Aktion In den Wahlkampf zur Kommunalwahl kommt mit der anhaltenden Preiskrise ein sehr ernstes Anliegen. Auf dem Betrieb von Familie Lüken in Utarp wurde es dennoch farbenfroh und somit öffentlichkeitswirksam präsentiert.
Farbe bekennen sollten einige Wochen vor der Wahl vor allem die Kommunalpolitiker: Auf Einladung des Wittmunder Landvolkes traf man sich dazu auf dem Betrieb von Dagmar und Günter Lüken in Utarp, Kreis Wittmund.
Um Aufmerksamkeit zu wecken (und schöne Bilder zu schlechten Milchpreisen zu liefern), hatten die beiden Kinder der Betriebsleiterfamilie, Lenke und Lennart, einige der 180 Milchkühe mit Holi-Pulver in den Farben der politischen Parteien besprüht. Das Pulver besteht aus bunt gefärbtem Mehl und lässt sich problemlos wieder entfernen.
„Wir sehen derzeit rot!“
Vor der Kulisse, die Bildjournalisten und Kameraleute begeisterte, trafen Vertreter von Junglandwirten, Landfrauen und Landvolk mit Mandatsträgern der politischen Parteien im Harlingerland zusammen, um über die Folgen der anhaltend niedrigen Preise zu diskutieren. Kreislandvolkvorsitzender Manfred Tannen schilderte die Sorgen und Ängste und stellte zugleich einen Positions- und Forderungskatalog vor. „Wir von den grünen Berufen sehen derzeit rot. Wir machen uns große Sorgen um die Existenz unserer Familienbetriebe. So eine kritische Situation, deren Ende nicht abzusehen ist, hatten wir noch nie“. Landvolkgeschäftsführer Heinz-Hermann Hertz-Kleptow ergänzte: „Von der Preismisere vor allem betroffen sind die Futterbaubetriebe; die Halbierung der Auszahlungspreise für Milch können sie einfach nicht auffangen“.
Die Kreislandfrauenvorsitzende Hermanda Harms beklagte, dass die Landwirtschaft immer mehr zum Spielball der politischen Parteien geworden sei. Als Beispiele nannte sie Rechtsvorschriften, Erlasse und Dokumentationspflichten. Und dann könnten jeden Tag Vertreter von bis zu 13 Behörden unangemeldet auf den Höfen erscheinen. Und das alles in Zeiten, wo ein Liter Milch weniger Geld bringe, als das Pfand für eine Plastikflasche.
Ehrliche Diskussion
Renke Wilken von den Junglandwirten wünschte sich endlich wieder bessere Perspektiven für die Hofnachfolger. Er mahnte zugleich eine ehrliche Diskussion an, die sich an nachhaltigen und umsetzbaren Lösungen orientieren müsse; populistische Forderungen würden nicht helfen. Hausherr Günter Lüken (155 ha LN, 180 Kühe plus Nachzucht) hat seinen Hof in den vergangenen Jahren mit hohen Investitionen auch in den Bereichen Tier- und Umweltschutz fit gemacht und steht jetzt mit dem Rücken an der Wand: Bei einem Grundpreis von aktuell unter 20 Cent schreibt er Tag für Tag tiefrote Zahlen.
Die Kommunalpolitiker zeigten Verständnis und zollten der Landwirtschaft in Ostfriesland ihre besondere Wertschätzung, auch zur Erhaltung einer gepflegten Kulturlandschaft: Die Landwirtschaft sei und bleibe das Rückgrat des ländlichen Raumes in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht. Sie untermauerten ihre Bereitschaft zum Dialog vor Ort.
Die will das Landvolk gerne weiter nutzen. Man erwartet jetzt für einen längeren Zeitraum einen Aufschub für Auflagen und Dokumentationspflichten. Tannen: „Das können die Betriebe jetzt schlicht und einfach nicht leisten. Und diese Forderung gilt auch für gegenwärtig diskutierte Änderungen im Düngerecht zur Gülle- und Silolagerung sowie für die Umsetzung des regionalen Raumordnungsprogramms“.
Jan-Gerd Ahlers