Interview mit KLV-Geschäftsführer Dr. Friedrich Willms
Mitte September hat die Landesregierung die Gebietskulissen der sogenannten „nitratsensiblen Gebiete“ veröffentlicht. In diesen, auch als „Rote Gebiete“ benannten Flächen soll es zukünftig weitere Auflagen für die Düngung geben. Derzeit geht es dabei vor allem um eine Erhöhung der Lagerkapazität für Wirtschaftsdünger sowie eine kürzere Einarbeitungsfrist. Die Bundesregierung plant darüber hinaus, die Düngung in den „Roten Gebieten“ zusätzlich massiv einzuschränken. So soll die Stickstoffversorgung auf 20 % unter dem Bedarf der jeweiligen angebauten Pflanze abgesenkt werden sowie u.a. ein generelles Düngeverbot für Zwischenfrüchte in den betroffenen Gebieten gelten. Insgesamt sollen in Niedersachsen 39% der landwirtschaftlichen Fläche als Rote Gebiete eingestuft werden. Das sind rund eine Mio. Hektar. Auch die beiden Grundwasserkörper, die sich im Landkreis Vechta befinden, wurden mit Ausnahme der Region um Dinklage herum, zum „Roten Gebiet“ erklärt. Wir haben unseren Geschäftsführer Dr. Friedrich Willms nach der Einschätzung unsere Verbandes herzu gefragt.
Wie steht der KLV grundsätzlich zu diesen Ausweisungen?
Die Kriterien, die zur Bewertung der besagten Grundwasserkörper geführt haben, sind aus unserer Sicht fachlich keinesfalls nachvollziehbar. Unseres Erachtens ist das gesamte Messstellennetz, welches für deren Bewertung herangezogen wurde, in Frage zu stellen. Wenn für den Landkreis Vechta letztlich drei Brunnen ausreichen, um eine allgemeingültige Aussage über den Zustand von Grundwasserkörpern unter einer Flächengröße von vielen Quadratkilometern zu bekommen, dann darf man die Repräsentanz dieser Untersuchung definitiv anzweifeln.
Welche Konsequenzen treffen unsere Betriebe besonders hart?
Allein die Reduzierung der Stickstoffversorgung um 20% unter dem Bedarf der Pflanze ist für eine ordnungsgemäße Landwirtschaft nicht umsetzbar. Jeder weiß, eine Unterversorgung führt zu schlechterem Pflanzenwachstum bzw. zu niedrigeren Erträgen und damit gleichzeitig wieder zu weniger Nährstoffentzug im Boden. Diese Maßnahmen wurden vor Jahren bereits in Dänemark eingeführt und aufgrund ihrer Erfolglosigkeit nach wenigen Jahren wieder abgeschafft. Hier drängt sich einem der Eindruck auf, dass unsere Bundespolitik hierbei weder fachliche Entscheidungen treffen will noch von anderen lernen möchte, sondern in diesem Punkt ganz allein von politischem Aktionismus getragen wird.
Das Grundwasser im Landkreis Vechta ist seit vielen Jahren von guter Qualität. Wie ist es zu erklären, das selbst die Schutzgebiete zur Trinkwassergewinnung den nitratbelasteten Gebietskulissen zugeordnet werden?
Das zeigt ja gerade die Absurdität dieser ganzen Gebietsausweisung. Seit über 25 Jahren werden mit großem Erfolg und mit hohem Aufwand freiwillige Trinkwasserschutzkooperationen zwischen den Wasserversorgern und Landwirten gelebt. Diese beispielhafte Erfolgsgeschichte, soll nun ganz offensichtlich mithilfe von wenigen Nitratmessstellen und einem äußerst zweifelhaften Algorithmus, zur Berechnung der Sickerwasserkonzentrationen, zunichte gemacht werden. Das ist kaum zu glauben…
Was sind die Pläne des Kreislandvolkverbandes und des Landesverbandes, um gegen diese Ausweisung vorzugehen?
Der Kreislandvolkverband Vechta ist hier aktiv geworden und hat sich mit 17 anderen Kreisverbänden sowie dem Landesverband zusammengeschlossen und das Büro Hydor Consult aus Berlin beauftragt, die Grundlagen, die zur Festlegung der nitratsensiblen Gebiete geführt haben, zu überprüfen. Unter fachlicher Führung des Hydrogeologen, Herrn Dr. Hannappel kommen nun die vom NLWKN (Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) verwendeten Daten und Rechenmodelle auf den Prüfstand. Hierdurch erhoffen wir uns neue Erkenntnisse. Sollte sich herausstellen, dass die „Roten Gebiete“ fachlich nicht fundiert sind, werden wir gemeinsam alle uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpfen um Schaden von unseren Mitgliedern abzuwenden. In unserer Verbandsstellungnahme gegenüber dem Landwirtschafts- und dem Umweltministerium in Hannover haben wir bereits auf erste Kritikpunkte hingewiesen. Wir hoffen sehr, dass unsere Bedenken in Hannover Gehör finden.
Die vollständige Stellungnahme des Kreislandvolkverbandes Vechta wurde bereits auf der Internetseite des Verbandes (www.klv-vechta.de) veröffentlicht.