Unternehmerischer Mut ist ein Handwerk

Unternehmerischer Mut ist ein Handwerk - Foto: Schukies
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Verbandsarbeit Flächenkonkurrenz, mangelnde Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und die EEG-Umlage sorgen für Zündstoff bei den Gemüsebauern. Dementsprechend viel Raum wurde der Politik auf dem sechsten Norddeutschen Gemüsebautag eingeräumt, zu dem die Fachgruppe Gemüsebau nach Hamburg eingeladen hatte.

Thomas Albers, Vorsitzender der Fachgruppe, erläuterte, wo die Erzeuger derzeit der Schuh drückt. So stellt die eigentlich erfreuliche Zunahme der Nachfrage nach regionalen Produkten die Gemüsebauern vor ein Dilemma. Denn ihre großen Partien, die der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in der Vergangenheit gefordert hatte, lassen sich nur überregional vermarkten.

Weitere Probleme erwachsen aus der Flächenknappheit und der mangelnden Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln. „Wir brauchen hier unbedingt eine Lückenindikation sowie Ausnahmegenehmigungen und hoffen auf vernünftige Regelungen“, betonte Albers. Er kritisierte zudem die von der Bundesregierung geplante EEG-Umlage. „Der Rationalisierungsdruck wird bei unseren Erzeugern immer größer“, sagte er. Schützenhilfe erhielt Albers vom neuen Vorsitzenden im Bundesausschuss für Obst und Gemüse beim Deutschen Bauernverband, Christian Ufen. „Für uns ist es nicht nur wichtig, dass Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, sondern dass diese rechtzeitig erfolgen“, stellte er fest. Er plädierte dafür, beim EEG alle Ausnahmen abzuschaffen, um die Lasten auf alle zu verteilen. „Moderne Landwirtschaft steht unter kritischer Beobachtung“, bestätigte Prof. Michael Schmitz vom Institut für Agrarökonomie der Universität Gießen. Langfristig habe jedoch die Landwirtschaft und damit auch der Gemüsebau im Wettbewerb gute Perspektiven. „Die Gemüsebauern haben die Volatilität des Marktes früh kennen gelernt und sich innovativ darauf eingestellt“, sagte Schmitz. Er analysierte auch die Produktionsrisiken. Dabei markierte er auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) innerhalb der EU als bedeutsam.

„Eine Vereinfachung der GAP ist oberstes Gebot“, betonte Schmitz. Selbst die Wissenschaft sei derzeit kaum noch in der Lage, verlässliche Folgenabschätzungen vorzunehmen.

Um unternehmerisches Können und Mut ging es auch in dem Vortrag von Lutz Langhoff. „Den geborenen Unternehmer gibt es nicht“, sagte der Unternehmensberater, Entertainer und Artist, der seinen Vortrag mit vielen Aktionen würzte. Vielmehr sei Unternehmerischer Mut ein Handwerk. Und das könne man lernen. Unternehmerischer Mut setze sich zusammen aus den Bausteinen Wille, Können, Beziehungen, Selbstverständnis, Haltung und Fehlertoleranz. Damit meinte Langhoff, den Mut, auch einmal Fehler einzugehen. Katja Schukies

3 Fragen an Thomas Albers

Vorsitzender der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland

Wer verbirgt sich hinter der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland?
Die Fachgruppe wurde 2007/2008 von sieben Fachverbänden aus den Bundesländern Niedersachen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt gegründet. Durch den Strukturwandel ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch die der Gartenbaubetriebe beziehungsweise Gemüseanbauer geschrumpft. Um dennoch unsere Interessen gegenüber der Öffentlichkeit wirkungsvoll vertreten zu können, wollten wir unsere Kräfte bündeln und haben die Fachgruppe gegründet. Die einzelnen Verbände auf Landesebene blieben jedoch bestehen.

Sie haben 2012 den Vorsitz übernommen, wo wollen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit setzen?
Im Hinblick auf den Regierungswechsel werde ich erst einmal viele Gespräche führen. So werde ich mit vielen Behörden und Politikern sprechen und auch versuchen, wieder einen direkten Draht zum Landwirtschaftsministerium zu knüpfen. Denn für uns sind verlässliche politische Rahmenbedingungen, sei es beim Pflanzenschutz, der Energiewende oder der Steuerpolitik, unerlässlich. Aber wir wollen auch die Verbraucheraufklärung verstärken.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Gemüsebauer in den kommenden Jahren?
Die Gemüseerzeuger führen arbeits- und energieintensive Betriebe. Die größten Herausforderungen sehe ich daher darin, die Belastungen durch Energiesteuer und EEG-Umlage für die Betriebe zu senken. Im Unter-Glas-Anbau sind das erhebliche Kostenfaktoren. Außerdem muss die Versorgung mit Saisonarbeitskräften sichergestellt sein. Und natürlich müssen wir, nicht nur hinsichtlich der Lohnkosten sondern auch der Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln, wettbewerbsfähig bleiben.
KS