Milchkrise: Stoff für die Titelseiten

Milchkrise: Stoff für die Titelseiten -

Medien Landauf landab haben es die Landwirte auf die Titelseiten der Zeitungen geschafft. Hauptthema: Die Milchkrise. Wir stellen einige Meinungen von Journalisten dar, um zu zeigen, wie das Thema in der Presse gesehen wird.

Für Bild-Kommentator Fritz  Esser ist der Weg klar (veröffentlicht am 17. Mai 2016 auf bild.de): „Keine Staatshilfen! Die Deutschen haben das Aldi-Gen (…). Die Landwirte sind ohne Zweifel Leidtragende der Schnäppchen-Mentalität. Das ist bitter. Und doch sind neue Staatshilfen für sie falsch! Die Bauern haben ihre Situation selbst verschuldet. Sie haben viel mehr Milch produziert, als die Verbraucher trinken wollen. Ihnen geht es damit nicht anders, als dem Bäcker, der zu viele Brötchen backt, oder dem Fleischer, der zu viel Aufschnitt in seinem Laden vorrätig hat. Auch in diesen Branchen gibt es wegen der Discounter harte Preiskämpfe. Doch niemand kam bisher auf die Idee, Bäckern oder Fleischern mit Millionen stützend unter die Arme zu greifen.“

Kultur verschwindet
Der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Berthold Kohler, bringt dagegen den Verfall des Milchpreises in Zusammenhang mit dem Verschwinden einer ganzen Kultur. „Mit der Kälte eines Molkereitanks“ ist sein Kommentar vom 17. Mai überschrieben: „Auf den Verfall der Milchpreise kann man mit der Kälte eines Milchtanks in der Molkerei schauen und sagen: So ist das eben in der Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Wer die billigere Konkurrenz nicht schlagen kann, muss sich eben eine andere Beschäftigung suchen. Das ist auch schon anderen Branchen widerfahren. Und profitieren nicht die Verbraucher vom Preiskampf in den Kühlregalen der Supermärkte? (…) Aber auch noch aus anderen Gründen liegt die Erhaltung der bäuerlichen Landwirtschaft in Deutschland im Gemeininteresse. Die Bauern erhalten die Kulturlandschaft.

Die Familienbetriebe sind oft die letzten ökonomischen, sozialen und auch politischen Stabilisatoren in strukturschwachen Gebieten. Nicht zuletzt führen sie jedem, der es noch wissen will, vor Augen, dass die Milch nicht aus der Retorte kommt und der Schinken nicht aus dem Enzymbackofen der Fleischindustrie.“

Bauern selber schuld?
Die Süddeutsche Zeitung hat am 18. Mai eine einfache Erklärung für den schlechten Preis: „Die Milchbauern sind selbst schuld“ kommentiert Nikolaus Piper. Er schreibt: „Vermutlich deshalb haben es bei Agrarthemen die großen Vereinfacher so leicht, die Leute, die immer genau wissen, wer die Bösen sind. Der Bundesverband der Milchviehhalter hat andere Interessen als der Deutsche Bauernverband und erklärt deshalb Agrarminister Christian Schmidt vorsichtshalber erst einmal zum Sündenbock. Die Globalisierungskritiker von Attac prangern das „Preisdumping“ der Lebensmittel-Discounter an.
All dies ist schwer erträglich. Aldi, Lidl & Co. sind nicht schuld an den niedrigen Preisen, sie geben sie nur an die Verbraucher weiter. Die Forderung nach „fairen“ Preisen ist wohlfeil, wenn zu diesen Preisen die viele Milch eben nicht verkauft werden kann. Und dem Agrarminister kann man alles Mögliche vorwerfen, aber nicht, dass er die Krise nicht ernst nähme. Die Verantwortung für die Milchschwemme – das Wort „Schuld“ sollte man in dem Zusammenhang tunlichst vermeiden – tragen die Milchbauern selbst. Als die EU 2015 die bürokratischen Milchquoten abschaffte, schätzten die Bauern und ihre Verbände die Folgen völlig falsch ein. (…) Aber die Hilfen sollten mit Bedacht vergeben werden und weder Groß- noch Kleinbetriebe bevorzugen. Dann wird der nächste Schweine- oder Milchzyklus vielleicht moderater ausfallen. Kommen wird er unweigerlich.“

Kein Milchfest
Die Freie Presse aus Chemnitz berichtet am 21. Mai über eine Reaktion aus der Mitte der Bauern: „Die Milchkrise drückt aufs Gemüt: Wegen der Dauertiefpreise, die erzgebirgischen Landwirten an die Substanz gehen, hat der Förderverein Ambrossgut Schönbrunn das für den 5. Juni geplante Milch- und Backofenfest abgesagt.“     
siehe auch LAND&Forst Ausgabe Nr. 21 Seiten 8,9 und 11.