Wer gilt als „aktiver Landwirt“?

Wer gilt als "aktiver Landwirt"? -

Leitfaden  Die EU-Kommission leistet Aufklärung: Was ist ein „aktiver Landwirt“? Der lange angekündigte Auslegungsvermerk liegt endlich vor. Interpretationsspielraum bleibt. Damit obliegt es jetzt dem nationalen Gesetzgeber, was er daraus macht.

Ein Auslegungsvermerk, den die EU-Autoren als Leitfaden zur Umsetzung von Artikel 9 der Direktzahlungen-Verordnung bezeichnen, stellt die Brüsseler Zielsetzungen klar. Er will die Betriebe, die von der Negativliste erfasst werden sollen, eingrenzen. Dazu zählen natürliche oder juristische Personen, die keine oder nur marginale landwirtschaftliche Tätigkeiten ausüben.

Flughafenbetreiber, Eisenbahnunternehmer, Wasserwerke, Betreiber von dauerhaften Sport- und Freizeitflächen oder Immobiliendienstleister stehen auf der Negativliste, Deutschland möchte noch Bergbau treibende Unternehmen hinzufügen. Durch entsprechende Nachweise kann man sich dennoch als aktiver Landwirt ausweisen.

Im Prämienantrag 2015 werden dazu Fragen gestellt, die bei positiver Antwort mit diesen Nachweisen belegt werden müssen. Gibt der Antragsteller sofort an, dass die Negativliste auf ihn nicht zutrifft, kann dennoch eine stichprobenartige Überprüfung folgen.

Unklar sind die auf der Negativliste geführten Begriffe „Immobiliendienstleister“ und „Betreiber von dauerhaften Sport- und Freizeitflächen“. Die EU-Kommission stellt nunmehr klar, dass sie unter dem Begriff „Immobiliendienstleister“ vorrangig professionelle Bauträger, Immobilienmakler oder natürliche und juristische Personen versteht, die die Verwaltung von Immobilien auf Honorar- oder Vertragsbasis durchführen. Auf die Vermietung von Ferienwohnungen auf dem Bauernhof, von Wohnungen und Häusern im Privateigentum des Landwirts zu Wohnzwecken oder die Verpachtung landwirtschaftlicher Gebäude träfe die Definition nicht zu.

Unter „dauerhaften Sport- und Freizeitflächen“ versteht die EU-Kommission spezialisierte Betreiber von dauerhaft bestehenden Flächen mit festen Einbauten und/oder dauerhaften künstlichen Strukturen, die für Zuschauer errichtet wurden und für Sport- und Freizeitaktivitäten genutzt werden. Als Beispiele werden hier ausdrücklich Golfplätze, Rennbahnen und Fußballfelder genannt. Offen bleibt die Einordnung von Reithallen und Reitplätzen. Auf die reine Vermietung von Pferdeställen trifft der Begriff hingegen nicht zu.

Kleinlandwirte werden nicht überprüft
Betriebe, die dennoch unter die Begriffe der Negativliste eingeordnet werden, können den Nachweis erbringen, dass sie aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit gleichwohl zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind. Die Grundregelungen liefert die Basisverordnung der Kommission. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die Bestimmungen zum „aktiven Landwirt“ durch Detailregelungen zu konkretisieren. Sie müssen sich jedoch in Übereinstimmung mit den Zielen der Regelungen zum aktiven Landwirt und den allgemeinen Grundsätzen des EU-Rechts befinden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) ist bestrebt, praktikable Nachweisansätze zu finden. Danach sollen in Deutschland Betriebe mit bis zu 5.000 Euro Direktzahlungen generell von einer entsprechenden Prüfung ausgenommen werden. Sie gelten (unabhängig davon, womit diese Landwirte sonst noch ihr Geld verdienen) uneingeschränkt als „aktiver Landwirt“. Im Bundesdurchschnitt entspricht diese Grenze einer Flächenausstattung von etwa 18 Hektar, in Niedersachsen etwas weniger.
Wenn die Einnahmen aus landwirtschaftlichen Tätigkeiten im jüngsten Steuerjahr ein Drittel der Gesamteinkünfte übersteigen, signalisiert die EU-kommission  alternative Nachweismöglichkeiten. Sie würde als Schwelle für die Bewirtschaftung beihilfefähiger landwirtschaftlicher Flächen auch die durchschnittliche Betriebsgröße „kleinerer landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetriebe“ akzeptieren. Deren Durchschnittsgröße liegt in Deutschland bei 37 ha. Für Betriebe in der Größenklasse von 18 bis 37 ha prüft das BMEL insbesondere für Reiterhöfe, ob ein Kriterium mit den Daten „Pferdebesatz pro Hektar“ praktikabel sein könnte.

Mitgliedschaft bei der Alterskasse als Nachweis
Der Nachweis, dass die Haupttätigkeit oder der Geschäftszweck des Betriebs in der Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit besteht, soll in Deutschland an die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Alterskasse geknüpft werden. Die Ansätze für eine nationale Ausgestaltung der Regelungen zum „aktiven Landwirt“ befinden sich aktuell noch in der Diskussion und in Abstimmung mit der EU-Kommission. Im Vergleich zu den ursprünglichen Vorstellungen hat es bereits deutliche „Entschärfungen“ gegeben, es bleiben in einigen Fällen aber noch Unsicherheiten.
Dr. Wilfried Steffens,
Landvolk Niedersachsen