Teure Wahlkampfzeche

Teure Wahlkampfzeche -

EIN KOMMENTAR VON Gabi von der Brelie
Fachkräfte gesucht! Was Landwirte und Unternehmen zurzeit umtreibt, könnte auch in der Politik nicht schaden. Der Agrarpolitik fehlen eindeutig Experten. In Niedersachsen zeichnet ein Diplomsozialwirt für die Agrarpolitik verantwortlich, auf Bundesebene steht für die CDU/CSU eine Elektrotechnikerin an der Spitze des Agrarressorts. Der SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl will jetzt mit einer Juristin für den Verbraucherschutz ins Rennen gehen. Ein eigenes Agrarressort sieht er offenbar nicht mehr vor.

Ist Agrarpolitik ein alter Hut? Mit Blick auf die intensiven Diskussionen um die Agrarreform auf Brüsseler Ebene, muss die Antwort eindeutig „Nein“ lauten. Mit Blick auf die starke Wirtschaftskraft, die landwirtschaftliche Unternehmen im Zusammenspiel mit ihren Vorlieferanten sowie der nachgelagerten Stufe aufweisen, kann nur ein noch eindeutigeres „Nein“ folgen. Dennoch nutzen zu wenige Politikerinnen und Politiker die Chance, einen  Blick auf die Höfe und die dort wirtschaftenden Menschen zu werfen.

Nehmen sie sich doch einmal einige Stunden, um einen eigenen Eindruck von der Wirklichkeit auf deutschen Bauernhöfen zu bekommen, ist die Erkenntnisgewinn zumeist hoch. Wählerpotenzial und prestigeträchtige Schlagzeilen aber wittern politisch Verantwortliche eindeutig bei Verbraucherthemen. Schmerzlich vermissen Landwirte in der Politik den Blick für wirtschaftliche Zusammenhänge. Schweinemäster, die aktuell von einem Preistief zum nächsten kalkulieren, fühlen sich schlicht nicht ernst genommen, wenn ihnen  kostenträchtigen Auflagen  mit dem lapidaren Hinweis aufgebrummt werden, der Verbraucher werde es schon honorieren. Bislang ist  der Endverbraucher über den verlängerten Arm von Handel und Verarbeiter  noch jeden Bonus für mehr Tier- oder Umweltschutz schuldig geblieben.

Politiker müssen keineswegs die Fähigkeit haben, mit Erfolg einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Aber sie sollten auf die Argumente der Betroffenen eingehen, ehe sie politisch so weitreichende Entscheidungen wie zum Beispiel zum Baugesetzbuch treffen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück selbst hat noch auf der Grünen Woche in Berlin auf die wirtschaftliche Bedeutung der Agrar- und Ernährungswirtschaft abgehoben. Gemessen aber werden Politiker nicht an hehren Absichtserklärungen, sondern an ihrem Erfolg. Der aber darf sich in der Landwirtschaft nicht  in höheren Kosten bemessen. Bäuerinnen und Bauern wollen nicht länger die Zeche bezahlen, die ihnen mangels besserer Erkenntnis tagtäglich von der Politik aufgebürdet wird.
Gabi von der Brelie