Komensation wird zur Hängepartie

Komensation wird zur Hängepartie - Foto: landpixel
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Zeitplan Die Kompensationsverordnung entwickelt sich zunehmend zur politischen Hängepartie. Entgegen den bisherigen Ankündigungen aus den zuständigen Bundesressorts wird die Regierung kurzfristig keinen Verordnungsentwurf vorlegen.

Bundesumweltminister Peter Altmaier stellte jetzt auf Nachfrage einen Entwurf seines Hauses für „diesen Herbst“ in Aussicht. Kabinettskollegin Ilse Aigner hatte demgegenüber noch vor wenigen Wochen auf dem Deutschen Bauerntag von „Juli“ gesprochen. Zuvor war von Frühsommer die Rede gewesen. Dem Vernehmen nach will das Umweltressort zunächst ein Papier über die Kerninhalte der Kompensationsverordnung veröffentlichen, bevor die erforderlichen Rechtsvorschriften erarbeitet werden. Offenbar besteht im federführenden Bundesumweltministerium auf Fachebene nur geringes Interesse an einer zügigen Umsetzung des politischen Auftrags.

„In der Verordnung regeln wir, ob und wie der Flächenverbrauch – zum Beispiel für den Trassenbau – an anderer Stelle mit der Stilllegung von Feldern ausgeglichen werden muss“, erklärte Altmaier. Der Minister äußerte zugleich Verständnis für Befürchtungen der Landwirtschaft, die Energiewende werde den Flächenverbrauch weiter anheizen: „Es kann nicht sein, dass immer weniger Fläche für die Bauern zur Verfügung steht und die Pachten deshalb immer kostspieliger werden.“ Die Landwirtschaft dürfe durch die Energiewende „nicht unzumutbar beeinträchtigt werden“. Sein Ziel sei es, den Anliegen des Naturschutzes Rechnung zu tragen, „ohne damit in Konflikt mit den Interessen der Bauern zu geraten“, betonte der CDU-Politiker. Dabei müsse man auch über die Entschädigungsregelungen reden. Allerdings seien die finanziellen Spielräume hierfür „überschaubar“.
Die Kompensationsverordnung soll dazu beitragen, die Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Flächen „auf das unbedingt notwendige Maß“ zu begrenzen, heißt es in der von Ministerin Aigner Anfang dieses Jahres vorgelegten Charta für Landwirtschaft und Verbraucher. Konkret sollen insbesondere für die Umsetzung der mit dem Inkrafttreten der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 2010 eingeführten „Agrarklausel“ Kriterien für eine bessere und bundeseinheitliche Handhabbarkeit geschaffen werden. Nach dieser Klausel ist bei der Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen. Für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden sollen „nur im notwendigen Umfang“ genommen werden. Darüber hinaus ist laut Bundesnaturschutzgesetz vorrangig zu prüfen, „ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen“ erbracht werden kann.

Nur einheitliche Standards für diese gesetzlichen Vorgaben gewährleisten deren Anwendung in der Praxis. Zwar gibt es eine Vielzahl von positiven Beispielen für eine landwirtschaftsverträgliche Umsetzung der Eingriffsregelung. Demgegenüber stehen verbreitete Klagen über eine nicht mehr hinnehmbare Beanspruchung landwirtschaftlicher Flächen für Ausgleichsmaßnahmen zu Lasten der Betriebe. Dringender Handlungsbedarf ergibt sich aus dem anstehenden Ausbau der Übertragungsnetze im Zuge der Energiewende. Den schleppenden Fortgang bei der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben werten Beobachter als Indiz für generelle Vorbehalte auf Seiten des Naturschutzes vor allem gegen produktionsintegrierte Maßnahmen“ zum Ausgleich von Eingriffen.

Diese Vorbehalte, so die Vermutung, würden auch von Teilen der Fachebene im Umweltministerium geteilt. Vereinzelt ist von einer „Blockadehaltung“ zuständiger Fachbeamter die Rede. Keinerlei Chancen gibt es indes für eine Gleichstellung von Ersatzgeld und Realkompensation, wie sie die FDP und das Land Niedersachsen fordern. Eine solche Regelung würde nach Auffassung der Bundesregierung die Energiewende behindern, weil das Ersatzgeld von einem Teil der Länder abgelehnt werde und damit ein bundeseinheitlicher Vollzug unmöglich sei. Zudem gebe es naturschutzfachliche und verfassungsrechtliche Bedenken.
AgE