Umsetzung Die neue EU-Verordnung zu den Direktzahlungen ab 2015 verweist bei vielen Umsetzungsdetails auf noch folgende delegierte Rechtsakte der Kommission. Die ersten Entwürfe legt die Generaldirektion Landwirtschaft der
EU-Kommission derzeit den Mitgliedstaaten vor, und es kommt, wie es kommen musste: Die Kommission hält unvermindert an ihrer Extensivierungs- und Stilllegungslogik beim Greening fest. Unser Bericht gibt einen Überblick über den aktuellen Stand.
Zahlreiche Hürden, die nach den Trilogverhandlungen beiseite geräumt schienen, sind plötzlich wieder in der Diskussion. Zu den Kernanforderungen an das Greening zählen Anbaudiversifizierung, Dauergrünlanderhalt und Flächennutzung im Umweltinteresse (siehe LAND & Forst Nr. 43, Seite 11).
Anbaudiversifizierung
Für die Kalkulation der Flächenanteile einzelner Kulturen darf auf Vorschlag der Kommission jeder Hektar nur einmal herangezogen werden, Landschaftselemente müssen vorab nicht aus der förderfähigen Fläche herausgerechnet werden. Diese Regelung ist hilfreich, sofern es darum geht, die „kleinste“ Kultur mit mindestens 5 % nachzuweisen, aber weniger hilfreich bei Hauptkulturen mit 75 % der Ackerfläche. Wenn ein Schlag mit mehreren Kulturen bestellt ist, diese in unterschiedlichen Reihen wachsen und jede Kultur mindestens 25 % der bewirtschafteten Fläche bedeckt, zählen diese als eigenständige Kulturen. Flächen, die mit einer Hauptkultur und einer Untersaat bestellt sind, werden bei dieser Berechnung als eine einzelne Kultur (Hauptkultur) angesehen. Mischkulturen sollen als eine zählen.
Dauergrünlanderhalt
Zum Dauergrünlanderhalt: Bei der Kalkulation des neuen Referenzverhältnisses von Dauergrünland zu Ackerland auf der Basis des Antragsjahrs 2012 werden Flächen von Teilnehmern an der Kleinlandwirteregelung und von Betrieben des ökologischen Landbaus (teilweise) nicht mit berücksichtigt. Sofern ein Landwirt nach 2012 eine „Dauerweide“ für andere Nutzungen umgewandelt hat, bleibt dies bei der Kalkulation ebenfalls „außen vor“, sofern derselbe Landwirt auf dem Betrieb wieder eine gleichwertige Hektarzahl „Dauerweide“ angelegt hat. Was bei einem Ackerstatustausch zwischen zwei Landwirten nach 2012 passiert, klärt der delegierte Rechtsakt zunächst nicht. Sollte das Dauergrünland um mehr als 3,5 % zum neuen Referenzverhältnis abnehmen, müssen die Mitgliedstaaten individuelle Auflagen für Landwirte in Kraft setzen, die Dauergrünland ohne vorherige Genehmigung umgewandelt haben.
Umweltsensibles Dauergrünland außerhalb von Natura 2000-Gebieten soll auf Basis von einem oder mehreren der folgenden Kriterien ausgewiesen werden:
- Flächen mit hohem Prozentsatz an organischer Substanz
- Biotope nach Anhang I der FFH-Richtlinie oder nach nationalem Recht geschützte Biotope
- Flächen mit geschützten Pflanzen nach Anhang II der FFH-Richtlinie oder nach nationalem Recht geschützte Pflanzen
- Flächen mit erheblicher Bedeutung für Vogelarten des Anhangs I der EU-Vogelschutzrichtlinie
- Flächen mit erheblicher Bedeutung für nach FFH-Richtlinie oder nach nationalem Recht geschützte Tierarten
- Dauergrünland mit „hohem Naturschutzwert“
- Böden mit hohem Erosionsrisiko.
Die Mitgliedstaaten können jedes Jahr über eine Ausweitung der in Frage kommenden Gebiete neu entscheiden.
Umweltinteresse
Die Liste der potenziellen Flächen im Umweltinteresse wird mittels Umrechnungs- und Gewichtungsfaktoren in Quadratmeter ökologischer Vorrangfläche (siehe Kasten) umgerechnet. Auf Brach-/Stilllegungsflächen darf während der gesamten Vegetationsperiode keine landwirtschaftliche Produktion erfolgen. Eine Wildblumenmischung mit besonderem Nutzen für Insekten und Feldvogelarten kann angelegt werden. Stellen mit unkultivierten nassen und sumpfigen Flächen sind als Brachflächen anzusehen. Terrassen, die unter Cross Compliance-Schutz stehen, werden anerkannt, ebenso weitere Terrassen, wobei der Mitgliedstaat dazu nähere Kriterien festlegt. Als anerkennungsfähige Landschaftselemente gelten alle Elemente, die unter dem Schutz von Cross Compliance stehen, sowie darüber hinaus:
- Hecken bis zur Breite von sechs Metern,
- Knicks/Wallhecken und Baumstreifen an Gewässern mit einer Breite zwischen sechs und zehn Metern,
- Einzelbäume mit einem Kronendurchmesser von mindestens vier Metern,
- Baumreihen mit Kronendurchmessern von mindestens vier Metern, deren Kronen miteinander verbunden sind,
- Baumgruppen mit überlappenden Kronen und Büsche/Wäldchen bis 0,3 ha,
- Feldränder mit einer Breite zwischen einem und zehn Metern, auf denen keine landwirtschaftliche Produktion stattfinden darf, die Anlage einer Wildblumensaatmischung ist möglich,
- Teiche/Tümpel von Naturwert bis zu einer Größe von maximal 0,1 ha, der Mitgliedstaat legt die „Naturwertkriterien“ fest,
- Gräben mit einer maximalen Breite von sechs Metern inklusive offener Bewässerungskanäle und
- traditionelle Steinwälle nach vom Mitgliedstaat festgelegten Kriterien.
Pufferstreifen laut Cross Compliance entlang von Gewässern und andere Pufferstreifen zählen zur ökologischen Vorrangfläche, wobei der Mitgliedstaat deren Mindestbreite festlegt, ein Meter darf nicht unterschritten werden. Die Längsseite der Pufferstreifen muss parallel zu einem Gewässerlauf oder einem Gewässer verlaufen, sie können Streifen einer Ufervegetation bis zu einer Breite von zehn Meter umfassen. Eine landwirtschaftliche Produktion ist hier nicht erlaubt. Die Anlage einer Wildblumensaatmischung auf Pufferstreifen ist möglich. Der Mitgliedstaat kann jedoch eine Beweidung oder Mahd zur Futternutzung zulassen, wenn gewährleistet ist, dass die Pufferstreifen von der anliegenden Ackerfläche zu unterscheiden sind. Anrechenbare Agroforstflächen müssen ebenso wie aufgeforstete Flächen über den ELER gefördert worden sein.
Keine Produktion
Auf Streifen förderfähiger Flächen entlang von Waldrändern darf keine landwirtschaftliche Produktion erfolgen, mit Ausnahmen bei der Beweidung und der Mahd zur Futternutzung. Kurzumtriebsplantagen können obligatorische Vorrangflächen darstellen, wenn es sich um lineare Streifen von maximal zehn Meter Breite handelt und keine Mineraldünger oder Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen. Es muss sich bei den Baumarten um heimische Arten handeln.
Bei Flächen mit Zwischenfrüchten oder Grünbedeckung muss der Anbau über die Anforderungen von Cross Compliance in Bezug auf die Nitratrichtlinie hinausgehen. Die Aussaat muss als „Mischkultur“ erfolgen, wobei die Mitgliedstaaten die Regeln für anzuwendende Saatmischungen und für den Zeitraum der Aussaat der Zwischenfrüchte und Gründecken festlegen. Der festgelegte Zeitraum darf aber nicht über den 1. Oktober hinaus gehen, angebaute Winterkulturen werden damit nicht als Zwischenfrüchte anerkannt. Auch als äquivalente Agrarumweltmaßnahmen soll der Zwischenfruchtanbau ausgeschlossen sein.
Flächen mit Stickstoff bindenden Pflanzen kommen als ökologische Vorrangflächen nur in Betracht, wenn es Kulturen mit begrenzter Pflanzenschutzmittelanwendung und ohne Düngung sind. Die Kulturliste wird vom Mitgliedstaat festgelegt. Die Pflanzen sollen während der gesamten Wachstumsperiode auf der Fläche stehen, auch hier soll die Einbringung über äquivalente Agrarumweltmaßnahmen nicht zum Zuge kommen. Jeder Landwirt kann dieselbe Fläche oder dasselbe Landschaftselement in einem Antragsjahr nur einmal als ökologische Vorrangfläche einbringen.
Unübersichtliche Details
Die vorgelegten Detailregelungen der Kommission zum Greening sind „ernüchternd“ bis nicht akzeptabel. Die immer wieder versprochene Möglichkeit des Anbaus landwirtschaftlicher Kulturen auf Vorrangflächen findet sich nur ansatzweise und mit starken Einschränkungen wieder. Beispielsweise schränkt die Vorgabe, dass Leguminosen während der gesamten Wachstumsperiode auf der Ackerfläche verbleiben müssen, das Anbauspektrum von vornherein ein. Erbsen kommen so zum Beispiel nicht mehr in Betracht.
Bei den Landschaftselementen gibt es künftig zwei Kategorien: Die einen sind beihilfefähig und zugleich als ökologische Vorrangfläche anrechnungsfähig, andere sind nur anrechnungsfähig. Zudem gibt es unterschiedliche Vorgaben zur Größe der Landschaftselemente mit Blick auf Beihilfefähigkeit und Anrechnungsfähigkeit. Das macht die Sache sehr unübersichtlich. Bei den Vorgaben für umweltsensibles Dauergrünland innerhalb, aber auch außerhalb von Natura 2000-Gebieten kommen weitere Hürden auf die Landwirtschaft zu.
Die bisher vorgelegten delegierten Rechtsakte werden auch im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) unter den Mitgliedstaaten bereits äußerst kritisch diskutiert. Artikel 55 der neuen Direktzahlungenverordnung legt die Bedingungen fest, unter denen die Kommission delegierte Rechtsakte erlassen kann. Dies betrifft sowohl die Laufzeit der Befugnis als auch das Widerrufsrecht durch Rat und Parlament und auch das Inkrafttreten des delegierten Rechtsaktes. Danach kann ein erlassener delegierter Rechtsakt vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden, sofern er nicht bereits Rechtskraft erlangt hat. Rat und Parlament können innerhalb von zwei Monaten nach Übermittlung des Rechtsaktes Einwände erheben. Diese Frist kann auf Initiative des Rats oder Parlaments um weitere zwei Monate verlängert werden. Sollte allerdings dieser Fall eintreten, würde die Umsetzung der GAP komplett aus dem Ruder laufen!
Dr. Wilfried Steffens, Landvolk Niedersachsen
Ana-Lena Niehoff, LWK Niedersachsen