
Rote Gebiete, Normenkontrollklagen
Das im April veröffentlichte Gutachten, welches das Planungsbüro Hydor im Auftrag von 23 Landvolk-Kreisverbänden erstellt hat, zeigt gravierende Mängel bei der Ausweisung der roten Gebiete auf und bestärkt die Kritik an der Eignung des Messstellennetzes zur Beurteilung der Grundwasserqualität. Wir haben hier die Kurzfassung des Gutachtens bereitgestellt. Wenn Sie näheres zu dem Gutachten wissen möchten, können Sie sich gerne bei uns in der Geschäftsstelle melden.
Normenkontrollklagen
Acht Normenkontrollklagen gegen die LandesdüngeVO und damit auch gegen die Ausweisung der roten Gebiete sind Mitte Mai 2020 eingereicht worden. Finanziert werden diese Klagen von 24 Kreisverbänden innerhalb des Landesverbandes. Auch unser Kreisverband beteiligt sich an diesen Kosten.
Jede Klage wird auf ein einzelfallbezogenes hydrogeologisches Gutachten gestützt, mit dem die Fehlerhaftigkeit der Messergebnisse und die fehlerhafte Einstufung der Flächen des Klägers als rotes Gebiet konkret belegt wird. Die Fälle, die den Klagen zugrunde liegen, sind so ausgewählt, dass die Kläger voraussichtlich auch nach der neuen Binnendifferenzierung, so wie sie die Düngeverordnung des Bundes vorschreibt, in einem roten Gebiet liegen werden. Ziel ist es, die aktuelle LandesdüngeVO zu Fall zu bringen, die die Grundlage für die aktuelle Ausweisung der roten Gebiete ist, und auch eine weitere Klagemöglichkeit gegen die Düngeverordnung des Bundes zu haben. In unserem Verbandsgebiet sind aktuell ca. 50% der Fläche als rotes Gebiet ausgewiesen.
Klage gegen die DüV des Bundes
Der Deutsche Bauernverband und seine Landesverbände bereiten aktuell eine Klage gegen die Düngeverordnung des Bundes vor und werden darin alle rechtlichen Mittel diesbezüglich ausschöpfen.
Kurzfassung des Gutachtens
- Die Grundwasserkörper wurden nicht nach grundwasserhydraulischen Aspekten, also dem Fließverhalten des oberflächennahen Grundwassers, ausgegrenzt. In den oberen Kammlagen wurden dafür die Grenzen oberirdischer Fließgewässer verwendet, so dass es zu Abweichungen von mehreren Kilometern kommt.
- Das Bewertungsschema des NLWKN zur Einstufung der Grundwasserkörper (GWK) in den chemischen Zustand basiert auf einer landeseigenen Festlegung, die nicht den in § 6 (2) Satz 2 der GrwV (2017) beschriebenen, geostatistisch „vergleichbaren“ Verfahren zur Ermittlung von Flächenanteilen entspricht.
- Die a-priori im Schema verwendeten sog. „Typflächen/Teilräume“ weisen keine ausreichend einheitlichen hydrogeologischen Eigenschaften auf. Zudem schwankt die Größe dieser Flächen stark, weshalb die fixe Festlegung einer Messstellenanzahl pro Fläche im Schema nicht sinnvoll ist. Die oft sehr geringe Dichte der WRRL-Messstellen pro Fläche führt außerdem zu sehr häufigen Einzelfallbewertungen bei der Einstufung des chemischen Zustandes aufgrund von Überschreitungen des Schwellenwertes 50 mg/l bei Nitrat.
- Diese im sog. „Prüfschritt 3“ des Schemas des NLWKN vorgenommene Einzelfallbewertung kann durch den NLWKN nicht belegt werden. Das betrifft 50 % der Typflächen innerhalb der 41 untersuchten GWK.
- Die Repräsentativität der Messstellen für Eigenschaften der Typflächen ist durch den NLWKN nicht belegt. In zwei exemplarisch untersuchten GWK zeigte sich durch anhand der Ermittlung der Landnutzungsanteile in den Neubildungsbereichen des Grundwassers, dass „Ackerland“ deutlich überrepräsentiert ist.
- Die Bewertung des bautechnischen Zustandes der Messstellen durch Vergleich mit den im technischen Regelwerk der Fachverbände (DVGW / DWA) dokumentierten Regeln ergeben bei 97 % der 648 untersuchten WRRL-Messstellen des NLWKN z. T. deutliche Defizite: so weisen 251 Messstellen (39 %) gravierende Mängel (z. B. fehlende Abdichtung zur GOK), 205 Messstellen (32 %) moderate Mängel und die übrigen 169 Messstellen (26 %) geringe Mängel (z. B. in der Dokumentation) auf. Mindestens gravierende Mängel können potenziell zu Nitratwerten führen, die nicht den Werten im Grundwasserleiter entsprechen.
- Die nur exemplarisch in zwei GWK untersuchbare Intensität der Wartung und Prüfung der aktuellen technischen Funktionsfähigkeit der Messstellen zeigt ebenfalls gravierende Mängel sowohl hinsichtlich der Dokumentation als auch der im technischen Regelwerk empfohlenen Turnuszeiten der Überprüfungen. Geophysikalische Ausbaukontrollmessungen, Kamerabefahrungen und aussagekräftige hydraulische Tests wurden durch den NLWKN nicht nach den im Regelwerk fachlich empfohlenen Zykluszeiten durchgeführt.
- Die Ionenbilanzfehler der Analysen sind nach den Regeln der DIN 38402-62 bei 34 % der Proben hydrochemisch unplausibel. Daraus folgt zwar nicht zwingend ein falscher Nitratwert, die Analysen sollten aber nicht ohne einen Nachweis der Plausibilität von der Behörde für Maßnahmenzwecke verwendet werden.
- Zusammenfassend wird für die 41 untersuchten GWK beurteilt, dass die Einstufung aufgrund (1) der Mängel der Repräsentativität, (2) des bautechnischen Zustandes und der mangelnden Wartung sowie (3) unplausibler Analysen nicht nachvollziehbar ist. Diese aggregierte Bewertung variiert regional zwischen den untersuchten 41 GWK (29.563 km²). Bei 10 % der Fläche dieser GWK treten geringe, bei 55 % moderate und bei 35 % gravierende fachliche Mängel der chemischen Einstufung im Jahr 2015 auf.
- Der internationale Vergleich der Messnetze in Europa, die für die an die Kommission übermittelten Nitratberichte genutzt werden, zeigt aufgrund deutlich erkennbarer konzeptioneller Unterschiede in den nationalen Messnetzkonzeptionen eine nicht gegebene Konformität untereinander. Das deutsche EU-Nitratmessnetz z. B. beinhaltet im Gegensatz zu allen anderen Staaten ausschließlich grundwasseroberflächennah verfilterte Messstellen in primär landwirtschaftlich genutzten Gebieten. Dies führt zu deutlich höheren berichteten Nitratkonzentrationen im Vergleich mit anderen Staaten und steht nicht im Einklang mit der EG-Nitratrichtlinie von 1991, nach der (Artikel 6 (1), a) ii)) zur Ausweisung gefährdeter Gebiete Messstellen verwendet werden müssen, die für die gesamten Grundwasservorkommen repräsentativ sein müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Landvolk Land Hadeln e.V.
