Die Summe der Auflagen verunsichert

Die Summe der Auflagen verunsichert - Foto: landpixel
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Landvolk Verbandsrat Kontrovers, aber an gemeinsamen Lösungen interessiert diskutierten die Vorsitzenden des Landvolkes Niedersachsen jetzt mit Landwirtschaftsminister Gert Lindemann und Umweltminister Dr. Stefan Birkner in Hünzingen. Wichtige Gesprächsinhalte galten unter anderem dem Tierschutzplan und der Energiewende.

Eine gewisse Steuerungsrichtung gibt der Tierschutzplan vor, Tierschutz geht vor Ökonomie, stellte Lindemann in der Diskussion mit dem Landvolkgremium klar.  Schnelle Ergebnisse erwartet er offenbar nicht, denn er sprach von Problemen, die nicht von heute auf morgen zu lösen seien. Diesem Eindruck widersprachen die vom Landvolk für die Mitarbeit in den Gremien des Tierschutzplans entsandten Vertreter. Er sehe sich unter Ergebnisdruck, beklagte Albert Schulte to Brinke für den Arbeitskreis Rind. Kritisch sah er Tierschutzauflagen, die in erster Linie von kleineren Betrieben nicht zu leisten seien und den Strukturwandel weiter verschärften. Das könnten nicht die Ambitionen eines Landwirtschaftsministers sein, zweifelte Schulte to Brinke. Eine zu eindeutige Ausrichtung auf das Tierwohl gibt nach Einschätzung von Tobias Göckeritz in der Arbeitsgruppe Schwein die Richtung vor. Er kritisierte die sehr einseitige Auswahl der in dem Gremium zitierten Fachleute, die in Tierschutzkreisen gut vernetzt, aber aus landwirtschaftlicher Sicht nicht bekannt seien.

Etwas widersprüchlich fielen die Antworten des Ministers auf diese Kritik aus: Einerseits stellte er klar, die Arbeitsgruppen sollten ihre Inhalte selbst entscheiden, andererseits verwies er auf die Rolle des Lenkungsausschuss als Moderator. Die letzte Entscheidung über die Ziele und Inhalte des Tierschutzplanes aber wird die Landesregierung treffen, für die eine Beschlussempfehlung erarbeitet werden soll. Lindemann zählte erneut drei Grundsätze auf, die der Tierschutzplan beachten muss. Das sind die bereits bei der Vorstellung genannten Prämissen. Danach sollen die im Tierschutzplan erarbeiteten Lösungsvorschläge nicht durch ein damit aufgeworfenes Problem ersetzt werden. Es sei auch nicht seine Absicht, die Tierhaltung aus Niedersachsen zu vertreiben, versicherte der Minister. Und schließlich hob er auch auf die ökonomische Variante ab: „Nur gesunde Betriebe können mehr Tierschutz leisten“. Landvolk-Hauptgeschäftsführer Jörn Dwehus, der die intensive, gut zweistündige Diskussion moderierte, verwies neben dem Tierschutzplan auf viele weitere Anforderungen wie Abluftwäscher, Keimgutachten oder Brandschutz, mit denen sich Tierhalter zurzeit konfrontiert sähen. Es ginge nicht um Einzelfragen, sondern um die Summe der Auflagen, schilderte er die Sorgen der Tierhalter.

Diesen Faden nahmen die Vorsitzenden am zweiten Tag der Veranstaltung mit Umweltminister Birkner auf. Hier stand zunächst der gemeinsam von den Ministerien für Soziales, Umwelt und Landwirtschaft erarbeitete Erlass zu Keimgutachten und Abluftwäschern bei Stallbauten im Fokus. Die dort angesprochenen Abluftwäscher seien nicht Stand der Technik, für Keimgutachten gebe es keine ausgewiesenen Experten, betonte Landvolk-Präsident Werner Hilse. Er lehnte die mit dem Erlass vorgesehene Vorreiterrolle Niedersachsens ab und regte eine Lösung im EU-Kontext an. Scharfe Kritik übte Hilse an einzelnen Landkreisen, die den als Entwurf bekannt gewordenen Erlass bereits als beschlossen umsetzten und die Landwirte mit den höheren Auflagen konfrontierten. Derartige Alleingänge lehnte auch Birkner ab.

Weniger kontrovers gestaltete sich der Meinungsaustausch mit beiden Ministern zur Energiewende. Birkner sah ebenso wie Lindemann eine grundlegende Reform des EEG als  notwendig an, um vorhandene Unwuchten zu beseitigen, beide Minister machten sich aber dennoch für verlässliche Rahmenbedingungen stark. Keinen Widerspruch zu weltpolitischen Ernährungsfragen sah Birkner in der Erzeugung von Biodiesel und ging damit auf Distanz zu Entwicklungsminister Dirk Niebel, der kürzlich die Teller-oder-Tank heftig angeheizt hatte. Birkner sprach von völlig fehlgeleiteten und inkonsequenten Argumenten, in der Naturschutzdebatte beispielsweise würden diese nicht angeführt.  Für die Forderung des Berufsstandes nach einer wiederkehrenden Pachtzahlung für Durchleitungsrechte durch die Netzbetreiber äußerte Birkner Verständnis. Er sah darin ein gutes Argument zur Beschleunigung des Netzausbaues, stufte die Aussicht auf  Erfolg eher als gering ein und regte höhere Entschädigungssätze an. Hartmut Seetzen verwies zum Vergleich auf Zahlungen von bis zu 400 Euro je laufenden Meter im Jahr, die Betreiber von Biogasanlagen zum Beispiel bei Querung einer Autobahn für ihre Gasleitungen leisten müssten.

Enttäuscht sind sowohl das Landvolk als auch der Umweltminister über die ausbleibenden Fortschritte zur Reduzierung des Flächenverbrauchs. Eine Flexibilisierung sei unerlässlich, betonte Birkner und maß neben dem Ersatzgeld auch dem Ausgleich im Naturraum eine Chance bei zur Reduzierung des Flächendrucks  in Regionen mit zahlreichen Infrastrukturmaßnahmen. Diskutiert wurden u.a. auch die Ausgestaltung des AFP, der Aktionsplan Pflanzenschutz und die zunehmenden Schäden durch Gänsefraß.
Br