Es gibt noch viele offene Fragen

Es gibt noch viele offene Fragen - Foto: landpixel
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Tierwohllabel Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat Kriterien für sein staatliches Tierwohllabel vorgestellt, zunächst zum Bereich Schwein. Zur Umsetzung und Organisation des Labels gibt es aber noch wenig Konkretes.
Vergangene Woche gab Landwirtschaftsminister Christian Schmidt die Kriterien für das staatliche Tierwohllabel bekannt. Am geplanten Fahrplan zur Umsetzung will Schmidt ungeachtet der Kritik aus den Reihen der Tierschützer festhalten. Zu den nächsten Schritten zählen unter anderem weitere Gespräche mit der Geflügelwirtschaft. Ausgestiegen aus der Arbeitsgruppe zum staatlichen Tierwohllabel ist der Deutsche Tierschutzbund. Verbandspräsident Thomas Schröder kritisierte, die Kriterien des Labels blieben zu nah am gesetzlichen Standard. Ebenfalls zurückgezogen aus der Arbeitsgruppe haben sich andere Tierschutzorganisationen wie der Bundesverband Tierschutz oder Provieh.

Schmidt kündigte an, in den kommenden Wochen einen Gesetzentwurf mit den wesentlichen Eckpunkten zur begleitenden Einführung des Tierwohllabels vorzulegen. Die Details sollen in einer anschließenden Verordnung geregelt werden. Die ersten Betriebe könnten bei einem optimalen Verlauf 2018 zertifiziert werden. Eine der entscheidenden Fragen ist für den CSU-Politiker die notwendige finanzielle Kompensation der teilnehmenden Erzeuger. Schmidt sprach von einer Kombination aus höheren Markterlösen und öffentlicher Unterstützung, etwa in Form einer gesonderten Investitionsförderung, ohne dass es bislang Entscheidungen gebe. Ob Instrumente wie eine Fondslösung oder eine Abgabe in Frage kämen, werde eingehend geprüft. Benötigt werde ein „Bündnis der Wertschöpfungskette vom Bauern über den Supermarkt bis zum Verbraucher“.

Die von Schmidt vorgestellten Kriterien gehen bereits in der Eingangsstufe zum Teil deutlich über die gesetzlichen Standards und teilweise auch über die Kriterien der Brancheninitiative Tierwohl hinaus. Dies gilt insbesondere für das einzuhaltende Platzangebot, das um bis zu 33 % und in der Premiumstufe um 70 % bis 100 % über dem gesetzlichen Standard liegen soll. Die Buchten sollen in der Eingangsstufe für Aufzuchtferkel eine geschlossene Liegefläche, in der Premiumstufe einen Auslauf, einen überwiegenden Teil mit geschlossener Bodenfläche sowie einen Liegebereich mit Einstreu aufweisen müssen. Sauen sollen im Deckzentrum in beiden Stufen höchstens vier Tage im Kastenstand gehalten werden dürfen. Im Abferkelbereich soll in der Premiumstufe eine freie Abferkelung gewährleistet werden müssen. Grundsätzlich verboten werden soll für Labelbetriebe das Schwanzkupieren. Strenger als im Gesetz soll auch die Transportdauer geregelt werden. Vorgeschrieben werden soll auch für beide Stufen eine jährliche Fortbildung der Tierhalter zu Tierschutzthemen.

Zurückhaltend zu den Kriterien äußerten sich CDU-Agrarier. Bislang sei offen, wie das staatliche Tierwohllabel konkret umgesetzt, wie es finanziert und wie die Marktfähigkeit sichergestellt werden soll, gaben Britta Connemann und Franz-Josef Holzenkamp zu bedenken. Die Unionspolitiker gehen davon aus, dass die mit den prognostizierten Mehrkosten von 20 % verbundene Summe von mehr als 1,5 Mrd. Euro pro Jahr für die Umsetzung des Labels nicht am Markt erwirtschaftet werden kann. Die Landwirte benötigten daher ein verbindliches Finanzierungskonzept. Auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) bezweifelte, dass die Mehrkosten von 20 % für die Labelproduktion ausreichend seien.  

Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff bezeichnete Schmidts Konzept eines freiwilligen Labels als „Feigenblatt, um die gesellschaftliche Diskussion zu befrieden“.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) forderte, dass jetzt  kurzfristig auch Klarheit zur Organisationsform bei der Umsetzung geschaffen werden müssse. AgE/CDL