Zusammenfassung der Winterveranstaltung vom 01.02.2021

Tierwohl – Aktuelle Vorgaben und zukünftige Entwicklungen

Referent: Roger Fechler, DBV-Referatsleiter Vieh & Fleisch

Zur vierten Winterveranstaltung konnte Vorsitzender Theo Runge knapp 100 Mitglieder begrüßen. Referent Roger Fechler, der beim Deutschen Bauernverband das Referat für Vieh & Fleisch leitet, gab zunächst einen Überblick über die weitreichenden Änderungen der Tierwohlvorgaben durch die Politik in der jüngsten Zeit. Dabei ist der Bereich Schwein inkl. der Ferkelerzeugung im besonderen Maße betroffen. Aber Herr Fechler beobachtete, dass auch die Rinderhaltung zunehmend unter Druck gerät. Ein Thema, das alle Tierhalter betrifft, sind Verschärfungen bei den Regeln für Tiertransporte, denen Politik und Öffentlichkeit immer stärkere Aufmerksamkeit widmen.

Roger Fechler führte aus, dass es teilweise selbst in den politischen Fachgruppen großes Unverständnis für die praktischen Fragen der Tierhaltung gebe. Es sei daher stets Aufgabe des Verbandes, die Bedürfnisse darzustellen und die positive Entwicklung zu betonen. Klar formuliert werden müsse auch immer wieder die Botschaft, dass zu großer Druck besonders die kleinen und mittleren Betriebe zerstört.

Als schwerwiegenden Punkt sah der Referent die Änderung der Nutztierhaltungsverordnung mit dem Ausstieg aus dem Kastenstand. Die drastische Entscheidung kam für viele Beobachter relativ überraschend und lasse sich mit einem großen Einfluss der Partei die Grünen im Bundesrat in Verbindung bringen. Nach Meinung von Fachleuten lassen sich für viele Betriebe die geforderten Veränderungen nur durch einen Neubau von Tierställen herstellen. Daher ist es zentral, dass hier das Baurecht vereinfacht wird, sonst droht den Tierhaltern eine kalte Enteignung.

Bei den kleineren Vorgaben der Nutztierhaltungsverordnung, z.B. zu Beschäftigungsmaterial für Schweine, wird wichtig sein, wie genau die Kriterien sich im Handbuch für Veterinärkontrolle konkretisiert werden.

Zum Aktionsplan Kupierverzicht bei Ferkeln vertritt der DBV die Meinung, dass dies erst in den Lehr- und Versuchsanstalten wissenschaftliche begleitet und getestet werden müsse und dann schrittweise über Pilotphasen umgesetzt werden sollte. Alles andere werde der Komplexität des Themas nicht gerecht.

Allgemein müsse die Agrarpolitik (laut Prof. Isermeyer) zwischen drei Möglichkeiten für die Tierhaltung in Deutschland wählen. 1. Es wird kosteneffizient für den globalen Wettbewerb produziert. 2. Es wird überwiegend kostenminimal produziert, aber ergänzt um Tierwohl- und Marktsegmente. 3. Zentral ist ein hohes Tierwohlniveau verpflichtend für alle Nutztiere. Zurzeit liegt der Fokus deutlich auf der dritten Option mit dem Problem der massiven Wettbewerbsnachteile gegenüber dem Ausland. Dies entspricht auch dem Borchert-Plan, nach dem bis 2030 alle Betriebe mindestens in die Stufe 1 des Tierwohllabels (Stallhaltung plus) überführt werden sollen und bis 2040 in Stufe 2.

Um die Wettbewerbsnachteile auszugleichen, ist eine staatliche Förderung geplant, die jährlich 2,4 Mrd. EUR bzw. ab 2040 3,6 Mrd. EUR betragen müsste. Laut Roger Fechler widerspricht dies ganz klar dem europäischen Gedanken eines einheitlichen Marktes. Ob dies rechtlich zulässig ist, wird zurzeit geprüft. Dabei ist zu beachten, dass die Förderung wirklich bei allen Betrieben ankommt und nicht versucht wird, darüber Betriebsformen und -größen zu steuern.

Im Fokus der Argumentation des DBV steht, dass der für Stufe 3 des Tierwohllabels verpflichtende Außenklimareiz auch durch andere Indikatoren ersetzt werden kann, falls es nicht möglich ist, einen Freilauf zu gewährleisten. Hier besteht ganz deutlich ein Zielkonflikt mit dem Emissionsrecht. Letztlich sollten immer Perspektiven für Bestandsbauten geschaffen werden.

Innerhalb der AGs zum Borchertplan sieht der Referent noch viel Uneinigkeit, was teilweise aber auch daran liege, dass der DBV unsinnige und schädliche Vorschläge blockiere.

Der Borchertplan sei dann aber eine Chance, wenn er auf lange Sicht Ruhe und Planbarkeit in die Diskussion bringt. Aufgabe für den DBV ist es daher, dort konstruktiv mitzuarbeiten, aber auch Zielkonflikte zu benennen sowie fachliche Kompetenz einzubringen und einzufordern. Auch wenn einige Gruppen nie zufrieden sein werden, ist es doch das Ziel, die Mitte der Gesellschaft für die deutsche Tierhaltung zurückzugewinnen.