Wer zuerst kommt, mahlt zuerst

Wer zuerst kommt
Foto: Archiv

Milch Das zweite Hilfspaket der Europäischen Union für die Landwirte steht. Wer weniger Milch produziert, soll einen Zuschuss von 14 Cent pro Kilogramm erhalten. Dabei gilt für die Bauern das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

Am Montag stand endlich fest, worauf viele gewartet hatten, am Dienstag folgten die Details. EU-Agrarkommissar Phil Hogan erklärte nach dem Agrarrat, dass Brüssel insgesamt 500 Millionen Euro zur Entlastung der Milchbauern in der EU sowie zum Abbau des Überangebotes auf dem europäischen Milchmarkt bereitstellen will. 150 Mio. erhalten die Bauern, die im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres weniger produzieren. Pro Kilogramm sind 14 Cent im Gespräch. Das Drei-Monats-Programm, das im Oktober beginnt, werde nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ laufen, erklärte Hogan im Anschluss an den Agrarrat gegenüber Journalisten.

„Mit der Kopplung soll in einzelbetriebliche Produktionsentscheidungen eingegriffen werden. Dies führt zu Mitnahmeeffekten und Marktverzerrungen sowie zu steigenden bürokratischen Kosten für Antragstellung und Mengennachweise“, kritisierte Bauernpräsident Joachim Rukwied.

Mit den weiteren insgesamt 350 Mio Euro sollen die Länder größtmögliche Flexibilität erhalten, ihre Milchbauern sowie andere landwirtschaftliche Krisensektoren mit spezifischen Maßnahmen zu helfen. Dazu zählt Hogan die Unterstützung von kleinen Betrieben, die Extensivierung von Produktionsmethoden, Maßnahmen zum Umweltschutz, Kooperationsvorhaben, sowie Aus- und Fortbildungen im Umgang mit Finanzinstrumenten. Eine Verringerung oder ein Einfrieren der Produktion sei keine ausdrückliche Voraussetzung für diesen Teil des zweiten Hilfspakets, um in den Genuss der Gelder zu kommen. Aber selbstverständlich sollte damit auch keine Steigerung gefördert werden, stellte Hogan klar. Es sei den Ländern zudem freigestellt, die Mittel nicht nur für den Milchsektor, sondern bei Bedarf auch für andere Krisensektoren in der Landwirtschaft zu verwenden. „Um die Milchbauern rechtzeitig zu unterstützen, ist eine Auszahlung noch im Herbst dieses Jahres zwingend notwendig“, forderte Rukwied.

58 Mio für Deutschland
Der Anteil des Hilfspakets, der in Deutschland landet, liegt bei rund 58 Mio. Euro. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kündigte an, dass er mit Finanzminister Schäuble über eine Aufstockung im „zweistelligen Millionenbereich“ verhandelt.

Nach Ansicht des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Christian Meyer (Grüne) sind die 58 Mio. Euro viel zu wenig. Das liefe bei bundesweit rund 71.000 Betrieben auf gerade einmal 800 Euro pro Milchviehbetrieb hinaus, rechnete Christian Meyer vor. So viel verliere ein Milchbauer zwischen Ems und Elbe im Durchschnitt zurzeit jede Woche.

Als „puren Aktionismus zum falschen Zeitpunkt“ hatte Landvolkvizepräsident Albert Schulte to Brinke die Forderung der grünen Länderagrarminister im Vorfeld des Agrarrates bewertet. „Agrarkommissar Phil Hogan schließt eine Rückkehr zur Mengenregulierung weiter aus, aber eine Reihe deutscher Länderagrarminister hält weiter stur an der festen Mengenreduzierung fest“, bedauerte er.

„Die deutschen Milchbauern haben bereits deutlich reagiert und liegen mit ihrer Milchanlieferung an die Molkereien derzeit um mehr als drei Prozent unter der Vorjahreslinie, und zwar freiwillig und ohne Ausgleich“, stellte Schulte to Brinke klar.
red/AgE