Michelsenschüler planen mit Konzept

Michelsenschüler planen mit Konzept -

Strategiemanagement In der Landwirtschaft ist der Erfolg von vielen Faktoren abhängig. Vom Wetter, vom Boden, von der Politik – aber eben auch von den Managementfähigkeiten des Betriebsleiters.

An der Michelsenschule in Hildesheim haben sich die Fachschüler deshalb im neuen Fach „Strategiemanagement“ mit langfristigen Planungen für einen realen Betrieb beschäftigt. Nach dem Motto: „Es sind immer noch Produktionsreserven da“, optimierten sie zuerst den sogenannten „Ist-Betrieb“ von Dr. Karl-Heinrich Niehoff aus Bütow in Mecklenburg-Vorpommern. Dort baut er Zuckerrüben, Kartoffeln, Getreide und Mais für die Biogasanlage an und hat mit dem Milchvieh ein weiteres Standbein.

Gerade diese Vielseitigkeit war für die 29 Fachschüler interessant. Zum Beispiel schlugen sie vor, die Beregnung um 280 ha zu erweitern, die Milchleistung von 6.900 auf 8.500 kg zu steigern und den Speisekartoffelanbau auszudehnen, um das Betriebsergebnis kurzfristig zu steigern. Bei der Präsentation der Ergebnisse stimmte Niehoff diesen Überlegungen grundsätzlich zu, hat aber auch den Unterschied zwischen Theorie und Praxis vor Augen: „Es kommt nicht immer das raus, was man sich errechnet hat“, gab er zu Bedenken. Besonders bei den Frühkartoffeln sei der Aufwand hoch und das Ergebnis oft ungewiss.

Für ihn waren deshalb die fünf Strategien besonders interessant, die die langfristige Ausrichtung des Betriebes in den Mittelpunkt stellten. Zum Beispiel rechnete Peter Mathias Petersen dem Landwirt vor, wie sich der Verlust von Pachtflächen auf den Betrieb auswirken würde, und bis zu welchem Preis es sich lohnen würde, das Land zu kaufen. Denn weil der Kartoffelanbau zum Kerngeschäft des Betriebes gehört, wäre ein drohender Flächenverlust von 550 ha nur schwer zu verkraften. Mit einer Ausweitung der Beregnung könnte der Anbau optimiert werden und damit einen höheren Grenzkaufpreis ermöglichen, begründeten die Schüler ihre Strategie.

Alternativ schlugen die Schüler vor, den Flächenverlust durch eine Ausweitung der Milchviehhaltung zu kompensieren und einen neuen Kuhstall für 1.000 Kühe zu bauen. Da der Flächenverlust dadurch aber nicht ausgeglichen werden kann, rechneten sie auch eine Betriebsumstellung auf 40.000 Bio-Legehennen in Freilandhaltung und 80.000 Bio-Hähnchenmastplätze durch. „Es könnte so funktionieren, wie ihr das ausgerechnet habt“, lobte Niehoff das gelungene Zusammenspiel aus Theorie und Praxis, dass es so an keiner Universität gibt.
Über das gesamte Schuljahr wurde das Fach „Strategiemanagement“ von drei Lehrern der Fachrichtungen Betriebswirtschaftslehre sowie Produktions- und Verfahrenstechnik unterrichtet. Dabei wurde den Schülern klar, dass das Betriebsergebnis durch das Drehen an kleinen Schrauben zwar kurzfristig verbessert werden kann, für den Betriebserfolg aber die langfristigen Strategien entscheidend sind.

„Die Schüler werden in den nächsten Jahren merken, dass diese Kalkulation auch ein gutes Rüstzeug für den eigenen Betrieb ist“, sagte Niehoff über das einmalige Planungskonzept. Er empfahl den zukünftigen Betriebsleitern es auch für den eigenen Hof zu nutzen – und sich nicht nur auf die äußeren Faktoren zu verlassen. Wiebke Molsen

Fragen an Dr. Rudolf Schäffer

Leiter der Michelsenschule in Hildesheim
Die Michelsenschule hat ein überregionales Einzugsgebiet. Was ist das Besondere an der Schule?
Die Verknüpfung von beruflicher und allgemeiner Bildung. Wir bieten nebeneinander das Gymnasium mit berufsbezogenen Elementen in Mittel- und Oberstufe, das Berufliche Gymnasium mit den Schwerpunkten Agrarwirtschaft und Ernährung sowie Landwirtschaftliche Berufs- und Fachschulen mit dem Ziel der Qualifizierung zukünftiger landwirtschaftlicher Betriebsleiter.

Was bietet die Michelsenschule außer dem neuen Fach Strategiemanagement an, um sowohl die Interessen der Ackerbauern als auch der Viehhalter unter einen Hut zu bekommen?
Wir versuchen die traditionelle Spezialisierung der Landwirtschaft zunehmend um Themen zu ergänzen, die auf Synergieeffekte zwischen verschiedenen Betrieben abzielen. Zum Beispiel die Substitution von Importfuttermitteln durch Raps, Bullenmast auf Stroh, Biogas und Hähnchenmast  – alles Dinge, die man früher in unserer Region noch nicht gesehen hat. Ein anderes Thema ist die Gemeinsame Agrarpolitik der EU. Dabei ist es uns wichtig, dass die Schüler Verständnis für andere Betriebsformen mit unterschiedlichen Interessenlagen entwickeln. Diese Ansätze fördern zugleich den Aspekt der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion – ein Aspekt, der in Zukunft immer mehr Bedeutung gewinnen wird!
Die Michelsenschule gilt bei vielen als die „Bauernschule“ in Hildesheim.

Welchen Stellenwert hat die Landwirtschaft denn heute noch in der Michelsenschule insgesamt?
In den Jahrgängen 7 bis 9 versuchen wir den Schülern die Bedeutung fächerübergreifenden Denkens und Arbeitens deutlich zu machen. Das geht besonders gut in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt. Zum Beispiel werden beim Thema „Vom Getreide zum Brot“ biologische, chemische und physikalische Grundlagen, wirtschaftliche Überlegungen sowie technische und soziale Aspekte erarbeitet. Außerdem fährt jede Klasse mindestens einmal im Jahr auf einen landwirtschaftlichen Betrieb.
Wiebke Molsen