Vor der Ernte und nach der Ernte

Vor der Ernte und nach der Ernte -

EIN KOMMENTAR VON  Gabi von der Brelie
So ganz groß dürfte die Überraschung nicht gewesen sein. Nahrungsmittelverluste nach der Ernte standen im Visier einer Studie. Die Verluste hängen sehr stark von der Witterung ab, lautet ein Ergebnis. Aktuell lässt sich hinzufügen, auch vor der Ernte hat die Witterung einen maßgeblichen Einfluss auf Menge und Qualität der künftigen Ernte. Leichtfertig setzt diese kein Bauer aufs Spiel, schon gar nicht, wenn Getreide und Kartoffeln schon in der Scheune liegen.

Landwirte und Agrarministerium Ilse Aigner sind sich einig: Lebensmittel gehören nicht in den Müll. Die Ministerin hat der Verschwendung von Lebensmitteln den Kampf angesagt. Dem kritischen Blick in Mülltonnen, die u.A: von Privat- und Großverbrauchern und Handel mit abgekörten Lebensmitteln gefüllt werden, folgte nun die Analyse in der Landwirtschaft. Das Ergebnis bescheinigt deutschen Landwirten einen sorgsamen Umgang mit ihren Produkten. Verluste im unteren einstelligen Bereich bieten kaum noch Verbesserungspotenzial. Als wichtigste Ursache für die von ihnen beobachteten Verluste nennen die Wissenschaftler Schädlinge, Krankheiten sowie falsche Lagerung. Am letzten Punkt haben in erster Linie Obstbauern in der jüngsten Vergangenheit deutlich gefeilt, und dafür auch Kritik einstecken müssen. Optimaler Lagerraum kostet nicht nur Geld, sondern auch Energie.

Der Bestandsaufnahme von Verlusten, die ohnehin nur auf hypothetischen Annahmen beruhen kann, muss daher die Analyse von Fehlerquellen folgen. Hier bietet die Studie neben dem Hinweis auf gute Lagerbedingungen nur wenig Anregungen und nennt beispielsweise den Verzicht auf Vermarktungsnormen. Mit dem Hinweis „Die Natur ist nicht genormt“ wirbt die Studie für Agrarprodukte mit kleinen Schönheitsfehlern. Dies kann nur für Wuchsbeeinträchtigungen wie die krumme Gurke oder den kleinen Apfel gelten. Sind auch innere Qualitätsmerkmale betroffen, dürften Ausnahmeregelungen nicht mehr akzeptiert werden. Frei nach dem Motto „Vor der Ernte ist nach der Ernte“  wäre ein Blick der Wissenschaftler auf den langen Prozess bis zur Ernte wünschenswert gewesen. Von der Bodenbearbeitung und richtige Saatgutwahl über Pflege und Düngung bis zum optimalen Erntetermin ist der Landwirt immer wieder gefordert, damit der Ertrag stimmt. Auch dieser Erfolg muss immer wieder abgesichert werden. Sonst steigen die Verluste, aber die finden keinen Eingang in staatlich geführte Müllbilanzen.
Gabi von der Brelie