Nur kühnste Rechnungen

Nur kühnste Rechnungen - Foto: Landvolk
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Emissionen In dieser Woche stimmt das EU-Parlament über schärfere Vorschriften zur Luftreinhaltung ab. Nach Einschätzung von DBV und Landvolk würde die Richtlinie bäuerliche Betriebe vor unlösbare Aufgaben stellen.
Geplante Verschärfungen der europäischen Vorschriften zur Luftreinhaltung, die besonders deutschen Landwirten deutlich stärkere Maßnahmen zur Einsparung von Ammoniak- und Methanemissionen abverlangen würden, lassen bei den Bauernverbänden weiter die Alarmglocken schrillen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) rief das Europäische Parlament dazu auf, „realistische und machbare“ Obergrenzen für landwirtschaftliche Emissionen zu setzen.

Hintergrund ist die Neufassung der EU-Richtlinie über die Verringerung der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie). Der Umweltausschuss des Europaparlaments hatte im Juli darin die Forderung verankert, den hauptsächlich von der Landwirtschaft verursachten Ammoniakausstoß in Deutschland bis 2025 um 46 % zu senken, nachdem die Europäische Kommission ursprünglich eine Verminderung um 39 % bis 2030 vorgeschlagen hatte. Zudem hält die Mehrheit der Ausschussmitglieder im Gegensatz zum Umweltministerrat an einer Verringerung der Methanemissionen bis 2030 fest, und zwar um 33 % im EU-Durchschnitt beziehungsweise 39 % in der Bundesrepublik.

Strukturbrüche als Folge
Der DBV warnt in einem Schreiben an Europaabgeordnete davor, dass durch überzogene Vorgaben gerade die kleineren und mittleren Betriebe zur Aufgabe gedrängt würden. Diese könnten die mit den Reduktionszielen verbundenen Verschärfungen bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern und bei der Abluftreinigung nicht erfüllen. DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken erklärte, ohne grundsätzliche Änderungen am Entwurf der NEC-Richtlinie werde es zu enormen Strukturbrüchen in der Tierhaltung und besonders in der Milchviehhaltung kommen. Der Verband schlägt vor, dass die Kommission ihren Vorschlag grundlegend überarbeitet und auf die Berücksichtigung von Methan ganz verzichtet. Außerdem müsse eine faire Lastenteilung in Europa erreicht werden.

Ähnlich äußerte sich das Landvolk Niedersachsen. Es nannte die Minderungsziele unverhältnismäßig, fachlich nicht begründet und nur in kühnsten theoretischen Rechnungen anzunehmen. „Das stellt unsere bäuerlichen Familienbetriebe vor unlösbare Aufgaben“, erklärte Dr. Holger Hennies, Vorsitzender des Umweltausschusses. Um die Effizienz von Düngung und Fütterung weiter zu verbessern, werde der Einsatz emissionsmindernder Technik weiter zunehmen. Die genannten Größenordnungen würden aber viele bäuerlichen Betriebe überfordern und zum Ausstieg veranlassen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass mit der Ammoniakminderung die Weiterentwicklung tiergerechter Haltungsverfahren konterkariert werde, monierte Hennies. Aus Emissionsschutzgründen würden Offenställe oder Weidehaltung zurückgedrängt, die aus Tierschutzgründen befürwortet werden.

Finanzhilfen als Anreiz?
Die zuständige Berichterstatterin Julie Girling von den britischen Konservativen hatte die zusätzlichen Verschärfungen ihres Ausschusses ebenfalls kritisiert, zeigt sich insgesamt jedoch von der Notwendigkeit besonderer Anstrengungen der Landwirtschaft überzeugt. Sie will eine zusätzliche finanzielle Unterstützung der Betriebe für die Durchführung von Maßnahmen erreichen. Nach Einschätzung der Generaldirektion Umwelt würden strengere Luftreinhaltungsvorschriften die Zahl vorzeitiger Todesfälle in der EU beträchtlich verringern.
AgE/red