L P D – „Für die Schweinehalter bleibt es ein Sprung ins kalte Wasser.“ Für Hubertus Berges, Vorsitzender im Veredelungsausschuss des Landvolkes Niedersachsen, gibt es viele Unsicherheiten bei dem Verzicht auf das Kupieren der Ringelschwänze. „Die Erwartungen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger sind hoch, die Vorgaben der Politik äußerst ambitioniert, die Fakten aber äußerst dürftig“, kritisiert er. Das spiegele auch der nur vier Tage vor der ab 1. Juli umzusetzenden Verpflichtung zum schrittweisen Ausstieg aus dem Schwanzkupieren herausgegebene Erlass der Niedersächsischen Landwirtschaftsministerin wider. „Die Latte hängt hoch, aber niemand kann uns für die Praxis erfolgversprechende Handlungsanweisungen geben“, schildert er. So vermisst er weiter detaillierte Ergebnisse aus den bisherigen Projekten in Praxisbetrieben, bei denen Schweinehalter ausprobiert haben, wie sich Schweine mit Ringelschwänzen halten lassen. Die Schwänze der Ferkel werden bislang mit Argumenten eines vorbeugenden Tierschutzes kupiert. Zu häufig knabbern Schweine die Schwänze ihre Stallgenossen an und fügen sich dabei Verletzungen mit erheblichen Folgen für die Tiergesundheit zu. Diese Praxis ist als Standardmaßnahme gesetzeswidrig, die EU hat daher einen Aktionsplan zum Verzicht auf das Kupieren der Ringelschwänze angemahnt.
Tierhalter und ihre Berater haben sich intensiv mit den im nationalen Aktionsplan Kupierverzicht enthaltenen Vorgaben auseinandergesetzt. Einigkeit besteht bei allen Beobachtern darin, dass die Ursachen für das Schwanzbeißen vielfältig sind und sich daher nicht im Handumdrehen vermeiden lassen. „Kreativität ist ebenso gefragt wie sehr genaue Tierbeobachtung“, sagt Berges. Kleinere Betriebe würden hier schneller an ihre Grenzen stoßen als größere, wo die Verantwortlichkeiten eventuell auch auf mehrere Schultern verteilt werden können. Schweinehalter mit dem sogenannten geschlossenen System, also Sauen- und Mastschweinehaltung in einer Hand, könnten sich offensichtlich leichter anpassen. Mäster, die ihre Ferkel zukaufen, müssten deutlich intensiver mit dem Sauenhalter kommunizieren. „Jeder Schweinehalter hat seine unschönen Erfahrungen bei der Vermeidung des Schwanzkupierens machen dürfen, aber einen Joker, mit dem wir das Problem lösen, haben wir bislang nicht gefunden“, sagt Berges. Der Aktionsplan bürde den Tierhaltern nun etliche Auflagen auf, die zu dokumentieren sind, eine echte Lösung bietet er aber weder von wissenschaftlicher noch von politischer Seite. (LPD 48/2019)