Landwirte haben das Vertrauen in die Politik verloren

Einen Besuch des CDU-Landtagsabgeordneten Jens Nacke im Milchviehbetrieb der Familie Henning Ulken in Lindern nutzten am 08.02.2020 mehr als 100 Landwirte mit 76 Treckern, um zum wiederholten Mal deutlich zu machen, dass die Verschärfung der Düngeverordnung mit Ausweisung sogenannter „Roter Gebiete“ auf der Basis unzureichender und nicht repräsentativer Messstellen fachlich überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Die geplante Begrenzung der Düngung auf 20 % unter den Bedarf der Pflanzen führt zu existentieller Bedrohung vieler landwirtschaftlicher Betriebe auch im Ammerland.

Kira Ulken hatte anlässlich der Demonstration vieler Landwirte am 17.01.2020 in Bremen in einer spontanen Rede die Zukunftsängste junger Landwirte und Landwirtinnen auf den Punkt gebracht. Nachdem Jens Nacke das Video gesehen hatte, entstand die Idee eines Besuches im Familienbetrieb Henning Ulken. Im Anschluss stellte er sich der Diskussion mit den Landwirten, die sich spontan über WhatsApp kurzgeschlossen hatten und nun ordentlich aufgereiht auf dem Acker standen.  Sie wollten nicht nur das Gespräch sondern endlich auch mal Taten sehen, wie Arno Oeltjen treffend formulierte. Jens Nacke berichtete zunächst über den aktuellen Sachstand zur Düngeverordnung. Er äußerte Verständnis dafür, dass sich die Landwirte ungerecht behandelt fühlten und das Vertrauen in die Politik verloren haben. Die Abgrenzung der Roten Gebiete richte sich nach dem Umfang der Grundwasserkörper, die betroffen seien. Im Ammerland befindet sich der größte Grundwasserkörper in Niedersachsen. Da reiche eine Messstelle, die zu hohe Werte (über 50 mg/l Grundwasser) aufweise, um das gesamte Gebiet als rot zu definieren. Dies gilt auch, wenn sich, wie im Falle der Familie Ulken eine unauffällige Messstelle (mit 0,22 mg Nitrat pro Liter Grundwasser) direkt am Hof befindet. Die maßgebliche Messstelle, deren Wert für die ursprüngliche Ausweisung des roten Gebietes im Ammerland verantwortlich ist, befindet sich nämlich in Eggeloge mehr als 16 km entfernt. Sie liegt direkt neben einem Düngerlager und einer Kleinkläranlage. Landwirt Ulken ist sauer. Seine Werte sind sogar außerordentlich niedrig, trotzdem soll er zukünftig 20 % weniger düngen. Nacke gab zu, dass das unverständlich ist. Ziel müsse eine Binnendifferenzierung sein. Dafür wolle er sich einsetzen. Beispielsweise könne man die Grundwasserkörper in Teilwasserkörper aufteilen. Durch das bereits vorliegende Datenmaterial ließe sich sogar schon eine Differenzierung auf Gemeindeebene vornehmen. Bei den Einschränkungen müsse nach dem „Verursacherprinzip“ verfahren werden. Das ist auch die Position des Landvolkverbandes. Das niedersächsische Landvolk hat hierfür ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse im April vorliegen. Diese werden auch die Grundlage für Feststellungsklagen vieler Landwirte sein. Einer Binnendifferenzierung müssen allerdings Bund und EU zustimmen. Diese Zustimmung gäbe es nur, wenn in Deutschland einheitlich verfahren werde. Hier läge das Problem, denn Niedersachsen sei bei der Erhebung und Verarbeitung von Daten sehr viel weiter und hätte auch schon 2017 eine Verschärfung der Düngeverordnung auf den  Weg gebracht. Die Ergebnisse wurden allerdings bisher nicht berücksichtigt.

Viele der anwesenden Landwirte waren enttäuscht, so auch Ingo Lürs, es fehlte Ihnen das Eingeständnis, dass  viele der gelieferten Messstellen die landwirtschaftliche Bewirtschaftung nicht plausibel abbilden. Die Parteien hätten bisher zu wenig  getan. Sie seien daher für die aktuelle Situation mitverantwortlich. Die Landwirte werden weiter demonstrieren, in gewohnt geordneter und rücksichtsvoller Art und Weise.  Die Spitze kommt erst noch, wenn die Politik sich nicht endlich einsichtig zeigt,  kündigt Felix Müller 1. Vorsitzender des Ammerländer Landvolkverbandes an. Er erwartet ein gewaltiges Zeichen, denn es geht um die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe.