Antibiotika Die Tierärztliche Hochschule Hannover ist an einer Studie beteiligt, deren Auswertung eigentlich noch läuft. Vorabinformationen sorgten aber bereits für Schlagzeilen. Eine Pressemitteilung über die Ergebnisse einer weiteren Untersuchung musste nach dem Medienecho sogar nachträglich erläutert werden.
Masthähnchen schlucken zu viel Antibiotika – so oder so ähnlich waren Medienberichte überschrieben, die sich auf eine kürzlich veröffentlichte Pressemitteilung dreier anerkannter wissenschaftlicher Einrichtungen bezogen. Eine davon war die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), die mit der Universität Leipzig und unterstützt vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zum ersten Mal überhaupt Verbrauchsmengen repräsentativ erfasste.In dem „VetCAb“ (Veterinary Consumption of Antibiotics) genannten Projekt wurden für das Jahr 2011 Informationen aus über 2.000 Nutztierhaltungen erfasst.
Schwer zu bewerten
In der Studie wurde ermittelt, dass ein Mastschwein innerhalb seiner zirka 115-tägigen Mast an 4,2 Tagen mit einem antibiotischen Wirkstoff behandelt wird. Ein Masthähnchen, für das eine Durchschnittsmastzeit von 39 Tagen angegeben wird, erhält demnach an 10,1 Tagen einen antibiotischen Wirkstoff.
Kritiker der Studie verweisen darauf, dass die bisher veröffentlichten Ergebnisse nicht ausreichten, um diese Aussagen bewerten zu können. Beispielsweise sei nicht erkennbar, wie hoch der Anteil von Kombipräparaten sei, deren Wirkstoffe einzeln gezählt würden, stellt der Agrarstatistiker Georg Keckl aus Hannover in einer Stellungnahme auf der Internetseite animal-health-online.de fest. Weder die Zahl der erfassten Tiere noch die regionale Verteilung sei veröffentlicht worden, schreibt Keckl und verweist mit Blick auf die 33 von der Studie erfassten Betriebe darauf, dass für QS mehr als 2.600 geflügelhaltende Betriebe melden.
Zwei Tage später gab die TiHo bekannt, Forscher aus dem Institut für Lebensmittelqualität und -sicherheit hätten in Schlachthöfen etwa 120 Blinddarm- und Karkassenproben von vier unterschiedlichen Herden genommen. In 88,6 % der Karkassen und 72,5 % der Blinddarmproben wurden gegen Antibiotika resistente Keime (ESBL) nachgewiesen. Dies liefere „einen Hinweis, dass gesunde Hähnchen eine Quelle für die Verbreitung von übertragbaren Resistenzmechanismen in Enterobakterien sein können“, meldete die TiHo in einer Pressemitteilung. Dass in der Umwelt, auf gesunden Menschen oder sogar an Schlachtkörpern gefährliche Keime vorhanden sein können, ist jedoch keineswegs neu, sondern der Grund für bewährte Hygienemaßnahmen in der Lebensmittelkette.
Noch am selben Tag schickte die Pressestelle – offenkundig vom großen Medieninteresse überrascht – eine „Erläuterung zur Pressemitteilung“ hinterher. Darin wird zum einen festgestellt, dass die Ergebnisse der Untersuchung eine Momentaufnahme sind und nicht verallgemeinert werden dürften. Zum anderen verweisen die Verfasser nun darauf, dass keine genetische Verwandschaft von ESBL-Keimen bei Menschen und Mastgeflügel besteht. Und es folgt der Hinweis, dass durchgegartes Fleisch keinerlei Risiko birgt.
Fachlich aufarbeiten
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) sah sich genötigt, in das von der TiHo-Pressestelle angerichtete Durcheinander einzugreifen. Das Medienecho habe gezeigt, dass Daten zum Einsatz von Antibiotika wissenschaftlich und fachlich korrekt aufgearbeitet werden müssten, erklärte er nach Erscheinen der Klarstellung. Die Studienergebnisse aus dem Projekt VetCAb bezeichnete der DBV „als wichtige Datenbasis für den weiteren Aufbau des Antibiotika-Monitorings und einer darauf aufbauenden Minimierungsstrategie“. Die Landwirte in den ausgwählten Betrieben hätten kooperativ mit den Wissenschaftlern zusammengearbeitet.
Um so bedauerlicher ist es, dass die Tierhalter nach dem von der TiHo-Pressestelle in den Medien verursachten Tohuwabohu erneut in ein falsches Licht gerieten.
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