LVN stellt Kompass für Nachhaltigkeit

LVN stellt Kompass für Nachhaltigkeit -

Milchwirtschaft Sehr konkret und praxisnah will die Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen (LVN) das Thema Nachhaltigkeit gemeinsam mit den Landwirten umsetzen. „Wir wollen dazu eine ernsthafte Diskussion führen und das Thema nicht als Modewort benutzen“, versicherte Vorsitzender Jan Heusmann auf der Mitgliederversammlung der LVN in Altwarmbüchen bei Hannover.

Bereits vor zwei Jahren hat sich die LVN auf den Weg gemacht, um die Erzeuger in das von Molkereien intensiv angestoßene Thema einzubeziehen. Fachliche Unterstützung liefert Prof. Hiltrud Nieberg vom von Thünen-Institut  (vTI) in Braunschweig. Sie beeindruckte auf der Veranstaltung mit ihren klaren und praxisnahen Aussagen, die frei von abgehobenen Versprechungen waren. Nieberg verglich die Nachhaltigkeitsdiskussion mit einem „Kompass“, der die Richtung weist. Auf keinen Fall dürfe die Nachhaltigkeitsdiskussion die Glaubwürdigkeit untergraben und einem Unternehmen lediglich ein grünes Mäntelchen überziehen! In den Molkereien sei die Debatte zur Nachhaltigkeit auf oberster Unternehmensebene verankert, untermauerte sie die Wichtigkeit. Eingängig formuliert habe es die niederländische Beemster-Molkerei mit ihrem „Caring Dairy“-Konzept, der umsorgenden Milchwirtschaft. Die Begriffe „happy cows, happy people, happy planet“ – auf Deutsch: glückliche Kühe, glückliche Leute, glückliche Erde – seien emotional ansprechend!

Nieberg bezeichnet die Nachhaltigkeitsdebatte als einen dynamischen Such-, Lern und Entscheidungsprozess. Eine wichtige Rolle spiele die Kommunikation zwischen dem Milcherzeuger und seinem Verarbeitungsunternehmen. Ein perfektes Konzept zur Umsetzung der Nachhaltigkeit gebe es nicht, deshalb will die LVN jetzt mit einem Fragebogen ein so genanntes Basistool erarbeiten. Parallel zu den QM-Audits sollen die Landwirte einen Fragebogen zu den Themenbereichen Ökologie, Tierhaltung und Tiergesundheit, Soziales und Ökonomie beantworten. Neben den Haltungsverfahren und dem Antibiotikaeinsatz geht es dabei beispielsweise um Nährstoffmanagement und Landnutzung oder ehrenamtliches Engagement sowie Zukunftsperspektiven. Die Ergebnisse sollen in einer Broschüre zusammengefasst werden, die den derzeitigen Stand der Nachhaltigkeitsbestrebungen dokumentieren und langfristige Verbesserungsansätze aufzeigen soll.

Eine enge Abstimmung zwischen der LVN, dem Berufsstand und der Politik ließ sich aus den Grußworten zu der Veranstaltung ablesen. Heus-
mann hatte gegenüber Minister Gert Lindemann drei Wünsche geäußert: eine Anrechnung der Grünlandflächen als Greening-Maßnahme bei den Plänen zur zukünftigen EU-Agrarpolitik, eine Verlängerung der 230-kg-Ausnahmereglung für die N-Düngung auf Grünland und Standhaftigkeit beim Quotenausstieg. In allen Punkten ging der Minister mit Heusmann konform, allerdings sah er für die Düngeregelung kaum Chancen, da es auf Bundesebene wenig Unterstützung gebe, das sei „bitter“. Große Übereinstimmung gab es zwischen Lindemann, Heusmann sowie Landvolk-Vizepräsident Heinz Korte in der Bewertung des Marktes. Lindemann meinte, er sei kein Anhänger der Agrarwende, sondern stehe für leistungsfähige, ökonomische Strukturen. Um Preisschwankungen abzufedern, empfahl er den Landwirten, ein zweites Standbein schaffen, ihre Betriebe zu modernisieren oder zu erweitern. Auf dem Weltmilchmarkt sah er die EU als „dominierende Kraft“, einen Rückzug in Nischen bezeichnete er als nicht möglich. Nach Einschätzung Heusmanns müsse die Politik den Export gelegentlich flankieren, um auf Wünsche von Nachfragern flexibel reagieren zu können.
Korte lobte die LVN als wichtiges Bindeglied vom Erzeuger über die Molkereien bis hin zum Verbraucher. In der Öffentlichkeitsarbeit bewege sie sich zielsicher auf dem schmalen Grat zwischen Idylle und manchmal harter Wirklichkeit und zeichne ein realistisches Bild moderner Landwirtschaft. Mit Sorge sehe der Berufsstand die Diskussion um eine Verschärfung des landwirtschaftlichen Baurechts.

Einen Einblick in die Arbeit der LVN gab das Geschäftsführerduo  mit Kristine Kindler und Dr. Werner Rüther.  Rüther skizzierte das Qualitätskonzept der LVN, das mit QM Milch jetzt für die Zertifizierung anerkannt wurde. Er bedauerte, dass die amtlichen Preisnotierungen nicht mehr regional überprüft würden und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) die Daten erst mit langer Zeitverzögerung zur Verfügung stelle. Für das Jahr 2012 könne der Erzeugerpreis daher nur grob geschätzt werden, mit gut 31 ct/kg werde er voraussichtlich um 3,6 ct/kg unter dem Vorjahreswert liegen und die deutlich höheren Kosten leider nicht auffangen. Einen Arbeitsschwerpunkt legt die LVN nach Aussage Kindlers auf die Öffentlichkeitsarbeit. Mit Jens Klingemann, dem gerade gekürten besten Milcherzeuger, setzt die Milchwirtschaft im den kommenden Jahr hier auf ein junges, strahlendes Gesicht.
Gabi von der Brelie