Selbst Vorsorgestrategien können die Futtersilos noch nicht wieder füllen
L P D – Mit äußerst ungutem Gefühl beginnen Niedersachsens Rinderhalter die Futterernte. Das Ackergras – es wird eigens für die Nutzung als Futter im Herbst eingesät, um es im Folgejahr zu ernten – hat noch recht gute Erträge geliefert. Auf den Wiesen dagegen sind die Folgen der ungewöhnlich langen Trockenheit unübersehbar. Nach Umfragen des Landvolkes Niedersachsen unter den Mitgliedern des Milchausschusses machen die Landwirte bei den Erwartungen an den ersten Grünlandschnitt deutliche Abstriche im Vergleich zu den Vorjahren. Selbst in den beiden Trockenjahren 2018 und 2019 lieferte die ertragsstärkste erste Nutzung der Wiesen noch recht gute Ergebnisse. Für dieses Jahr lautet die Prognose der Praktiker vom südniedersächsischen Bergland abgesehen dagegen „unterdurchschnittlich“.
Dabei wäre aktuell dringend eine gute Futterreserve notwendig. Die Siloplatten auf den Höfen sind weitgehend leergefegt. Viele Betriebsleiter haben aus den Erfahrungen der beiden vorherigen Trockenjahre bereits ihre Konsequenzen gezogen und die betrieblichen Anbauplanungen angepasst. „Es wird deutlich mehr Gerste oder Grünroggen als ganze grüne Pflanze einsiliert“, sagt Jan Heusmann, Vorsitzender im Milchausschuss des Landvolkes. Die Landwirte sprechen hier von Ganzpflanzensilage oder GPS. Auch Ackergras wurde vermehrt angebaut und bereits geerntet, damit lassen sich akute Futterlücken schließen. Häufig wurde auf diesen Feldern bereits anschließend Mais eingesät, der nun bald das Gras überrundet. Betreiber von Biogasanlagen reduzieren die Leistung ihrer Anlagen, um Futter zu sparen und entlasten damit die angespannte Situation.
Milchviehhalter sind mit ihren Futterrationen gern auf der sicheren Seite, in den Grünlandregionen künden davon normalerweise mehrere Silohaufen als Vorrat auf den Höfen. In diesem Jahr sind diese bereits jetzt weitgehend geräumt. Vielfach muss der gerade erste geerntete Aufwuchs des Grünlandes gleich wieder verfüttert werden, während normalerweise die Ernte des vorangegangenen Jahres bis in den Sommer oder Herbst des Folgejahres reicht. Problematisch wirkt sich auch weiter der Schaden durch Mäuse auf den Wiesen und Weiden aus. Selbst dort, wo die Landwirte die Lücken mit Reparatursaaten nachgesät haben, blieben die Flächen braun, weil die Grassamen auf dem trockenen Boden nicht keimen konnten. Die angespannte Futtersituation wird sich trotz umfangreicher Vorsorgestrategien leider noch nicht so rasch wieder ausgleichen lassen und belastet die Rinderhalter enorm. (LPD 35/2020)