Lagerkapazitäten von Biogasanlagen, „Nachgärererlass“ zurückgenommen

Biogasbranche trifft sich in Osnabrück - Foto: Landvolk
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„Nachgärererlass“

Das Landwirtschaftsministerium hatte am vergangenen Freitag den „Nachgärererlass“, nach dem der Nachgärer einer Biogasanlage nicht für die Lagerraumberechnung nach § 12 DüV20 berücksichtigt werden kann, zurückgenommen.

Die Gärrestlagerraumberechnung erfolgt weiterhin nach der Verfahrensbeschreibung der LWK (aktualisiert am 11.02.2021) mit dem entsprechenden Excel-Tool. Danach kann der Nachgärer wieder anteilig (max. 70 %) eine Gärrestlagerfunktion übernehmen, wie es bis zum 31.12.2020 auch praktiziert wurde.

Anmerkung:

Mitte Dezember letzten Jahres wurde mit Staatsekretär Prof. Dr. Theuvsen im Kreis des Biogasforums vereinbart, dass das klimapolitische Ziel, mehr Wirtschaftsdünger zu vergären, mit einem unterstützenden, Sicherheit gebenden Rechtsrahmen flankiert werden müsse. Es soll daher vom Biogasforum ein Leitfaden in Absprache mit den zuständigen Ministerien und Behörden erarbeitet werden, der die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von mehr Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen konkret und praxistauglich beschreiben soll. Anfang Januar sollte mit der Erstellung des Leitfadens begonnen werden, stattdessen führte der „Nachgärererlass“ zu großer Verunsicherung und Verärgerung in der Branche. Das in ROW durchgeführte und vom Ministerium finanziell unterstützte Modellprojekt zur Wirtschaftsdüngervergärung in Biogasanlagen schien damit ad absurdum geführt worden zu sein.

Die Nichtberücksichtigung des Nachgärers bei der Berechnung der Lagerraumkapazität von Biogasanlagen hätte dazu geführt, dass zusätzlicher teurer Lagerraum hätte gebaut werden müssen. Dazu wären die meisten Biogasanlagenbetreiber finanziell nicht in der Lage gewesen. Das Ziel vermehrter Wirtschaftsdüngervergärung schien somit in weite Ferne gerückt.

Nicht nachvollziehbar war auch die rechtliche Begründung für den Erlass, der auf die Biogasanlagendefinition der AwSV Rückgriff nahm. Wir konnten im Biogasforum und gegenüber dem ML / MU überzeugend darlegen, dass die Regelungen zum anlagenbezogenen Gewässerschutz nicht zwingend auf die Lagerkapazitätenvorschriften des Düngerechts zu übertragen sind. Nach der DüV20 sind – abweichend von der AwSV – lagerraumbezogene Betrachtungen anzustellen, die erfreulicherweise letztlich auch Beachtung fanden.

Nunmehr kann auch – allerdings nach 2 – monatiger Verzögerung – mit der Erstellung des Leitfadens begonnen werden.

9-monatiger Lagerraum nach § 12 Abs. 3 DüV20

Nachdem das VG Oldenburg mit Urteil vom 30.09.2020 zur Auslegung des Verwertungsbegriffs nach § 12 Abs. 5 Var. 2 DüV20 entschieden hatte, dass der Verwertungsbegriff nicht die Anwendung von Gärrückständen als Düngemittel erfasse, besteht die Düngebehörde nun auf die Einhaltung der 9-monatigen Lagerraumverpflichtung.

Danach haben Betriebe, die (…) in Absatz 2 Satz 1 genannte Gärrückstände erzeugen und über keine eigenen Aufbringungsflächen verfügen, ab dem 1. Januar 2020 sicherzustellen, dass sie mindestens die in einem Zeitraum von neun Monaten anfallenden (…) Gärrückstände sicher lagern können, wenn sie diese im Betrieb verwenden oder an andere zu Düngezwecken abgeben.

Auf einen Erlass von Sts. Beckedorf vom Januar 2020 wurde diese Regelung bis zur Entscheidung des seinerzeit anhängigen Verfahrens beim VG Oldenburg ausgesetzt, da man damit eine abschließende Klärung der zu klärenden Rechtsfragen erwartete.

Dieses Moratorium muss nach unserer Auffassung aber bis zu einer Entscheidung des OVG Lüneburg verlängert werden. Das VG Lüneburg hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung ausdrücklich zugelassen, da es um die verallgemeinerungsfähige Frage des Verständnisses des Verwertungsbegriffs in § 12 Abs. 5 Var. 2 DüV geht.Berufung ist auch erhoben worden.

Unserer Auffassung nach geht es aber nicht nur um die Klärung des Verwertungsbegriffs, sondern auch darum, ob es sich bei den gemeinschaftlich in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführten landwirtschaftlichen Biogasanlagen um Betriebe ohne eigene Aufbringungsflächen handelt. Bevor dies nicht abschließend gerichtlich entschieden ist, muss der Vollzug des § 12 Abs. 3 DüV20 ausgesetzt werden.