Gericht: Wiederansaat hat keine Eile

Gericht: Wiederansaat hat keine Eile - Foto: landpixel/Mühlhausen
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Dauergrünland In einem Eilverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschieden, dass ein Landwirt sein angeblich illegal umbrochenes Dauergrünland nicht sofort neu ansäen muss. Die Begründung: unter anderem das EU-Recht.

Ein Landwirt, der 2015 angeblich unerlaubt Grünland umbrochen hat, muss diese Fläche nicht sofort wieder ansäen. So hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg kürzlich in einem Eilverfahren entschieden. Die LWK Niedersachsen hatte ihm im April 2017 nach zwei schriftlichen Anhörungen per Bescheid die gesamte Greeningprämie für die Fläche im Antragsjahr 2015 gestrichen. Außerdem verpflichtete die Kammer den Landwirt zur Wiederansaat der Fläche bis spätestens zum 15.5.2017. Um die unverzügliche Wiederansaat sicherzustellen, ordnete sie außerdem die sofortige Vollziehung dieser Verpflichtung an.

Beschwerde erfolglos
Gegen diesen Bescheid klagte der Landwirt im Mai 2017 vor dem Verwaltungsgericht Stade und beantragte zugleich einstweiligen Rechtsschutz gegen die Verpflichtung zur sofortigen Wiederansaat bis zum Abschluss des Klageverfahrens. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht im August statt. Die Beschwerde der LWK gegen diesen Beschluss hatte keinen Erfolg – das OVG bestätigte die Entscheidung.

Die Begründung des Gerichts: Es besteht im vorliegenden Fall kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Wiederansaat, da keine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt. Diese, so das Gericht, lässt sich nur der Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (§ 22 S. 1) entnehmen: Danach muss ungenehmigt umgewandeltes Dauergrünland bis spätestens zum 15. Mai des jeweiligen Jahres wieder angelegt werden. Höherrangige Vorschriften, wie das Direktzahlungen-Durchführungsgesetz oder EU-Verordnungen, enthalten hingegen keine vergleichbaren Fristen zur Rückumwandlung. Es reicht aber, so die Richter, nicht aus, die Eilbedürftigkeit allein auf eine nationale Rechtsverordnung zu stützen, die im Rang unter einem nationalen Gesetz und unter dem EU-Recht steht.

OVG pocht auf EU-Recht
Das OVG macht insbesondere darauf aufmerksam, dass die maßgeblichen europäischen Verordnungen unterscheiden zwischen
umweltsensiblem Dauergrünland (in FFH- und Vogelschutzgebieten)
und sonstigem, nicht umweltsensiblem Dauergrünland.
Nur umweltsensibles Dauergrünland muss demnach sofort nach einem ungenehmigten Umbruch rückumgewandelt werden. Für sonstiges Dauergrünland gibt es eine solche Verpflichtung im EU-Recht nicht. Da es in dem vorliegenden Fall um nicht umweltsensibles Dauergrünland gehe, sei eine sofortige Rückumwandlung nach Ansicht des OVG somit nicht erforderlich.
Das Gericht geht sogar noch weiter: Nach dem europäischen Recht seien die EU-Mitgliedstaaten – und damit auch der deutsche Gesetzgeber – noch nicht einmal verpflichtet, überhaupt eine Rückumwandlung von unerlaubt umbrochenem, nicht umweltsensiblem Dauergrünland anzuordnen, solange der Dauergrünlandanteil nicht um mehr als 5 % im Vergleich zum maßgeblichen Referenzwert abgenommen habe.

Die Mitgliedstaaten könnten zwar vorschreiben, dass nicht umweltsensibles Dauergrünland nicht ohne vorherige Genehmigung umgewandelt werden darf. Das EU-Recht enthalte aber keine Bestimmungen hinsichtlich einer Rückumwandlung.

Demnach komme es entscheidend darauf an, ob über den Umbruch von umweltsensiblem oder sonstigem Dauergrünland gestritten wird. Die Direktzahlungen-Durchführungsverordnung berücksichtige diese wichtige Unterscheidung allerdings gerade nicht. Sie stehe sogar im Widerspruch zum höherrangigen europäischen Recht, da sie bezüglich der Frist zur Rückumwandlung von nicht umweltsensiblem Dauergrünland eine schärfere Vorgabe enthalte als für die Rückumwandlung umweltsensiblen Dauergrünlands.

Nicht ohne Genehmigung
Nun hatte das OVG im konkreten Fall nur über die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rückumwandlungsverpflichtung zu entscheiden. Daraus lässt sich keinesfalls ableiten, dass nicht umweltsensibles Dauergrünland künftig grundsätzlich ohne Genehmigung umbrochen werden darf.
Ob der Kläger doch noch wieder ansäen muss und ob die Kürzung bzw. Ablehnung seiner Greeningprämie rechtmäßig war, wird das Verwaltungsgericht Stade im sog. Hauptsacheverfahren entscheiden.

Das OVG hat hierzu allerdings schon angemerkt, dass die Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung zweifelhaft sein könnte, da die Wiederansaatverpflichtung nicht vom europäischen oder bundesdeutschen Gesetzgeber, sondern nur vom Bundesministerium in einer einfachen Rechtsverordnung erlassen wurde. Nach dem Grundgesetz müssen aber Vorschriften, die entscheidend in Grundrechte eingreifen, vom parlamentarischen Gesetzgeber oder dem EU-Gesetzgeber verabschiedet werden.
Beschluss vom 25.9.2017, Az.:10 ME 76/17. –
Kristin Hühnken, Landvolk-Verbund Grünes Dreieck