Landtag Das Ergebnis dieser Landtagswahl hat es in sich: Die SPD schnitt besser ab als vor viereinhalb Jahren, verliert aber ihren grünen Koalitionspartner. Damit wäre jetzt der Weg frei für einen Wechsel in der Agrarpolitik.
Am Wahlabend sah es einmal ganz kurz so aus, als könnte Rot-Grün mit einer Stimme Mehrheit weiterregieren. Die Hochrechnung blieb eine Momentaufnahme, denn das vorläufige Endergebnis besagt: Die Niedersachsen haben das letzte rot-grüne Bündnis in einem Flächenland abgewählt.
Die Niederlage geht auf die Kappe der Grünen. Die Partei von Agrarminister Christian Meyer verlor gegenüber 2013 landesweit fünf Prozent. Somit reichte es nicht zum Weiterregieren, obwohl die SPD mehr als vier Prozent zulegte und stärkste Kraft vor der CDU wurde, die fast zweieinhalb Prozent verlor.
Rechnerisch möglich sind nun eine Große Koalition aus SPD und CDU, ein Ampel-Bündnis von SPD, FDP und Grünen sowie eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen. Die FDP schloss eine Ampel-Koalition sofort aus. „Darüber reden wir gar nicht mehr“, sagte FDP-Agrarsprecher Hermann Grupe der LAND & Forst, „wir wollen einen Politikwechsel und nicht Mehrheitsbeschaffer für eine abgewählte Regierung sein.“
Auch eine Jamaika-Koalition schloss Grupe aus, der in seinem Wahlkreis Holzminden mit 9,6 % der Erststimmen mehr als sechs Prozent zulegen konnte und über die Landesliste in den neuen Landtag einzieht. Im selben Wahlkreis trat auch Minister Meyer an. Er verlor ein Prozent, ist aber über die Landesliste abgesichert.
Bleibt die FDP bei ihrer Ablehnung, kommt nur eine Große Koalition aus SPD und CDU in Frage. Dann hätte Barbara Otte-Kinast gute Aussichten, für die CDU das Agrarressort zu übernehmen. Darauf setzt die Landwirtin aus Bad Münder, die von CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann in sein Kompetenzteam berufen worden war. „Ich habe mit vielen Menschen gesprochen, die auf einen Wechsel gehofft haben, weil im Agrarbereich mächtig was schief läuft“, sagte sie am Wahlabend.
Einen herben Schlag muss dagegen Schatten-Umweltminister Frank Oesterhelweg verkraften: Der 55-Jährige verlor das CDU-Direktmandat im Wahlkreis Wolfenbüttel, das er seit 2003 innehatte. Die Ursache für das schlechte Ergebnis im Land sieht er auf Bundesebene: „Die Wähler wollen Kanzlerin Merkel einen Denkzettel verpassen.“ Der Landwirt bleibt aufgrund seines Listenplatzes im Landtag. Er habe die Unterstützung des organisierten Berufstandes während des Wahlkampfes vermisst, sagte er der LAND & Forst.
Landvolkpräsident Werner Hilse übermittelte allen gewählten Abgeordneten Glückwünsche. Dem Wahlsieger Stephan Weil komme jetzt als erstem die verantwortungsvolle Aufgabe zu, eine stabile Regierungskoalition zu bilden, sagte Hilse. Die deutlichen Stimmenverluste der Grünen von mehr als einem Drittel wertete er als eindeutige Absage an ihren agrarpolitischen Stil. Hilse forderte die Rückkehr zu einem auf gegenseitiger Achtung basierenden Umgang. „Niedersachsens Landwirte und ihre Familien und Mitarbeiter dürfen zu Recht mehr Respekt und Anerkennung erwarten, dies schließt auch die Menschen im gesamten ländlichen Raum mit ein“, sagt Hilse.
Aufgrund des hohen Stellenwertes für die Wirtschaftskraft in den ländlichen Regionen setzte sich der Präsident für fachlich fundierte und an wissenschaftlichen Fakten orientierte Entscheidungen ein. Er bot allen Parlamentarierinnen und Parlamentariern an, überall im Land in den agrar- und umweltpolitischen Gedankenaustausch und in den konstruktiven Dialog einzutreten.
Der Landesverband der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sieht im Wahlergebnis „mitnichten eine Absage an die sanfte Agrarwende“. Die CDU solle sich auf frühere agrarpolitischen Ansätze besinnen, heißt es in einer Presseverlautbarung unter Hinweis auf Agrarminister Lindemann. Auch die Grünen müssten ihre Haltung überprüfen: Zu viele Grüne würden mit polemisch-populistischen Begriffen und Vorschlägen die Bauern vor den Kopf stoßen, um Teile ihrer städtischen Klientel zu bedienen.
ste/sl