Ferkelkastration Enttäuschung und tiefe Sorgen waren mehr als 2.200 Landwirten und ihren Familien deutlich vom Gesicht abzulesen. Sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen und wissen nicht, wie sie nach dem 1. Januar 2019 handeln sollen.
Mal wieder ging es um die Ferkelkastration, ein verzweifelter Kampf um eine einvernehmliche Lösung, die von der Politik mitgetragen wird. Nach der gescheiterten Initiative Niedersachsens, in letzter Minute das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration noch aufzuhalten, hatten die beiden Landwirtschaftsverbände in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem Landvolk Niedersachsen zu einer Kundgebung nach Bad Sassendorf im Rahmen der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern aufgerufen. Und ebenso spontan wie dieser Aufruf erfolgte, fanden sich weit mehr Bauern als erwartet vor dem Tagungslokal in Ostwestfalen ein. „Uns geht es nicht um Fristverlängerung, sondern um eine Lösung“, stellte WLV-Präsident Johannes Röring gleich eingangs klar. Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke fordert dazu den Tierschutzbund Deutschland zur Zusammenarbeit auf und sprach dessen Präsidenten Thomas Schröder, der sich unter die Demonstranten gemischt hatte, direkt an. In Dänemark hätten Tierschützer und Landwirte sich auf eine gemeinsame Linie verständigt. Dort habe die größte und älteste Tierschutzorganisation die lokale Anästhesie bei der Ferkelkastration selbst mit angeregt. „Warum soll das nicht auch in Deutschland möglich sein?“, fragte der Landvolkpräsident den Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes und fügte an: „Das ist ein Angebot Herr Schröder, warum nehmen Sie das nicht an?“ Die Tierhalter fänden es prima, wenn der Tierschutzbund hierzulande sich auch dazu entschließen könnte und der Einstieg in die lokale Anästhesie zu einem gemeinsamen Erfolg führen werde.
„Die Tierhalter wollen endlich eine Lösung für den Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration“, betont Schulte to Brinke und lobte ausdrücklich Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast für ihren Vorstoß im Bundesrat, der jedoch leider keine Mehrheit erhielt. Eine erneute Fristverlängerung sei allein der Tatsache geschuldet, dass der Gesetzgeber es bislang versäumt habe, für die nach dänischem Vorbild favorisierte Lokalanästhesie die rechtliche Grundlage zu schaffen. Unterstützung erhalten die Landwirte bei ihrer Argumentation von namhaften Humanmedizinern, die eine Lokalanästhesie als effizientes Verfahren zur Schmerzausschaltung auch bei Ferkeln einstufen. Täglich werde es in der operativen Medizin tausendfach eingesetzt, es sei einfach, sicher und nahezu nebenwirkungsfrei. Gerade letzteres gelte für die anderen Verfahren, u.a. Vollnarkose, dagegen nicht.
Während Ursula Heinen-Esser, die Ministerin aus NRW, den Landwirten versprach „wir stehen an ihrer Seite“, erntete die Magdeburger Ministerin Claudia Dalbert ein Pfeifkonzert für die Aussage „Es wird keine Verlängerung geben, sie wussten was auf sie zukommt!“ Für die Sauenhalter ist die Kuh offenbar noch nicht vom Eis….
Br
Warum demonstrieren die Sauenhalter?
Thomas Nordhus aus Steinfeld im Landkreis Vechta:
„Wir Sauenhalter wissen nicht mehr, wie wir ab 1. Januar weitermachen sollen.“
Christoph Klomburg aus Syke im Landkreis Diepholz:
„Sauenhaltern fehlen die erlaubten Alternativen, die Politik hat sie schlicht im Stich gelassen.“
Martin Roberg aus Essen im Landkreis Cloppenburg:
„Alles was wir wollen, ist gleiches Recht für alle in Europa.“
Theo Runge aus Drebber im Landkreis Diepholz:
„Durch den Export der Sauenhaltung und die längeren Transportwege gibt es mit Sicherheit nicht mehr Tierwohl. Was nützen deutsche Regeln, wenn keiner mehr da ist, der sie anwenden kann?“
Tobias Göckeritz aus Steimbke im Landkreis Nienburg:
„Wenn man die regionale Sauenhaltung mit ihren kurzen Wegen erhalten will, müssen Bundeslandwirtschaftsministerium oder der Bundestag unverzüglich handeln.“