Ordentlich, aber stark schwankend

Ordentlich

Getreideernte Auf 43,8 Mio. t schätzt der Deutsche Bauernverband (DBV) die diesjährige Getreideernte. Damit wird das Vorjahresergebnis um 1,9 Mio. t oder 4,5 % überschritten. In Niedersachsen wurde mit 5,5 Mio. t Getreide ein eher durchschnittliches Ergebnis erzielt. DBV-Präsident Rukwied sieht die Lage an den Agrarmärkten gelassen: „Nahrungspreise werden nicht durch die Decke gehen.“

Die DBV-Schätzung, die auf Meldungen der Landesbauernverbände beruht, liegt etwas unter der des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), der von einer Getreideproduktion in diesem Jahr von 44,2 Mio. t ausgeht. Beim Raps wurde nach DBV-Angaben mit 4,4 Mio. t eine um 15 % bessere Ernte als 2011 eingefahren. Auch hier bleibt der Bauernverband mit seiner Schätzung hinter dem DRV zurück, der das Rapsergebnis auf 5,0 Mio. t veranschlagt.

DBV-Präsident Joachim Rukwied sprach bei der Vorstellung der diesjährigen Ergebnisse letzte Woche in Berlin von einer insgesamt ordentlichen Ernte. Dies gelte nicht zuletzt angesichts der Wetterkapriolen dieses Jahres. Die Erntemenge liege über den Erwartungen von vor einigen Wochen. Regional gebe es allerdings teilweise erhebliche Unterschiede.

Hohe Preise dringend zur Kostendeckung nötig

Zufrieden äußerte sich Rukwied zur Preisentwicklung. Mit derzeit 210 Euro bis 240 Euro pro Tonne Brotweizen und 470 Euro bis 500 Euro pro Tonne Raps werde ein Preisniveau erreicht, das angesichts steigender Betriebsmittelkosten auch dringend notwendig sei.

Mit Nachdruck verteidigte der Präsident die Preisabsicherung auf Terminmärkten und mahnte eine Versachlichung der Diskussion um Spekulationen mit Nahrungsmitteln an. „Bauern spekulieren nicht“, sagte Rukwied. Man brauche als Antwort auf schwankende Agrarmärkte jedoch Möglichkeiten der Preisabsicherung. Mit den Terminbörsen verfügten Landwirte über eine Möglichkeit, den Preis für den Verkauf von Weizen im nächsten Jahr zu sichern. Es gehe nicht darum, jede Preisspitze mitzunehmen, sondern die Planungssicherheit für die Betriebe zu erhöhen. Die Landwirtschaft benötige aber weder Wetten auf Börsenkurse noch Leerverkäufe.

Geräumte Lager, aber kein Hunger in Sicht

Rukwied warnte davor, die Situation auf den internationalen Agrarmärkten zu dramatisieren. Zwar liege die weltweite Weizenernte mit voraussichtlich 663 Mio. t um zwei Prozent unter der des Vorjahres. Die Folgen seien zunächst sinkende Lagerbestände und steigende Getreidepreise, keinesfalls jedoch mehr Hunger. Anders als 2007 zeichne sich eine gute Reisernte ab und gebe es erhebliche Lagerbestände. Der zu erwartende Anstieg der Lebensmittelpreise in Deutschland wird sich dem DBV-Präsidenten zufolge im Rahmen der allgemeinen Teuerungsrate bewegen. Nahrungsmittel blieben hierzulande „ausgesprochen preiswert“.  Keinesfalls würden die Preise „durch die Decke gehen“.
Gleichwohl seien insbesondere die Tierhalter gezwungen, die höheren Futterkosten, aber auch gestiegene Energiepreise an nachgelagerte Stufen und an die Verbraucher weiterzugeben. Rukwied appellierte an alle Beteiligten, sich ihrer Verantwortung in der Wertschöpfungskette zu stellen.

Bei den diesjährigen Erträgen werden in den bis Ende voriger Woche eingegangenen Erntemeldungen der Landesbauernverbände erhebliche regionale Unterschiede erkennbar. In Niedersachsen erreichte der durchschnittliche Weizenertrag dem Landvolkverband zufolge mit rund 80 dt/ha knapp das langjährige Mittel. Auch insgesamt wurde dort mit 5,5 Mio. t Getreide nur ein etwa durchschnittliches Produktionsergebnis erzielt. Demgegenüber bilanzierte der benachbarte Landesbauernverband (LBV) Sachsen-Anhalt eine Ernte mit „guten durchschnittlichen“ Erträgen. Beim Winterweizen liegt der mittlere Ertrag bei rund 75 dt/ha, wobei die Ergebnisse zwischen 60 dt/ha in der Altmark und 78 dt/ha in der Börde schwankten. Den mittleren Ertrag für Wintergerste veranschlagt man auf 68 dt/ha. Winterraps wurde im Schnitt mit 39 dt/ha geerntet.

Wetterkapriolen wirkten im Süden heftig nach

Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) berichtete von außerordentlich großen Ertragsunterschieden zwischen den einzelnen Regionen infolge des extremen Wettergeschehens. Viele landwirtschaftliche Betriebe in den von Februar-Frost und Frühjahrstrockenheit besonders betroffenen Landkreisen hätten „sehr enttäuschende Erträge“ erzielt. Bei Wintergerste bewegten sich die Erträge im Schnitt bei 60 dt/ha mit einer Spanne von 40 dt/ha bis 100 dt/ha, so der LBV. In dieser Spanne liegen auch die Winterweizenerträge. Enttäuschend sei die Rapsernte mit 30 dt/ha ausgefallen.

Die Kartoffelernte wird nach derzeitigem Stand etwas unter der Menge des Vorjahres liegen. Überdurchschnittliche Ernten erwartet der DBV für Zuckerrüben, Mais sowie für das Grünland.
AgE/red