Stellungnahme des KLV Oldenburg zur Ausweisung der Roten Gebiete

2.2.2021 Kreislandvolkverband Oldenburg

Auch der Kreislandvolkverband hat im Namen seiner Mitglieder eine Stellungnahme zur Ausweisung der Roten Gebiete herausgegeben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Jahresende 2020 wurde die Neufassung der Niedersächsischen Verordnung über düngerechtliche Anforderungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat und Phosphat bekannt gegeben.

Für die im gesamten Landkreis Oldenburg und die von uns in den beiden Städte Oldenburg und Delmenhorst vertretenen Landwirte bedeuten die Inhalte massive Einschnitte in den betrieblichen Grundlagen und Abläufe. Insbesondere besteht aufgrund dieser Vorschläge die Gefahr weiter zunehmenden Strukturwandels mit Aufgabe der landwirtschaftlichen Produktion – somit ein bewusstes Inkaufnehmen des finanziellen Ruins politisch gewollter familienbäuerlicher Betriebe.

Aufgrund dessen machen wir folgende Einwendungen und Bedenken zu dem aktuell ausliegenden Entwurf geltend:

Bereits in der Ausführung der Landesdüngeverordnung 2020 haben wir deutlich gemacht, dass die Festlegung potenziell gefährdeter Gebiete überhaupt nichts mit den tatsächlichen Verhältnissen in der Fläche zu tun hat. Die nun in der aktuellen Fassung vorgelegte und anhand der bundesweit zugrundgelegten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ausgearbeitete Version sollte mit neuen Grundlagen die bisherige falsche Einschätzung heilen und Flächen herausnehmen – hier ist jedoch genau das Gegenteil eingetreten und die Situation in unserem Zuständigkeitsbereich an etlichen Stellen um ein Vielfaches verschlimmert worden. Wir können bezogen auf die bekannt gemachten Daten nicht nachvollziehen, auf welcher Grundlage die Flächenkulisse eingerichtet wurde.

Unsere Landwirte haben sich mit der Bundesdüngeverordnung von 2017 arrangiert. In den letzten Jahren wurde durch betriebliche Veränderungen sowohl der organische, aber besonders der Mineraldüngereinsatz zurückgefahren. Die Angaben in den Nährstoffberichten der Landwirtschaftskammer der letzten Jahre zeigen dies deutlich auf.

Wir haben im Landkreis Oldenburg an einigen wenigen WRRL – Brunnen im oberflächennahen Grundwasser erhöhte Werte. Gleichzeitig gibt es aber sehr viele in den Kartenunterlagen des Landes Niedersachsen nachvollziehbare Brunnen, die über einen sehr langen Zeitraum unverändert niedrig sind und weitere Brunnen mit signifikant fallender Tendenz. Dies spiegelt sich in den derzeitigen völlig willkürlich festgelegten Gebietskulissen im Entwurf der Landesdüngeverordnung nicht wider.

Hier werden aus politischem Aktionismus ganze Landkreise / Landesteile mit den darin wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieben in Sippenhaft genommen. Das ist völlig widersinnig und ein Frontalangriff auf die Landwirtschaft. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dies in der Außendarstellung auch immer gerne mit der hier vorhandenen Tierhaltung begründet wird, machen wir darauf aufmerksam, dass die Festlegung der Gebiete sich über das gesamte Land Niedersachsen erstreckt; somit also auch die Ackerbauregionen mit der für die Pflanzenernährung notwendige Mineraldüngung ebenso davon betroffen sind.

Wir haben unsere Landwirte aufgefordert, unverblümt Ihre Empfindungen zu diesem Entwurf an die Ministerien und Landtagsabgeordneten zu schicken. Es muss allen Beteiligten deutlich werden, dass so nicht mit rechtschaffenden Menschen umgegangen werden kann.

In etlichen Gemeinden des Landkreises haben sich zwischenzeitlich die Landwirte zusammengetan und neben den für die Betriebe ohnehin regelmäßig durchzuführenden Untersuchungen weitere Boden- und Wasserproben zu den Laboren gegeben, um deutlich zu machen, dass sie nicht der Verursacher der Bodenbelastungen sind. Die Betrachtung der Grundwasserbelastung anhand der Sickerwasserrate, so wie hier in Niedersachsen angewendet, ist keine akzeptable Grundlage. Dies insbesondere deswegen nicht, weil, ein potenzieller Nitratabbau im Boden unterhalb der von den Kulturpflanzen durchwurzelten Zone nicht berücksichtigt wird.

Völlig unzureichend werden die Anbauverhältnisse, die Bodenstrukturen oder die Wasserführung in den Gebieten berücksichtigt. Mit Hinweis auf die durch die GAP durchzuführenden Greeningverpflichtungen gewährleisten unsere Landwirte seit mehreren Jahren, die weitestgehend immergrüne Bewirtschaftung der Flächen und damit den notwendigen Nährstoff/Stickstoffbindung im Boden.

Die Aussage, dass Grünlandflächen aus der roten Gebietskulisse herausgenommen sind, trifft nicht zu. Vielmehr sind an vielen Standorten in unserer Zuständigkeit sogar zusätzliche Fläche hineingekommen.

Der Kreislandvolkverband Oldenburg führt einvernehmlich mit dem Landkreis Oldenburg eine Nitrattiefensondierung u.a. für das Umfeld des Belastungsbrunnens in Sandersfeld (Mst.-Nr. 9610839.0) durch. Anhand der konsequent vorgelegten Wirtschaftsdaten umliegender Landwirte gehen von diesen nachweislich keine Verursachung aus. Das wird völlig ignoriert. Hier bedarf es zwingend weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen zur Feststellung zur dort vorkommenden Nitratbelastung. Ferner befindet sich nach guten Bodenkenntnissen der Landwirte der dortige Brunnen in einem Sandtrichter von knapp 100 ha, der umgeben ist von einer mächtigen Lehm- /Tonschicht. Insoweit ist es völlig unverständlich und auch nicht erklärbar, warum mit Berechnungen vom grünen Tisch aus zig-tausende Hektar Fläche im Umfeld als Sanktionsgebiet ausgewiesen werden. Unsere Argumentation wird auch dadurch untermauert, dass wenige Kilometer davon entfernt (in unterschiedliche Himmelsrichtungen) grüne Brunnen mit Werten unter 1 mg liegen.

Wenn überhaupt, darf in der Landesdüngeverordnung ausdrücklich nur auf das Verursacherprinzip bezogen werden. Wer anhand von Wirtschaftsdaten und Untersuchungen nachweisen kann, dass alles korrekt läuft, muss freigestellt sein.

Ein GWK ist grundsätzlich zunächst als unbelastet anzusehen. Wenn korrekte Messungen tatsächliche Belastungen ergeben, ist im Zustrombereich nach der Quelle der Ursachen zu suchen. Diese sind abzustellen. Sofern die Ursachen bei der Landwirtschaft liegen, unterstützen wir ausdrücklich bei der Abstellung. Restriktionen, insbesondere der Landwirtschaft im Abstrom-bereich der beanstandeten Messstelle entbehren aber jeder Sachlichkeit und Logik und sind rein willkürlich.

Wenn aufgrund der Bundesdüngeverordnung, die in den roten Gebieten betroffenen Landwirte die Versorgung ihres Pflanzenbestandes um 20 % reduzieren sollen, dann werden damit die über viele Jahrzehnte aufgebaute Humusschichten massiv reduziert und aktiv ein Werteverzehr am Boden vorgenommen. Die damit erreichte CO² Bindung wird zurückgeführt – dem Klimaschutz wird ein Bärendienst erwiesen. Außerdem wird billigend in Kauf genommen, dass der Qualitätsstandart der erzeugten Produkte und somit die ausreichende Marktfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Beim Grünland werden notwendige Futtergrundlagen verringert und die durch fehlende Inhaltsstoffe eine schlechtere Versorgung des Viehbestandes erreicht. Beim Ackerbau fehlen die Qualitäten für Eiweiß, Stärke und anderes in den Ernteprodukten. Der Handel und die weiterführende Verarbeitung muss darauf reagieren und wird bei gleichbleibenden Anforderungen auf andere Lieferanten setzen. Die finanziellen Nachteile für unsere Betriebe sind immens.

Wir werden die aktuelle Version der Landesdüngeverordnung nicht hinnehmen und uns weiter mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen verwahren. Wenn finanzielle Einbußen auf den vertretenen landwirtschaftlichen Betrieben zu erkennen sind, werden wir diesen zu Schadenersatzklagen raten. Wir weisen auf das aktuell laufende Normenkontrollverfahren zur Landesdüngeverordnung hin und auf die fehlende Repräsentativität der ausgewählten Brunnen.

In der Vergangenheit hat sich die Niedersächsischen Landespolitik dahingehend geäußert, dass eine pauschale Verringerung der Düngung in „roten Gebieten“ um   20 % als übertrieben und allein von den Bundesministerien veranlasst, nicht mitgetragen wird. Jetzt werden in der aktuellen Fassung der niedersächsischen Landesdüngeverordnung noch die zusätzliche Erhöhung der Anrechenbarkeit von Wirtschaftsdüngern um 10 % für den Maisanbau gefordert. Dann noch eine zusätzliche Maßnahme, wie den Anbau von Untersaaten, wenn die Ernte der Maisfläche nach dem 01.Oktober erfolgt. Die EU fordert zwei zusätzliche Maßnahmen in belasteten Gebieten. Niedersachsen sattelt hier noch wieder drauf. Das zeugt nicht von konstruktiven Willen der Mitarbeiter der niedersächsischen Ministerien, sondern ist von Profilierungssucht und ideologischen Ansichten getrieben.

Wir brauchen für eine sachgerechte Beurteilung aller Daten von Ihnen Informationen über die Grundlagen dazu und stehen für Gespräche gerne zur Verfügung. Wir werden eine wissenschaftlich und an der Praxis orientierte Ausführung der Landesdüngeverordnung mitbegleiten – politischer Aktionismus hilft aber nicht weiter.

Mit freundlichem Gruß, Detlef Kreye und Bernhard Wolff