Stallbau mit hohem Risiko

Stallbau mit hohem Risiko -

EIN KOMMENTAR von Gabi von der Brelie Spezialisierte
landwirtschaftliche Nutztierhaltung gerät zusehends unter Druck. Mit der
jetzt vom Bundestag beschlossenen Novelle des Baugesetzbuches wird die
Privilegierung gewerblicher Stallbauten im Außenbereich deutlich
eingeschränkt. Für bauwillige Tierhalter, die nicht in den Genuss der
landwirtschaftlichen Privilegierung kommen, wird der Bau eines neuen
Stalles nicht nur unsicherer, sondern auch teurer. 

Als Nutznießer
fühlen sich die Kommunen, die in erster Linie in Niedersachsen lautstark
nach einer Änderung des Baugesetzbuches gerufen hatten.
Steuerungsmöglichkeiten für die Genehmigung neuer Stallbauten standen
Städten und Gemeinden mit dem Planungsrecht bislang auch schon zur
Verfügung, sie hätten diese nur nutzen müssen. Sie können aber jetzt
Stallbauten, die nicht mehr in den Genuss der Privilegierung kommen,
ohne Abwägungsverfahren in ihren politischen Gremien ablehnen.
Investitionswillige Landwirte müssen dieses Risiko im Vorfeld in ihre
Planung einkalkulieren. Zu den deutlichen Verlierern zählen in erster
Linie kleinere Tierhalter, als deren Fürsprecher sich Politiker gern
berufen sehen.

Viele Landwirte mit geringer Flächenausstattung
haben in der Vergangenheit Zukunftschancen durch Wachstum in der
Veredelung gesucht und sich zu spezialisierten Betrieben entwickelt.
Diese Chance wird ihnen nun genommen, weil sie von den neuen
Vorschriften ausgebremst werden. Wo die knappe Flächenausstattung nicht
mehr als geforderte Futterbasis für das Vieh reicht, geht die
landwirtschaftliche Privilegierung verloren. Die Betriebe entsprechen
nicht dem klassischen Klischee eines traditionellen Bauernhofes, obwohl
auch sie in der Hand einer bäuerlichen Familie sind. Erneut dürfen sich
also die Betriebsleiter übervorteilt fühlen, denen das ganze Augenmerk
der Politik gilt. Gut gemeint ist damit leider nicht gut gemacht.

Zweifelsfrei
zählen auch große Betriebe zu den gewerblichen Tierhaltern. Der
Unterschied zwischen „groß“ und „klein“ wurde mit den jetzt gewählten
Größenordnungen von der Politik sehr willkürlich entschieden und nicht
an betriebswirtschaftliche Erfolgsdaten gekoppelt. Diese Tierhalter
werden ihre Investitionsabsichten mit den Kommunen abstimmen und
Standortentscheidungen sehr sorgfältig abwägen. Vermutlich dringen
sie mit ihren Argumenten bei Kommunalpolitikern in viehreichen Regionen
eher durch als in Landstrichen, wo der nächste Stall kilometerweit
entfernt ist. Ob das neue Baugesetzbuch damit tatsächlich zu einer
räumlichen Entzerrung der tierischen Veredelung beiträgt, muss die
Genehmigungspraxis noch zeigen. Als reines Verhinderungsinstrument wird
es nur in Einzelfällen taugen, zur Versachlichung einer vielerorts
überhitzten Debatte kaum beitragen können.

Gabi von der Brelie