Getreidetag Das Risikomanagement gewinnt für Landwirte immer mehr an Bedeutung. Der 24. Braunschweiger Getreidetag in Königslutter näherte sich dem Thema und rückte die hohe Kunst des Ackerbaus in den Mittelpunkt.
Um auch zukünftig die großen Herausforderungen auf dem Acker zu bewältigen, kommen Faktoren wie der Fruchtfolgegestaltung, Bodenbearbeitung und Beregnung eine stärkere Bedeutung zu. Damit lassen sich viele Risiken bereits im Vorfeld erfolgreich eindämmen.
Wir dürfen das Risikomanagement nicht aus den Augen verlieren, meinte Landvolkvizepräsident Ulrich Löhr zum Auftakt. 2017/18 seien im arithmetischen Mittel tolle Jahre gewesen, aber einzeln betrachtet war die Jahreswitterung für die Landwirte jeweils eine Katastrophe. Löhr richtete daher eine Warnung an die Politik: „Es kann nicht sein, dass man uns alle Werkzeuge nimmt!“. Gemeint waren die zunehmenden Verbote wichtiger Pflanzenschutzmittel. Die Landwirte müssten eigene Strategien entwickeln. Dazu habe die Region auch das Netzwerk Ackerbau zum Laufen gebracht.
Mehr Sommerungen!
Die ackerbaulichen Reaktionen rückten Prof. Dr. Bernhard C. Schäfer von der Fachhochschule Soest sowie Ulf Moldenhauer vom Beratungsring Börßum in den Vordergrund. Sie gaben sehr ähnliche Empfehlungen weiter, Schäfer mehr wissenschaftlich belegt, von Moldenhauer durch Praxisbeobachtungen untermauert. Dazu zählt zunächst die Rückbesinnung auf weitere Fruchtfolgen, wobei beide Referenten die monetäre Bewertung des Ertrages als Nagelprobe bezeichneten.
Schäfer kritisierte insbesondere die geringe Kulturartenvielfalt mit Wintergetreide auf mehr als 40 % der Ackerfläche deutschlandweit. Von Mais abgesehen hätten alle Sommerkulturen in den vergangenen 25 Jahren an Fläche verloren. Daraus resultiere eine hohe Pflanzenschutzintensität mit der Gefahr von Resistenzen, ein enges Zeitfenster für die Bearbeitung und eine geringe Biodiversität.
Eindringlich empfahl er eine Erweiterung der getreidereichen Fruchtfolgen. In Ostniedersachsen zählt dazu auch der Mais, bei weiterem Klimawandel und mit dem richtigem Nacherntemanagement eventuell als Körnermais. Auch der Rapsanbau könnte aus ackerbaulicher Sicht ausgeweitet werden, sofern er nicht schon zu stark in der Fruchtfolge vertreten ist. Ebenso gelten Leguminosen wie Ackerbohne, Futtererbse oder Lupinen für Schäfer und Moldenhauer als Bereicherung der Fruchtfolgen.
Der Vorteil dieser Sommerungen sei, dass sie wenig Pflanzenschutz benötigen, Stickstoff binden, einen hohen Vorfruchtwert haben und Arbeitsspitzen entzerren. Der Anbau habe auch noch seine Probleme. So sei zum einen die Vermarktung noch schwierig, zum anderen erschweren auch Ertragsschwankungen den Durchbruch der Leguminosen. Hier müsse die Züchtung offenbar erst noch in Vorleistung treten.
Auch Hafer fällt in die Rubrik Gesundungsfrucht und hat geringe Standortansprüche. Er könnte als Schälhafer für die menschliche Ernährung interessant werden. Den Sojaanbau hätten einige Pioniere erprobt, ergänzte Moldenhauer, aber als zu unsicher wieder aufgegeben. In der Diskussion ergänzte Gerhard Rott den Katalog um die Braugerste, die zurzeit von den Mälzern gut nachgefragt wird. Und natürlich nimmt auch die Kartoffel weiter eine wichtige Rolle ein.
Mulchen statt pflügen
Schäfer, dessen Heimat die Braunschweiger Region ist, warb zusätzlich für die Mulchsaat. Auf dem von ihm geleiteten Versuchsgut Merklingsen in der Soester Börde zahle sich die pfluglose Bodenbearbeitung in einer großen biologischen Aktivität der Böden, einer höheren Wasserinfiltration und besseren Tragfähigkeit aus. Letzteres erweitere zugleich den Zeitraum für die Gülleausbringung.
Einen weiteren Aspekt der Risikoabsicherung brachte Eckhard Fricke vom Beratungsring Feldberegnung mit der Beregnung ins Spiel. Gerade im Frühsommer fehlen, bedingt durch den Klimawandel, zunehmend ausreichende Niederschläge. In dieser Zeit haben die Kulturen jedoch einen sehr hohen Wasserbedarf. Schon eine Beregnungsgabe von bis zu 30 mm kann diesen Engpass abmildern. Die Beregnung könne nicht nur die Folgen des Klimawandels abpuffern, fasste Fricke zusammen, sondern auch die Qualität der Ernte absichern oder unerwünschte Mineralisationsschübe bremsen.
Den Blick auf die Märkte ergänzte Werner Bosse, Getreidereferent vom Landvolk Niedersachsen. Das Landvolk habe frühzeitig auf die von der Trockenheit verursachten Ernteeinbußen hingewiesen, schilderte er. Damit sei nicht nur die Politik wachgerüttelt worden, um Hilfsprogramme auf den Weg zu bringen. Die ersten Schätzungen seien zugleich als Alarm an die Landwirte gedacht: Die Tierhalter hätten ihre Futterbasis breiter aufgestellt, die Ackerbauern bei Vorverträgen vorsichtiger agiert.
Gabi von der Brelie