EIN KOMMENTAR von Gabi von der Brelie Die große Euphorie über die
bisherige Einigung zur Agrarreform ab 2014 ist rasch verflogen. Jetzt
kommt der Blick ins Kleingedruckte und der offenbart einige große, aber
auch viele kleine Einschnitte bei den Zahlungen der EU-Kasse an die
Bauern. Ein erster „Kassensturz“ unter Berücksichtigung der bislang
vorliegenden Details belegt: Die Betriebsprämie könnte im
Auszahlungswert für die hiesigen Landwirte die Hälfte ihres Wertes
verlieren (siehe dazu Seite 10 bis 13). Den dicksten Brocken kassiert
die EU-Kommission u.a. mit dem Greening für die Umweltpolitik Ob der von
Agrarkommissar Dacian Ciolos so vehement verteidigte „grüne Anstrich“
der Reform tatsächlich der Natur zugutekommt, darf bezweifelt werden.
Die neue EU-Agrarpolitik trägt zugleich immer stärker die Handschrift
der Sozialpolitik: Ein Aufpreis für die ersten Hektar geht zu Lasten
größerer Betriebe, junge Landwirte sollen ebenso einen Bonus erhalten
wie traditionelle Landwirtschaftszweige in bestimmten Regionen. Damit
wird das Feld der klassischen Agrarpolitik, die sich an
wettbewerbsfähigen Betrieben ausrichten sollte, aufgegeben. Das in
Brüssel geschnürte Reformpaket konserviert bestehende Strukturen, es
vermittelt kaum Perspektiven für einen leistungsfähigen
Wirtschaftszweig, der sich für die Zukunft rüstet. Das Wunschkonzert
aller im Trilog-Prozess eingebundenen Akteure ist teuer geworden – es
wird sich mit Kürzungen bei allen Landwirten auswirken. Immer mehr
bewegt sich die EU-Agrarpolitik damit weg von einem einheitlichen Ansatz
und macht Sonderregeln zur Norm, sei es bei jungen Landwirten, solchen
mit geringer Fläche oder denen in benachteiligten Gebieten. Wenn dort
die Kasse klingelt, wird der zu verteilende Kuchen kleiner. Mit ihrem
letzten großen Einsatz auf EU-Ebene hat sich
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner eine gute Position für den
bayrischen Landtagswahlkampf verschafft. Viele der Brüsseler
Sonderreglungen passen haargenau für den Süden Deutschlands, Zweifel an
der langfristigen Rendite sind dennoch angebracht. Mit guten Vorschlägen
für Weidehaltungs- und andere Förderprogramme in der ländlichen
Entwicklung sollte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian
Meyer jetzt die Fakten akzeptieren und sich von dem Lamento über
Einschnitte an der zweiten Säule verabschieden. Nach den zermürbenden
Diskussionen auf EU-Ebene wollen die Betriebsleiter jetzt endlich den
Blick nach vorn richten.
Gabi von der Brelie