Schnaebelkupieren

Schnaebelkupieren - Legehennen in Bodenhaltung
Legehennen in Bodenhaltung

Schnäbelkupieren Niedersachsen will  die übliche Praxis beenden,
mit der häufigen Anwendung einer Ausnahmeregel dem Kannibalismus bei
Legehennen vorzubeugen. Als Beispiel für den gelungenen Ausstieg wird
Österreich angeführt.

Routinemäßige Ausnahmen vom Verbot des
Schnäbelkupierens bei Legehennen soll es in Niedersachsen nur noch bis
2016 geben. Danach bleiben sie absoluten Notfällen vorbehalten. Damit
hält das Landwirtschaftsministerium an dem von der Vorgängerregierung im
Tierschutzplan festgelegten Zeitplan fest.

Anlass für diese
Bestätigung war eine zweitägige Fachreise nach Österreich, zu der
Agrarminister Christian Meyer Geflügelhalter, Wissenschaftler, Vertreter
der Geflügelwirtschaft und des Handels eingeladen hatte. Im Alpenland
wird auf der Grundlage einer Vereinbarung der Branche mit
Tierschutzverbänden seit 2005 auf das vorbeugende Kupieren der Schnäbel
verzichtet.

Drei Maßnahmen

Der Minister verwies darauf, dass die
besuchten österreichischen Hennenhalter unter ähnlichen Bedingungen
produzieren wie die niedersächsischen (siehe Kasten) und dabei die selbe
Genetik sowie die hier bekannte Stalltechnik einsetzen. „Wenn ein Land
wie Österreich den Ausstieg aus dieser Amputation schafft, muss das auch
bei uns möglich sein“, sagte der Grünen-Politiker am Montag vor der
Presse in Hannover. Niedersachsen solle dabei eine bundesweite
Leuchtturm-Funktion wahrnehmen.
Meyer kündigte drei flankierende
Maßnahmen an, mit denen der Ausstieg unterstützt werden soll. Nach
österreichischem Vorbild soll erstens ein Entschädigungsfonds aufgelegt
werden, aus dem Tierhalter Verluste erstattet bekommen, wenn in ihren
Herden Kannibalismus auftritt. Der Fonds erhält nach Meyers Plänen eine
Anschubfinanzierung vom Land, wird aber von den Geflügelhaltern selbst
über eine Abgabe gespeist. Die zweite Maßnahme soll in der
wissenschaftlichen Begleitung des Ausstiegs und in der intensiven
Beratung der Hennenhalter durch die Landwirtschaftskammer bestehen.
Drittens sollen Eier aus Betrieben, die ohne Schnäbelkupieren auskommen,
für den Verbraucher erkennbar gekennzeichnet und mit einem Aufpreis
verkauft werden.

Nichts gänzlich Neues

„Was wir während der Reise
gehört und gesehen haben, deckt sich mit den langjährigen Erfahrungen in
unseren niedersächsischen Pilotbetrieben“, bestätigte Professor Robby
Andersson von der Hochschule Osnabrück im Wesentlichen die Darstellung
des Ministers. Er wies allerdings auf einen wesentlichen Unterschied
hin: Dreh- und Angelpunkt sind die höheren Kosten für Futter, das mehr
Rohfaser und mehr Protein enthält als hierzulande üblich. Die
Österreicher setzen es ein und bekommen den Mehraufwand über den bis zu
30 % höheren Eier-Erlös vom Handel erstattet. Ob der deutsche
Lebensmittelhandel ein solches Projekt genauso unterstützen würde, blieb
indes offen. Minister Meyer erklärte auf Nachfrage vergleichsweise
vage, auch Vertreter zweier Handelsketten hätten an der Reise
teilgenommen und sich danach aufgeschlossen gezeigt.

Verdunkelung unzulässig

Als
„großen Faktor“ bezeichnete Prof. Andersson zudem die Rolle des Lichts
beim Herdenmanagement. Sobald es Anzeichen für Kannibalismus gebe, werde
die Herde mit entsprechenden Lichtprogrammen beruhigt. Für den
Landesverband Niedersächsische Geflügelwirtschaft (NGW) ist das neben
der ungeklärten Kostenfrage das eigentliche Kardinalproblem. „Ein
niedersächsischer Hennenhalter müsste mit Sanktionen rechnen, würde er
seine Hennen so halten würde, wie wir es in Österreich gesehen haben“, sagte
Geschäftsführer Dieter Oltmann der LAND & Forst. Um jederzeit die
Helligkeit künstlich regulieren zu können, seien in allen besuchten
Ställen die Fenster abgedunkelt gewesen. „Das ist Deutschland
schlichtweg nicht erlaubt“, erläuterte Oltmann unter Hinweis auf die
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Darin ist vorgeschrieben, dass
Hühnerställe Lichtöffnungen haben müssen, die das Tageslicht gleichmäßig
verteilen. Ob hier eine gesetzliche Änderung unter dem Aspekt Tierwohl
durchsetzbar sei, stellte Oltmann in Frage. Unabhängig davon bekräftigte
er die Bereitschaft der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, weiterhin
aktiv an Lösungen für die noch offenen Fragen mitzuwirken.
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