LSG Solling – Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg hat den Bedenken eines Klägers gegen das Landschaftsschutzgebiet (LSG) Sollingvorland stattgegeben. Der Richter nannte in seiner Urteilsbegründung sowohl formale als auch inhaltliche Gründe. Worum ging es konkret?
Anfangs waren sich Landkreis Holzminden, der Kreisverband Weserbergland im Landvolk Niedersachsen sowie die von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Eigentümer einig. „Der 2015 vorgelegte Verordnungsentwurf wurde von einem breiten Konsens getragen, den hätten wir Landwirte akzeptiert“, erinnert sich Frank Kohlenberg. Der Vorsitzende für den Landkreis Holzminden hat die Planungen von Anfang an begleitet. Einen anderen Dreh bekam die Schutzgebietsverordnung jedoch mit als die Mehrheitsgruppe aus SPD und Grünen im Holzmindener Kreistag ein generelles Bauverbot forderte für das gesamte Schutzgebiet ins Spiel brachte. Damit kündigte sie den Konsens auf. Die Schutzgebietsverordnung wurde im August 2015 erlassen.
„Es geht immerhin um ein Areal von 24.000 ha, damit wäre jede dritte Fläche in unserem Landkreis für landwirtschaftliche Bauvorhaben tabu gewesen“, schildert Kohlenberg. Der Landkreis umfasst knapp 70.000 ha Fläche und ist der drittkleinste in Niedersachsen. Dieses pauschale Bauverbot fand in der Landwirtschaft natürlich keine Akzeptanz. „Wir haben uns mit den Verbandsjuristen in Hannover ausgetauscht und uns schließlich für den Weg der Klage entschieden“, schildert Kohlenberg gegenüber der LAND & Forst.
Der Kreisverband organisierte eine Klägergemeinschaft, die mit Spenden den Rechtsweg möglich machte. Ein betroffener Landwirt, der schon länger den Bau eines Hähnchenmaststall realisieren wollte, strengte das Normenkontrollverfahren an. Er hat aufgrund der unsicheren Rechtslage und der langen Diskussion um die Baugenehmigung sein Vorhaben inzwischen aufgegeben und ist ganz aus der Landwirtschaft ausgeschieden.
Die Einwände gegen die Holzmindener Schutzgebietsverordnung machte sich in der Urteilsbegründung Anfang Dezember auch der Vorsitzende Richter des OVG Lüneburg zu Eigen. Neben formaler Kritik begründete er seine Ablehnung der Schutzgebietsverordnung mit fachlichen Fehlern. Diese zielen in erster Linie auf die Größe des Schutzgebietes mit 24.000 ha und einem Durchmesser von immerhin 30 Kilometern ab. Ein derart großes Areal könne nicht mit einem absoluten Bauverbot ohne eine Ausnahmemöglichkeit überzogen werden. Es sollte ab einer Grundfläche von 400 Quadratmeter und einer Firsthöhe von vier Metern greifen. „Damit hätten wir noch nicht einmal einen Weideschuppen errichten dürfen“, verdeutlicht Kohlenberg. Die Landvolkjuristen sahen darin einen „Verhinderungsansatz“, diese Sichtweise haben die Richter mit ihrem Urteil bestätigt. Der Landkreis Holzminden hat gegen das Urteil keine Rechtsmittel eingelegt, damit ist es rechtskräftig.
„Wir Landwirte stehen zu unserer Verantwortung für Natur und Umwelt, aber wir möchten nicht vollständig übergangenen werden“, macht Kohlenberg die Position des Landvolkes deutlich. Auch im Solling sperren sich die Landwirte nicht gegen begründete und räumlich abgegrenzte Schutzgebiete, aber sie appellieren an Konsenslösungen, die die Verhältnismäßigkeit wahren. Br
(Az. 4 KN 77/16)
Den Erfolg teilen sich alle
3 Fragen an Frank Kohlenberg
Sie waren bei der Urteilsverkündung in Lüneburg dabei. Wie bewerten Sie den Richterspruch?
Ich habe mich persönlich für den Kläger gefreut, aber ich bin natürlich auch erleichtert, dass wir als Berufsstand in unserem Rechtsempfinden bestärkt wurden.
Erwarten Sie über den konkreten Fall hinausgehende Konsequenzen?
Das Gericht hat sowohl Formfehler als auch fachliche Mängel festgestellt. Landwirte und ihre Interessenvertretung sollten sich in ähnlich gelagerten Fällen gut beraten lassen und konkrete Kritik vorbringen, wenn sie gegen derartige Vorhaben klagen wollen.
Was raten Sie aus Ihren Erfahrungen anderen Landwirten?
Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt für sein Recht einzutreten! Wir haben mit einer Klägergemeinschaft die finanzielle Absicherung des Klageweges ermöglicht, damit haben wir das Risiko auf viele Schultern verteilt. Über den positiven Ausgang dürfen sich nun auch alle gemeinsam freuen.