der Beitragsberechnung dient folgende Formel:
Berechnungseinheiten x Hebesatz x Risikogruppenfaktor x Korrekturfaktor Risikogruppe x Korrekturfaktor Produktionsverfahren.
Zu dem vorstehend erläuterten Beitrag, der sich aus den Unternehmensverhältnissen ergibt, ist schließlich der fließende Grundbeitrag für jedes Unternehmen hinzuzurechnen. Nicht mehr erhoben wird zukünftig ein Zuschlag für allgemeine Arbeiten. Dieser war zurzeit der LGB Niedersachsen-Bremen noch notwendig, ist jedoch in die neuen Berechnungseinheiten bereits mit eingeflossen.

Auch in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist ein gesetzliches Beitragsangleichungsverfahren festgelegt worden, das die nächsten fünf Jahre als Übergangszeitraum vorsieht. Erst der in 2018 zu zahlende Beitrag zur Berufsgenossenschaft als Umlage für 2017 stellt den zukünftig zu zahlenden Zielbeitrag dar. Die jährlich in gleicher Höhe zu berücksichtigende Angleichung der Beiträge wird gegebenenfalls auf einen Betriebsnachfolger vererbt, gleichgültig ob der Betrieb wächst oder kleiner wird. Nur bei einem Wechsel der Rechtsform oder einer Neugründung ist der Zielbeitrag sofort zu entrichten. Das Beitragsangleichungsverfahren wirkt in beide Richtungen: Beitragssenkungen werden ebenso wie Beitragssteigerungen nur schrittweise erreicht.

Soweit bei den ehemaligen regionalen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften Rücklagen und Betriebsmittel vorhanden waren, können diese für eine Beitragssenkung im Angleichungszeitraum verwendet werden. Der Regionalbeirat Niedersachsen-Bremen wird dazu im ersten Quartal 2014 Vorschläge unterbreiten. Auch hier gilt: Sollten sich Fragen ergeben, stehen die Mitarbeiter der SVLFG und der Landvolkgeschäftsstellen auf Wunsch gern zur Beratung zur Verfügung.
Heinz Möller
Landvolk Niedersachsen