KOMMENTAR Liebe zum Land

KOMMENTAR Liebe zum Land - Gabi von der Brelie
Gabi von der Brelie

EIN KOMMENTAR von Gabi von der Brelie Das Leben auf dem Land hat viele Facetten. Glaubt man den bunten Magazinen in den großen Bahnhofskiosken, dann dienen Dörfer, Höfe und ländliche Traditionen leider nur noch als Requisite: für die angesagte Deko, für ländlich inspirierte Gärten oder die regionale Esskultur, alles möglichst individuell hergestellt.

Die Sehnsucht nach ländlicher Idylle war noch nie so ausgeprägt wie heute. Dabei steht die Romantisierung des Landes im krassen Gegensatz zu immer mehr High-Tech und technischen Raffinessen in unserem direkten Lebensumfeld. Regional erzeugte Lebensmittel werden im Weidenkorb verstaut, aber im Geländewagen mit Airbag, Sitzheizung, Navi und anderen technischen Finessen nach Hause in die Großstadt gefahren. Denn im Biedermeier der Neuzeit leben so viele Menschen wie nie zuvor in städtischen Metropolen.

Bei aller Lust am Land und dessen ansprechender Kulisse zählen im wahren Leben andere Werte. Zu stark ist für viele Menschen die Anziehungskraft potenzieller Arbeitgeber. Junge Familien wünschen sich wie auch immer mehr ältere Menschen eine gute Infrastruktur, wie wir in diesem Heft ab Seite 56 berichten. Wer sich dagegen in die Provinz begibt, muss auch über manches Versäumnis hinweg sehen können: Kinderkrippen, Schulen, Krankenhäuser, Ärzte, sie alle sind heute nicht mehr überall rasch erreichbar. Die ländliche Wirtschaft kann der übermächtigen Konkurrenz der Online-Händler häufig kaum etwas entgegensetzen, Konzert- und Theaterbühnen brauchen das große Publikum. Landbewohner benötigen viel Ausdauer, innere Überzeugung und Pragmatismus, um „ihr“ Dorf vorbehaltlos weiter zu lieben.

Aber diese Leidenschaft, die Lust zum Land, zeichnet überzeugte Dorfbewohner aus. Sie sind auf dem Land verortet, es ist ihnen Heimat, hier sind sie zuhause. Bauern bietet das Land zugleich einen Arbeitsplatz – der leider immer öfter nicht mehr in die Idylle passt, die Zugezogene fernab der Metropolen suchen. Schon Treckerlärm und Stallgeruch wird als störend empfunden. Der französische Schriftsteller und Abenteurer Antoine de Saint Exupéry hat seinem weltberühmten „Kleinen Prinz“ eine schöne Lebensweisheit in den Mund gelegt: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Wenn das Herz  aber die echten Werte im ländlichen Raum nicht zu erkennen vermag, reicht auch die schönste Fassade nicht aus, um diese Lücke zu überkleben. Die wirkliche Liebe zum Land kommt eben von innen. Gabi von der Brelie