Ostfriesland Die wirtschaftliche Lage auf vielen Betrieben ist ausgesprochen ernst. Am Montag fordert der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland (LHV) in Aurich Konsequenzen. Die Prämien müssten unbedingt früher ausgezahlt werden.
Die aktuellen Erzeugerpreise für Milch und Fleisch treiben den Landwirtsfamilien tiefe Sorgenfalten ins Gesicht. Viele fürchten um ihre Liquidität und das wirtschaftliche Überleben ihrer Höfe, wenn nicht bald ein Silberstreif am Horizont ihnen wieder Hoffnung macht. Dies war der Eindruck am Ende eines Pressegesprächs in Aurich, Ostfriesland, zu dem der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland Montag dieser Woche die Presse zu sich ins Haus geladen hatte. Hauptursache für den deutlichen Preisverfall auf den Märkten sei nicht eine Überproduktion, sondern das Wegbrechen wichtiger Exportmärkte (Russland, China).
Bei Preisen von deutlich unter 40 € für ein 28-kg-Ferkel bzw. 1,37 €/kg Schlachtgewicht bei Schweinen sowie einem Tagesmilchpreis von 27 Cent/l Milch können die variablen Kosten der Produktion nicht mehr gedeckt werden. Von der Erwirtschaftung eines Familieneinkommens könne keine Rede mehr sein, so die Vertreter des Hauptvereins. „Wir brauchen jetzt Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft, die uns wettbewerbsfähig halten“, fordert Erich Hinrichs, LHV-Präsident. Zu allererst mahnt Hinrichs die gesamte Branche zu mehr Sachlichkeit bei der Preisdiskussion. „Wir müssen die Preise nicht herunterreden“. Von der Angebotsseite gäbe es keinen Grund dafür.
Des weiteren fordern die ostfriesischen Landvolkvertreter, dass sich der Staat konsequent aus der Regulierung der Märkte heraushält. Die Aufgabe der Politik sei es stattdessen, durch Abbau von Handelshemmnissen neue Exportmärkte zu erschließen und eine Drangsalierung der Betriebe durch ständig neue Auflagen (Tierwohl, Umwelt-, Klimaschutz) zu unterlassen. Es müsse steuerlich auch ermöglicht werden, in guten Jahren Rücklagen zu bilden, um Phasen mit einem Preistief besser durchstehen zu können (Gewinnglättung), denn die Marktpreise sind seit Wegfall der Milchquote auch auf dem Milchmarkt volatiler. Die Schweinehalter, die es auch in Ostfriesland gibt, kämpften schon seit langem mit viel zu niedrigen Erzeugerpreisen.
Eindringlich appellieren die LHV-Vertreter an die Landesregierung, in diesem Jahr die Auszahlung der Flächenprämien nicht durch umfangreiche Prüfungen bis zum Jahresende hinauszuzögern. Die Betriebe seien dringend auf dieses Geld angewiesen. Auf EU-Ebene müssten die Gelder aus der Superabgabe, die noch für das letzte Quotenjahr gezahlt wurden, Milcherzeugern zugutekommen, statt im allgemeinen Haushalt zu verschwinden. Auf der Interventionsebene (Pulver und Butter) sollten die Preise aufgrund der gestiegenen Erzeugungskosten für Milch moderat angehoben werden.
Vor dem Hintergrund der aktuell massiven wirtschaftlichen Sorgen, könnten Landwirte es kaum noch ertragen, von der Gesellschaft und Politik immer wieder an den Pranger gestellt zu werden. Man müsse hier auch an die Wirkung auf den landwirtschaftlichen Nachwuchs denken. Grundsätzlich seien ostfriesische Betriebe nämlich solide und zukunftsfähig aufgestellt, betonten die LHV-Vertreter zum Schluss ihres Pressegesprächs. Durch einen Aufruf des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) brannten am Montagabend dieser Woche dann auf weit mehr als 100 Milchviehbetrieben in ganz Ostfriesland Mahnfeuer. Auch Firmen des vor- und nachgelagerten Bereichs beteiligten sich.
Edith Kahnt-Ralle