Weniger fordern, mehr fördern

Weniger  fordern
Foto: landpixel

Agrarforum Risiken lassen sich nicht ausblenden, aber Niedersachsens Landwirte sind optimistisch gestimmt. Diese Aussage bestätigten Landwirte, Vertreter von Unternehmen, Sparkassen sowie der Wissenschaft auf der gemeinsamen Tagung von Sparkassen und Agrarwirtschaft in Hannover. Übereinstimmend warnten alle vor zu hohen Auflagen und wieder zunehmender Regulierung der Agrarmärkte.

Wir bleiben gefragt. Auf diesen knappen Nenner brachte Landvolkpräsident Werner Hilse den Blick in die Glaskugel. Die Landwirtschaft sei im globalen Markt angekommen, die EU-Agrarpolitik gebe weitgehend stimmige Grundlinien vor. Mit Blick auf die Greening-Vorgaben sah er jedoch viele hausgemachte Probleme und sprach von Kennzeichen einer eher rückwärtsgewandten Politik. Hilse befürchtete daher Hemmnisse für Investitionen und vermisste Perspektiven für junge Menschen. Gleichwohl  bescheinigte er der Agrarbranche mit Blick auf die weltweit steigende Nachfrage eine optimistische Grundstimmung.

Diese Einschätzung teilten alle Referenten des Tages. Der Braunschweiger Wissenschaftler Folkhard Isermeyer lenkte das Augenmerk auf Asien als großen Wachstumsmotor des Agrarsektors, auch Südamerika sei in großen Schritten gewachsen. Der bis 2013 überwiegende Gesamteindruck trübe sich etwas ein, kehre die grundsätzlich positive Tendenz für die Ackerbauern aber nicht um. Allerdings räumte der Präsident des Thünen-Institutes ein, dass sich Preise weniger verlässlich prognostizieren ließen als Mengen, gefragt sei daher auch in der Landwirtschaft der vorsichtige Kaufmann.

Milcherzeuger richten den Blick nach vorn
Mit eindeutig positiven Erwartungen richtet die Milchwirtschaft den Blick in die Zukunft. Heinz Korte, im Landvolkpräsidium für den Milchmarkt zuständig, sah im 30-jährigen Quotenjubiläum keinen Grund zum Feiern, Dr. Rüdiger Fuhrmann, bei der NordLB im Agrarbanking, wurde noch deutlicher: „Wir freuen uns darauf, dass die Quote wegfällt“. Sie sei eher ein Instrument der Sozialpolitik gewesen, meinte Korte und ergänzte mit Blick auf die Überlieferungstendenzen: „Im letzten Jahr kostet sie uns Milcherzeuger nochmal richtig Geld“.

Der Blick auf die Betriebsdaten belegt, dass der Strukturwandel über all die Jahre ein ständiger Begleiter der Milchbauern geblieben ist. Im Durchschnitt hat sich die Zahl der Höfe alle 15 Jahre halbiert, die Milchanlieferung dagegen  seit 1950 verdoppelt. Erfolgreiche Betriebe fallen nach Aussage Kortes mit einer hohen Intensität und um zehn Cent je Kilogramm geringeren Kosten als weniger erfolgreiche auf. Auch in schwierigen Jahren sei das Milchland Niedersachsen konkurrenzfähig gewesen. Als Dreh- und Angelpunkt des Erfolges bezeichnete er die Familien auf den Höfen und bedauerte, dass der Einfluss der Politik steige. Hier wünschte sich Korte deutlich mehr Förderung und weniger Forderungen, nach seiner Aussage überfordert die Politik die Betriebsleiter zunehmend!

Mengen steigen,neue Geschäftsfelder
Als in guten wie in schlechten Zeiten entwicklungsfähig bezeichnete Dr. Sönke Voss, im DMK-Vorstand für Landwirtschaft und Rohstoff verantwortlich, die niedersächsische Milchwirtschaft. Wie Korte geht er bis 2020 von weiter steigenden Anlieferungsmengen im Norden Deutschlands aus, bis 2020 prognostizieren Beide das Plus auf 1,25 Mrd. kg, gegenüber dem aktuellen Wert ein Zuwachs um gut 20 Prozent! Parallel trägt sich nach DMK-Angaben jeder vierte Milcherzeuger mit Ausstiegsgedanken. Investitionen in Wachstum und Wertschöpfung sollen  bei Deutschlands größter Molkerei die Verarbeitungskapazitäten optimieren und neue Geschäftsfelder und Märkte erschließen, die Vermarktung von Milchprodukten allein reicht dafür nicht. Allerdings warnte auch Voss vor den steigenden Erwartungen der Gesellschaft: „Wir werden alle ein Stück Gutmenschen“.

Kostenführerschaft und Preistäler überstehen
Aus Sicht der Finanzbranche sprach Rüdiger Fuhrmann von einer „mentalen Entfesselung“ durch das Quotenende. Allerdings warnte er bei höheren Preisen vor höheren Kosten und damit auch einem höheren Risiko. Landwirte sollten sich nicht der „Umsatzillusion“ hingeben. „Die Kostenführerschaft allein reicht nicht, man muss auch die Preistäler überstehen“, dämpfte Fuhrmann zu hohe Erwartungen. Der landwirtschaftliche Unternehmer der Zukunft sei in erster Linie Controller, Prozessbeobachter und Optimierer. Seine Risiken müsse er auf ein vertretbares Niveau begrenzen.
Br