Fortschritt kommt von innen

Fortschritt kommt von innen -

Tarmstedt Mit dem DBV-Präsidenten Joachim Rukwied hatten die Veranstalter der Tarmstedter Ausstellung wieder einen prominenten Festredner verpflichtet, der zudem vielen Landwirten aus der Seele sprach. Klare Worte zum Nachdenken gab es aber auch vom Schirmherren, Rotenburgs Landrat Hermann Luttmann. Wir fassen wesentliche Aussagen aus beiden Reden zusammen.

Sein Bauernherz habe höher geschlagen, als er über die Messe zum Festzelt ging, sagte Joachim Rukwied, gewann damit die Zuhörer und konnte gleich den Bogen zu seiner Kernbotschaft schlagen: Die Ausstellung zeige, wie sich die Landwirtschaft ständig weiterentwickelt – „und zwar von innen heraus, ohne dazu Anleitungen von außen zu brauchen“.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) machte dann deutlich, dass die Landwirtschaft die öffentliche Diskussion annehme. „Wir sind bereit, Dinge weiter voran zu bringen, gehen aber nicht mit einer demütigen Haltung in diese Diskussion“, forderte er zu einer selbstbewussten Haltung auf. Immer gehe es dabei auch um bäuerliche Grundwerte und Grundüberzeugungen, zum Beispiel beim Verhältnis zwischen Eigentum und Naturschutz.

Auf den Milchmarkt ging Rukwied ausführlich ein. Er forderte, die Superabgabe 2014/15 für eine europäische Exportoffensive einzusetzen. Die Verstärkung des Exports und eine verbesserte Markt-erschließung in Drittländern seien dabei wichtige Bausteine. Staatlichen Eingriffen in die Produktionsentscheidungen der Erzeuger erteilte er erneut eine Absage. „Die kritische Situation am Milchmarkt können wir nicht mit den Instrumenten aus der agrarpolitischen Vergangenheit lösen“, betonte der DBV-Präsident. „So klar, wie wir den Markt annehmen, fordern wir aber auch Unterstützung, wenn die Politik aus übergeordneten Erwägungen in diesen Markt eingreift“, sagte der Redner in Bezug auf das Russlandembargo, das nach Einschätzung von Marktexperten für einen Rückgang der Erzeugerpreise bei Milch um bis zu vier Cent verantwortlich sei, sich aber auch auf den Schweinefleischpreis auswirke.

Nach den Stichworten Düngeverordnung, Tierwohl, Pflanzenschutz und FFH-Fitness-Check sagte Rukwied, er sei davon überzeugt, dass Landwirtschaft eine Zukunftsbranche ist. „Ob das auch für uns in Deutschland gilt, hängt aber auch von der Begleitung durch Politik und Gesellschaft ab“, schloss er.
Diese Begleitung bot Landrat Hermann Luttmann in seiner Eröffnungsrede als Schirmherr der Ausstellung unmissverständlich an. Er verteidigte zunächst die Landwirte gegen die Stigmatisierung als Tierquäler und Umweltverschmutzer, redete ihnen dann aber auch ins Gewissen: „Die Bauern können nicht wollen, dass am Ende immer Peta und der BUND über schwarze Schafe in ihren Reihen informieren“, sagte der CDU-Politiker. Blühstreifen und Tage des offenen Hofes seien zwar sehr wichtig. Aber ihm als Kommunalpolitiker bereiteten zwei Probleme ernste Sorgen: der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und die Nitratbelastung des Grundwassers, die in seinem Landkreis als „fast flächendeckend hohe Werte“ aufweise. Hier sei unverzügliches Handeln erforderlich, auch wenn dazu eine Menge Geld in die Hand genommen werden müsse.

Eine Abfuhr erteilte Luttmann allen Plänen, auf Exporte zu verzichten. „Wer das fordert, hat die Zeichen die Zeit nicht verstanden. Wir brauchen den Export für die ländliche Entwicklung.“ Damit die Rechnung aber aufgehen könne, müsse sich die Landwirtschaft nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch weiterentwickeln.
Ralf Stephan