Vereinbarung lässt auf sich warten

Vereinbarung lässt auf sich warten - Foto: Jordan
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TenneT Die Verteilung und der Bedarf an Erneuerbarer Energie in Deutschland führt den Netzausbau zurück zu der grundlegenden Frage: Wie lässt sich der Eingriff in Eigentum gerecht entschädigen? Niedersachsens Landwirte erwarten ein angemessenes Angebot der TenneT  TSO GmbH. Den aktuellen Stand der Dinge erläutert Rechtsanwalt Andreas Jordan vom Landvolk Niedersachsen.

Zwar hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren versucht, die gesetzlichen Grundlagen zu beschleunigen. Dabei vergaß er aber angepasste Ausgleichsansprüche aufzunehmen – dafür, dass Grundeigentum fortwährend gewerblich in Anspruch genommen wird, einschließlich der Folgeschäden für die Bewirtschafter.

Noch im Februar ließ eine Ankündigung des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt den Anstoß der im Koalitionsprogramm festgeschriebenen Überprüfung der bestehenden Entschädigungspraxis erwarten: „Wer Grund und Boden, der seine Erwerbsgrundlage ist, hergibt, damit eine Hochspannungsleitung gebaut werden kann, muss anständig behandelt werden.“

Angebot ist unzureichend
Einen Vorstoß machte nun die CDU-Landtagsfraktion mit dem am 16. September 2014 vorgelegten Gesetzentwurf des Niedersächsischen Entschädigungsgesetzes, um die vom Strom- bzw. Gasleitungsbau betroffenen Grundstückseigentümer künftig wiederkehrend zu entschädigen. Die FDP-Fraktion im Landtag erhob ebenfalls die Forderung nach besserer Entschädigung beim Netzausbau.

Obwohl die Netze privatisiert sind, die Betreiber eine gesetzliche festgelegte Rendite erhalten und die geplante Grundstücksnutzung mit neuen Leistungskapazitäten erfolgt, verwies der Übertragungsnetzbetreiber, die TenneT TSO GmbH, in Gesprächen mit dem Niedersächsischen Landvolk nur auf die ausgebliebene Gesetzesanpassung. In seinen Angeboten finden sich keine wiederkehrenden Zahlungen an die Eigentümer, sondern nur Einmalentschädigungen für Erdkabel sowie Flur- und Aufwuchsschäden und Aufwand.

Dabei beansprucht beispielsweise die Erdverkabelung auf der gesetzlichen Pilot-Trasse Wahle-Mecklar zeitweise eine 45 Meter breite Fläche, die in ihrer Mitte einen 23 Meter breiten technischen Schutzstreifen beinhaltet und zwar dauerhaft. Im Zentrum ist eine Baustraße vorgesehen, die beidseitig den Zugriff auf die jeweils 10 Meter breiten Kabelgräben erlaubt, in denen jeweils sechs Höchstspannungsleitungen vorgesehen sind. Auf diesen Flächen sind die Langzeitfolgen nicht abschließend untersucht worden. § 2 Abs. 1 des Gesetzes zum Ausbau von Energieleitungen lässt die Erdverkabelung jedoch ausdrücklich für die vier Pilotvorhaben zu, „um den Einsatz von Erdkabeln auf der Höchstspannungsebene im Übertragungsnetz als Pilotvorhaben zu testen“.
Gegenüber der TenneT TSO GmbH verdeutlichte das Niedersächsische Landvolk, dass die heutige Betroffenheit der Landwirte vernachlässigt wird. Dabei sei auf die Erfahrungen des Nachbarverbands, des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) verwiesen. Eine Besichtigung der380-kV-Trasse zwischen Wesel und  Meppen verdeutlichte an der Erdkabel-Baustelle in Raesfeld Dimensionen des Eingriffs in Boden und Bewirtschaftung:  Um dauerhaft Schäden an Boden-, Flur- und Aufwuchs zu vermeiden, haben die Beteiligten für die Erdverkabelung in Nordrhein-Westfalen eine bodenkundliche und wissenschaftliche Baubegleitung vereinbart.

Der WLV hat sich im Herbst 2013 mit der Amprion GmbH für die drei Erdkabelabschnitte der Trasse zwischen Wesel und  Meppen auch auf eine aktuelle Rahmenregelung geeinigt, die neben einer Entschädigung für die Grunddienstbarkeiten auch Flurschäden und Aufwand des Landwirts berücksichtigt. Pauschal sind nun 1.000 Euro als Aufwandsentschädigung für Eigentümer, 1.500 Euro für Bewirtschafter bzw. 2.500 Euro für selbst bewirtschaftende Eigentümer vorgesehen. Abhängig von Bodenwerten bis zu 10,50 €/m2 wurde eine Dienstbarkeitsentschädigung von 2,25 € bis 3,15 €/m2 für den technischen Schutzstreifen von 22,60 m zuzüglich der pauschalen Entschädigung von  0,75 bis 1,05 €/m2 für die Arbeitsfläche von 41,50 m vereinbart. Der Pilotcharakter war es, der Amprion GmbH wert, zusätzlich 1 € pro m2 Arbeitsstreifen wertunabhängig abzuschließen. Zusätzlich hat das Unternehmen den Landwirten einen Beschleunigungszuschlag von 20 €/lfd. Meter bei einem Abschluss binnen vier Wochen geboten.  

Absichern statt Einigen
Auch wenn die Verkehrswerte der betroffenen Region in Niedersachsens angewandt würden, liegen vergleichbare Angebote hierzulande nicht vor. Der Abschluss einer Rahmenregelung mit dem Landesbauernverband in Niedersachsen steht weiter aus. Die TenneT TSO GmbH kündigte nun an, ab November durch ausgebildete Vertreter auf die Landwirte zuzugehen, um Verträge abzuschließen und die benötigte grundbuchrechtliche Sicherung für die 380-kV-Leitungen auf den Flächen durchzusetzen. Betroffenen sei empfohlen, sich vorab zu informieren und im Zweifelsfall rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.