Rade Der Start in die Apfelsaison war trotz Sonne nicht ungetrübt:
Kritik am Schulapfelprogramm und an der Sondergebietverordnung Altes Land, bestimmten den Auftakt auf dem Obsthof Viets in Neu Wulmstorf-Rade.
Mit Prominenz aus Politik und Wirtschaft wurde auf dem Obsthof Viets die niedersächsische Apfelsaison eröffnet. Seit 53 Jahren bauen Claus Viets und seine Familie am Rande des Alten Landes Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen und Beerenobst für die Direktvermarktung und den Handel an. Ein besonderer Dank des Betriebsleiters galt den Handballerinnen des BSV Buxtehude, die mit sportlichem Rahmenprogramm die Werbung für das Alte Land und seine Äpfel unterstützen – und es dank der vielen Vitamine in die erste Liga geschafft hätten.
Ernste Worte fand Hilke Ehlers, Geschäftsführerin des Fördervereins integriertes Obst aus dem Alten Land. Vor der traditionellen Apfelspende, die in diesem Jahr an den Verein Kinder Licht, die Grundschulen Neugraven und Ronneburg sowie die Kita Kobolde ging, äußerte sie harsche Kritik am niedersächsischen Agrarministerium. Dieses habe sie aus dem Schulobstprogramm gedrängt. Wegen der „einseitigen“ Lieferung – ausschließlich Äpfel – wurden 40 Prozent der Förderung abgezogen. Das habe das Aus ihres Engagements für Niedersachsen bedeutet, in Hamburg liefert der Verein weiterhin an 80 begeisterte Abnehmer. Neben Obst fänden sich, dank der geforderten Vielfalt, nun Fenchel und Porree in den niedersächsischen Lieferungen, kritisierte Ehlers. Das kostenlose Verteilen von Obst vermittle zudem schon den Kleinsten eine gewisse „Wertlosigkeit“.
Für eine stärkere Wertschätzung der Äpfel, die im Alten Land unter vorbildlichen sozialen und ökologischen Bedingungen angebaut würden, machte sich auch der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau im Landvolk, Ulrich Buchterkirch, stark und fand deutliche Worte gegenüber der Politik: „Haben Sie endlich den Mut dazu, zu sagen, dass Sie stolz auf die deutsche Landwirtschaft sind“. Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sei so jemand, der zeige, wie es gehen könne. Er habe den Prozess der Umgestaltung der Pflanzenschutzverordnung maßgeblich begleitet und dabei einen Satz geprägt, den Buchterkirch immer wieder gerne verwendet: „Ziel muss es sein, Ökologie und Ökonomie miteinander zu verbinden“. Die neue Verordnung schaffe genau das. Dabei sei die Technik stark in den Vordergrund gerückt – sei es bei der Abdriftminderung oder beim Recycling von Pflanzenschutzmitteln. Dass aus dem Gebietsmanagement das beiderseits gewünschte Regionalmanagement werde, das den gesamten Kulturraum Altes Land berücksichtigt, sah Buchterkirch leider in weite Ferne rücken.
Das Alte Land müsse Aushängeschild für die Region bleiben. Die Pflanzenschutzverordnung könne dazu führen, dass das Gebiet ein Leuchtturmprojekt für ganz Europa werde. Nur eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit zwischen den beiden grünen Ministerien (Anm. der Redaktion: Umwelt- und Agrarministerium) könne dazu führen, dass die Systemumstellung zu meistern sei. Wenzel solle darauf achten, dass die zugesagten finanziellen Mittel auch wirklich zur Verfügung gestellt werden.
Wenzel sagte diese Unterstützung zu. Die neu gestaltete Sondergebietsverordnung beim Bund durchzubekommen, sei ein Kraftakt gewesen. „Wir wollen das wuppen und Sie unterstützen“, versicherte er. Die neue Verordnung müsse jetzt mit Leben gefüllt werden. Nach dem offiziellen Saisonstart bewunderten die Teilnehmer die Äpfel in den Plantagen. Die 650 Obstbauern an der Niederelbe erwarten eine Ernte von rund 245.000 Tonnen. Das liegt im „guten normalen Bereich“ – was die Obstbauern auf höhere Preise setzen lässt. „Die Qualität ist gut“, freut sich Claus Viets und hofft auf einen sonnigen Herbst.
Vienna Gerstenkorn