Rote Linien, offene Dialog, klare Kanten

Rote Linien
Foto: Landvolk
Bild-Download des Originals: | Web-Version:

Bauerntag Ob Artenschutz, Tierwohl oder Agrarpolitik – Bauern sind bereit für Veränderungen. Doch sie brauchen dabei Unterstützung – das ist die zentrale Botschaft des Deutschen Bauerntages, der sich bei Gluthitze mit heißen Themen befasste.

Rhythmisches Klatschen ertönt. Vom Band dröhnt das Lied „Stand up for the Champions“. Einer der Höhepunkte des Deutschen Bauerntages im sächsischen Schkeuditz bei Leipzig steht an: die Ehrung der Sieger im landwirtschaftlichen Berufswettbewerb. „Die Qualität der deutschen Ausbildung ist vorbildlich in ganz Europa“, sagte dazu der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Michael Stübgen. Er zeichnete die 24 besten Nachwuchskräfte in den Grünen Berufen aus. „Alle, die an diesem Wettbewerb teilgenommen haben, sind ebenso Gewinner wie die Bundessieger“, sagte Stübgen unter dem Applaus der rund 500 Delegierten und Gästen des Bauerntages.

Viele Herausforderungen
Am Tag zuvor war die Stimmung etwas gedämpfter. Denn die Landwirte sehen sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert. „Wir sind bereit für Veränderungen. Aber ohne Verlässlichkeit sind wir Bauern verlassen“, erklärte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Daher seien Politik und Gesellschaft gefordert, die Bauern in den „Umbruchzeiten“ zu begleiten. Er warnte vor überzogenen Anforderungen an die Landwirtschaft. „Die Gemeinsame Agrarpolitik wird grüner werden. Das muss sie auch in Deutschland, sonst ist sie nicht mehr konsensfähig“, sagte der DBV-Präsident. Doch bei existenzgefährdenden Forderungen müssten die Landwirte „rote Linien“ ziehen.
Das gelte insbesondere in der Tierproduktion. „Die Tierhaltung ist das Rückgrat der deutschen Landwirtschaft“, sagte Rukwied. Die Landwirte würden daher für den Erfolg der Initiative Tierwohl kämpfen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang das Baurecht, dass eine Investition in tierwohlgerechte Ställe behindere. Der DBV halte im Sinne der Verbraucher eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für ebenso unerlässlich wie ein verpflichtendes Weiterbildungsangebot für Tierhalter.
Praktikable Lösungen seien gefordert, das gelte für die  Düngeverodnung ebenso wie beim Klimawandel und dem Artenschutz. „Dort sind wir auch Teil der Lösung“, betonte Joachim Rukwied. Als Stichworte nannte er Bioenergie, bessere Fruchtfolgen und die Speicherung von CO2 in Böden. Erforderlich seien jedoch auch neue, klimaresistente Pflanzensorten. „Außerdem fordern wir Anerkennung für das, was wir bereits leisten“, erklärte Rukwied. Bundesweit hätten die Landwirte 235.000 km Blühstreifen angelegt. „Doch mehr ist machbar“, betonte er. Das zeige das Projekt „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft“ (F.R.A.N.Z.). Dessen Ansätze sollen „in die Breite“ getragen werden. Der DBV habe eine Resolution zum Artenschutz verabschiedet. Artenvielfalt werde damit zur Aufgabe für jeden Betrieb. Ziel des Berufsstandes müsse es sein, die Diskussion um die Landwirtschaft mitzugestalten. „Gemeinsam müssen wir für eine gute Zukunft der Bauernfamilien kämpfen“, sagte der DBV-Präsident. Mögliche Perspektiven  dazu diskutierten die Delegierten anschließend in drei Fachforen.

Rückendeckung erhalten
Rückendeckung erhielt Rukwied unter anderem von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. „Gehen Sie raus, diskutieren Sie mit anderen, setzen Sie sich vor die Welle“, forderte Klöckner die Delegierten auf. Dabei müssten die Landwirte dafür sorgen, dass sie in der gesellschaftlichen Diskussion nicht nur als Täter wahrgenommen würden, sondern auch als Teil der Lösung. Das gelte beim Klima-, Umwelt- und Artenschutz. Forderungen des Berufsstandes nach einer steuerfreien Riskoausgleichsrücklage erteilte sie allerdings eine Abfuhr.

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der zukünftigen GAP müssten die Landwirte verdeutlichen: „Wer hohe Standards will, muss die regionale Produktion fördern“, sagte  Klöckner. „Der ländliche Raum ist mehr als der Kompensationsraum für städtische Wünsche!“

Die Gestaltungsräume der landwirtschaftlichen Betriebe würden immer weiter eingeengt, kritisierte auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Landwirten müsse es möglich sein, gesunde Lebensmittel herzustellen und vernünftige Preise dafür zu erzielen, sagte Kretschmer. Dafür sei die Größe und die Rechtsform des Betriebs unerheblich. Ordnung, Disziplin und Leistungsbereitschaft hätten das Ansehen Deutschlands in der Welt stark gemacht. „Dafür steht auch die deutsche Landwirtschaft“, sagte Kretschmer. Er sprach den Delegierten aus dem Herzen.
LAND&Forst, Katja Schukies