„Die Corona-Krise ist allgegenwärtig und hat bei einigen Menschen eine andere Einstellung zur Lebensmittelproduktion bewirkt“, stellt Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke bei der Getreiderundfahrt des Landvolk Niedersachsen fest.
Zudem habe die Politik erkannt, dass Niedersachsens Landwirte mit modernen Methoden und nach guter fachlicher Praxis mit pflanzlichen und tierischen Produkten tagtäglich die Versorgung sicherstellen. Der Präsident hofft, dass dieses Bewusstsein künftige Entscheidungen bei Politik und Verbrauchern nachhaltig beeinflusst. In Uelzen gab der niedersächsische Bauernverband vergangenen Donnerstag seine Einschätzung zur diesjährigen Getreideernte ab. Demnach wird mit einer durchschnittlichen Ernte gerechnet – der nötige Regen kam für die Winterkulturen zu spät.
So enttäuschen Wintergerste und Weizen in Qualität und Ertrag. Deutlich war auf dem Feld von Stephan Alms und in der Beregnungsregion Uelzen zu erkennen, wie Niederschlag bzw. Beregnung den Bestand auf sandigen Böden rettet. Alms und sein Kollege Ernst von Estorff verdeutlichten, dass in der Heideregion, die gepgrägt ist durch Kartoffel- und Zuckerrübenanbau, die zur Verfügung stehende Wassermenge über den Umfang des Getreideanbaus entscheidet. BVNON-Vorsitzender Thorsten Riggert verwies in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung der Beregnung in der Kartoffelregion Uelzen, um eine gewisse Qualität und Lieferfähigkeit sicherstellen zu können.
Getreide im Oldenburger Raum hingegen wird aufgrund der Trockenheit eher in der Biogasanlage verwertet. Hagelschäden schmälern in der Harzregion den eigentlich guten Getreideertrag. „In den vergangenen Monaten hat es zwar etwas geregnet, aber dieses Frühjahr gehört zu den trockensten, das je verzeichnet wurde. In Nordwesteuropa hat sich ein Niederschlagsdefizit aufgebaut, das auch wir in Niedersachsen vor uns herschieben“, erklärt der Vorsitzende des Ausschuss Pflanze, Karl-Friedrich Meyer. Aktuelle Niederschläge sind für die Sommerkulturen wichtig, das Regendefizit bleibt aber bestehen. Das bekommen vor allem die Grünlandregionen und Milchviehhalter zu spüren, die kaum Futter für ihr Vieh einfahren können.
Niedersachsens Landwirte haben den Anbau von Winterweizen um gut zehn Prozent von 402.400 Hektar (ha) auf knapp 360.000 ha reduziert. Sommerweizen hingegen wurde für dieses Jahr auf 5.200 ha statt 3.900 ha angebaut, was einen Anstieg von über 33 Prozent ausmacht. Insgesamt reduziert sich die Getreideanbaufläche in Niedersachsen von 818.000 ha in 2019 auf nunmehr 798.600 ha. In Niedersachsen wurde 2019 eine Ernte von 6,4 Mio. t eingefahren. Deutschlandweit wird eine nur unwesentlich höhere Ernte als im Vorjahr erwartet. Für Weizen wird mit einer deutlichen Mengenreduzierung von 800.000 t gegenüber dem Vorjahr gerechnet. Der Agrarhandel sieht für 2020 etwas geringere Erträge, aber gute Qualität. Weltweit wird eine Getreide-Rekordernte von 2.230 Mio. t erwartet. Die daraus resultierenden üppigen globalen Versorgungsaussichten wirken sich auf die Preise aus.
Corona hat die deutschen Lager für Mehl geräumt, der Braugersten-Markt ist hingegen zusammengebrochen. Eigentlich war der Verbrauch immer höher als die Produktion, das hat Corona gewendet. Spannend bleibt es auch für die Mühlen. Die Betreiber können keinen Knick erkennen, der Lebensmitteleinzelhandel fragt verstärkt nach.
„Wasser und Pflanzenschutzmittel sind zukünftig bestimmende Themen, für die die Politik Regelungen erarbeiten muss, damit in Europa zu gleichen Bedingungen produziert und Landwirtschaft betrieben werden kann“, sagt Schulte to Brinke. Der Verbraucher sehe nur die schönen Felder, welche Sorgen und Nöte der Landwirte haben, wisse dieser nicht, fügt Karl-Friedrich Meyer an und lädt Verbraucher ein, jetzt zur Erntezeit sich bei den Landwirten vor Ort zu erkundigen. (LPD 52/2020/BVNON)