Landwirtschaft pocht auf Bodenschutz

Erdkabelverlegung
Foto: Landvolk Niedersachsen
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Erdverkabelung Die Vorgaben der Großen Koalition für ein Erdkabelprimat stellen den Übertragungsnetzbetreiber TenneT vor neue Herausforderungen. Eine Delegation des Landvolkes Niedersachsen und des Bayrischen Bauernverbandes informierte sich jetzt in Emden an der offenen Baustelle zur Erdverkabelung von Höchstspannungsgleichstromleitungen (HGÜ) über den damit verbundenen Fragen.

Allem voran bewegt die Landwirtschaft der Anspruch, dass im Zuge der Erdverkabelung ein Konzept umgesetzt wird, dass landwirtschaftlichen Belangen Rechnung trägt.  „Die Flächen müssen anschließend ohne Einschränkung wieder landwirtschaftlich nutzbar sein“, formulierte Landvolkpräsident Werner Hilse die Erwartungshaltung der Mitglieder. „Die Baustelle hat gezeigt, dass es einer verlässlichen Umsetzung eines umfassenden bodenkundlichen Konzepts bedarf, um zukünftige Schäden der landwirtschaftlichen Nutzung zu minimieren“, fügte er an.

Die Komplexität des Themas Erdverkabelung bestätigte sich  im Erfahrungsaustausch mit Bernhard Gosling, einem betroffenen Landwirt, als auch bei der Besichtigung einer Erdkabelbaustelle für die Anbindung eines Offshore-Windparks nordwestlich von Emden. Die Firma Tennet gewährte Einblick in die Verlegungsarbeiten der Hochspannungs-Gleichstromkabelsysteme, die in vergleichbarer Technik auch bei der geplanten SuedLink-Trasse zum Einsatz kommen könnten. Besonders kritisch hinterfragten die Verbandsvertreter die Beanspruchung des Bodens und die Größe des Grabenprofils, wie es bei einer Erdverkabelung der SuedLink-Leitung umgesetzt werden könnte.
Während die Offshoreleitung einen Graben mit einem trapezförmigen Profil mit einer Breite an der Erdoberfläche von ca. fünf Metern erfordert, würde die geplante Übertragungskapazität von 4 Gigawatt bei SuedLink die Anlage von vier Gräben mit einem zusätzlichen Sicherheitsabstand von fünf Metern zueinander beanspruchen, erfuhr die Delegation aus Niedersachsen und Bayern. Bei Querungen, wie beispielsweise Gräben oder Straßen,  werden Spülbohrungen eingesetzt und die Leitungen in Kabelschutzrohren in geschlossener Bauweise verlegt, erläuterte Tennet.

Für die Leitung BorWin3 wurde an der Grabensohle jeweils 12 cm mächtige Hin- und ein Rückleiterkabel in ein 20 cm umgebendes Sandbett verlegt. Neben dem Kabelgraben wurde der Bodenaushub auf getrennten Mieten gelagert, zudem wurde eine fünf Meter breite Baustraße aus Holzprofilen verlegt.  Auch aus der Sicht der Baufirmen empfiehlt sich eine mobile Baustraße, um die Traglast zu gewährleisten, die hohen Gewichte zu verteilen, Schäden zu verhindern und mit höheren Geschwindigkeiten fahren zu können. Bei dem besichtigten Vorhaben wurden nahezu vollständig mobile Baustraßen eingesetzt.

Die Verbandsvertreter aus Niedersachsen und Bayern waren sich einig, dass die Erfahrungen aus den bisherigen Projekten für die künftigen Vorhaben eine Vorlage liefern können. Sie gelte es stets zu prüfen und zu ergänzen. Professionelle Schutzkonzepte wie ein bodenkundliches Baukonzept werden als geeignet erachtet, die Beeinträchtigungen des Bodens zu mindern.
Frühzeitig, nach Festlegung des Trassenverlaufs muss ein angemessenes Bodenschutzkonzept für die Baumaßnahme erarbeitet werden. Zu beachten ist neben der örtlichen Bodenbeschaffenheit die Druckempfindlichkeit, der Wasserhaushalt sowie die geeignete Auswahl  klassifizierter Maschinen und schießlich die Um- und Durchsetzung von Bodenschutzmaßanhmen. Die Erkenntnisse einer Befahrungsanalyse sowie die Klassifizierung der Maschinen sind in einem Kataster einzubeziehen. Dies ermöglicht die Einteilung der vorliegenden Böden in Gruppen, die Benennung von Grenzwerten für den Kontaktflächendruck sowie die Festlegung notwendiger Schutzmaßnahmen. Die fachgerechte Entnahme von Bodenmaterial und dessen Lagerung sowie der sorgfältige Wiedereinbau können Beeinträchtigungen des Bodens minimieren.
Bereits vor Baubeginn sollten bodenkundliche Zielvorgaben in die Leistungsbeschreibung, die Zeitplanung und das Baustellenmanagement der Baustraßen, Mieten und Lagerflächen einfließen. Gemeinsames Ziel muss es sein, dass nach der Fertigstellung die beanspruchten Flächen wieder als landwirtschaftliche Nutzflächen zur Verfügung stehen.  Eine solche Baustelle endet erst bei erfolgreicher Rekultivierung der Flächen und der Freigabe für eine landwirtschaftliche Folgebewirtschaftung.

Entscheidend an dem Konzept ist die verbindliche Umsetzung durch den Vorhabensträger und seine ausführenden Firmen, wobei der Dialog mit den Landwirten gesucht werden muss. Unerlässlich ist die tägliche Prüfung durch einen Bodenkundlichen Baubegleiter mit der Befugnis zum Baustopp bei ungeeigneten Witterungs- und Bodenverhältnissen. Wünschenswert wäre ein enger Kontakt der beteiligten Firmen mit einem Bodenkundler vor Ort, der auch eine kompetente Beratung bei empfindlichen Böden gewährleistet. Ein sparsamer Umgang mit dem Boden, die Erhaltung und Wiederherstellung der natürlichen Funktionen und der Fruchtbarkeit des Bodens sollte auch bei der Erdverkabelung aktueller und zukünftiger Leitungsbauvorhaben ein zentrales Anliegen sein.
Andreas Jordan ,
Landvolk Niedersachsen